Ringwelt 12: Weltenwandler
vorausgesetzt, sie verfügten über eine entsprechende Kabinenschwerkraft.
Doch sie versuchten es nicht einmal. Sie hielten ihren alten Kurs, blieben in der Formation eines großen Dreiecks, und zogen langsam davon.
»Beo?«, fragte Carlos. »Was ist passiert?«
»Woher zum Futz soll ich das wissen?«, fauchte ihr Pilot. Die Antwort erschien Sigmund angemessen. Mehrere Anzeigen des Hyperraumantriebs meldeten völlig unsinnige Werte; der Rest von ihnen schien gänzlich ausgefallen. »Außerdem verbraucht der Motor keinerlei Energie mehr. Ich habe noch nie von so etwas gehört. Carlos, das ist theoretisch immer noch absolut unmöglich.«
»Ich … ich bin mir da gar nicht so sicher, Beo«, gab Carlos zurück. »Ich möchte einen Blick auf den Motor werfen.«
Shaeffer hob den Blick nicht von seinen Instrumenten. »Die Wartungsschächte besitzen keine künstliche Gravitation.«
Auf dem Radar wurden die drei völlig harmlos wirkenden Schlepper kleiner und kleiner. Natürlich hatte bis vor wenigen Augenblicken auch die Hobo Kelly völlig harmlos gewirkt, überhaupt nicht wie ein Kriegsschiff – das es nun einmal war. Statt zu schreien, sagte Sigmund: »Falls ein Feind gelauert hat, haben Sie ihn verscheucht. Shaeffer, diese Mission und dieses Schiff haben meine Abteilung eine gewaltige Menge Geld gekostet, und wir haben überhaupt nichts herausgefunden.«
»Nichts stimmt nicht ganz«, widersprach Carlos. »Ich möchte mir immer noch den Hyperraummotor ansehen. Beo, würdest du die Beschleunigung bitte auf ein g zurücknehmen?«
»Jepp. Aber … Wunder machen mich immer nervös, Carlos.«
Einer nach dem anderen krochen sie in den Wartungsschacht hinein, und dort erlebten sie dann das Wunder.
Der Hyperraummotor des Schiffes war einfach verschwunden.
Schließlich brach Carlos das erstaunte Schweigen. »Man benötigt einen extrem hohen Gravitationsgradienten. Der Motor prallte darauf, bog den Raum um sich selbst herum und startete zu einer höheren Hyperraumebene, einer Ebene, die wir nicht erreichen können. Bis zu diesem Augenblick kann er schon ein ganzes Stück auf dem Weg zum Rand des Universums zurückgelegt haben.«
Für jemanden, der noch vor wenigen Minuten überhaupt keine eigene Meinung zu den Geschehnissen hatte, schien Carlos jetzt sehr überzeugt.
Immer noch leicht zittrig, aktivierten sie das Hyperwellen-Funkgerät. Anders als der Hyperraumantrieb verschwand es nicht einfach, und es explodierte auch nicht. Sigmund leitete eine kodierte Nachricht an Southworth Station weiter, um die Registrierungsdaten der drei Schlepper zu erhalten. Die Kommunikation zwischen dem Schiff und dem Relais erfolgte in Echtzeit. Bei der Verbindung zwischen der Station und dem inneren Solsystem lag die Sache etwas anders. Dort erfolgte Kommunikation üblicherweise mit dem Schneckentempo der Lichtgeschwindigkeit. Der Hinweg des Funkspruches und der Rückweg der Antwort würden zu einer Verzögerung von zehn Stunden führen.
Als Nächster nutzte Carlos die Kommunikationseinrichtungen. Er wollte Daten über Kosmologie und Kosmologen, über Astronomie und Astronomen. Irgendwo in seiner Nachricht ging es auch um einen Meteoreinschlag in Sibirien aus dem Jahre 1908. Am interessantesten fand Sigmund, wen Carlos hier fragte: Sein Funkspruch ging an eine der zahlreichen Nummern von Gregory Pelton, die nirgends offiziell vermerkt waren.
Shaeffer verstand es ebenfalls nicht. »Ich habe nicht die leiseste Idee, hinter was du eigentlich her bist.«
Carlos lächelte nur rätselhaft und verschwand in seiner Kabine.
Sigmund musste unbedingt aus irgendjemandem Antworten herausschütteln – aber wie? Nicht ohne deutliche Beweise für eine Straftat. Wu gehörte zu den Auserwählten der Erde. Shaeffer stand unter dem persönlichen Schutz von Gregory Pelton.
Futz.
Sie wechselten sich bei der Wache ab, bevor via Southworth Station die Antwort auf Sigmunds Anfrage eintraf. Die Registrierungsdaten der Schlepper waren völlig nutzlos. Alle drei gehörten angeblich der Sechsten Kongregationskirche von Rodney – ein kleiner Libertarianerunsinn der Belter. Damit wiesen sie darauf hin, diese Daten gingen niemanden etwas an. Derartig ausweichende Antworten würden sich die Vereinten Nationen niemals bieten lassen!
Kurz darauf trafen auch für Carlos Informationen ein. Der Physiker weigerte sich schlichtweg, die anderen an seinen Gedankengängen teilhaben zu lassen. Dieser Idiot würde lieber sterben, als sich bei einem Denkfehler
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