Ringwelt
hindurchsickerte. Hier gab es auch rechte Winkel, die den Puppetier-Möbeln abgingen. Die Gebäudekanten waren aber viel zu klobig, als daß man sich daran ein Knie hätte aufstoßen können. Auf keinen Fall ein Puppetier-Knie.
Aber warum hatten sie die Stadt nicht als Silhouette über dem Park aufragen sehen? Auf der Erde waren nur wenige Gebäude über eine Meile hoch. Hier war eine Meile die unterste Baugrenze. Wahrscheinlich wurde das Licht um den Park herum gebeugt. Louis fragte den Puppetier nicht nach dem Geheimnis der Lichtgrenzen. Das war bestimmt das kleinste Wunder der Puppetier-Zivilisation, wenn man an ihre fliegenden Welten dachte.
»Unser Raumfahrzeug wartet am anderen Ende der Insel auf uns!« flötete Nessus. Der Puppetier stolzierte jetzt wieder vor ihnen her, als könne er das ganze Weltall im Alleingang erobern. »Der Hinterste ist mein Liebhaber. Ich brauche nur unversehrt von der Ringwelt zurückzukommen!«
»Sind Sie wieder ganz okay?« fragte Teela besorgt.
»Ja, Teela, ich fühle mich wieder ganz gut. Das Schlimmste haben wir überstanden. In einer Minute werden wir am Ende der Insel sein. Wir verwenden die Gehscheiben. Ich werde Ihnen zeigen, wie man sie benutzt.«
Der Gehsteig war angenehm weich und elastisch. Wenn man ihn mit dem bloßen Auge betrachtete, sah er aus wie eine Mischung aus Beton und Glimmersteinen. Doch unter der Sohle fühlte er sich gummiartig an. Der Puppetier deutete mit einem Kopf. »Wir müssen hier entlang. Vermeiden Sie die erste Scheibe! Folgen Sie mir!«
Sie kamen zu einer Kreuzung. Ein großes blaues Rechteck markierte die Straßen, und vor jedem Gehsteig wartete eine blaue Scheibe. »Sie können das Rechteck betreten, aber nicht die Scheiben, denen ich ausweiche.« Nessus hüpfte über die erste Scheibe, wanderte über die Kreuzung und trabte zu dem blauen Fleck auf der gegenüberliegenden »Straßenseite«. Plötzlich war er verschwunden.
Einen Moment lang blieben die andern stocksteif stehen. Schließlich stieß Teela einen Schlachtruf aus, als wäre sie eine Amazone, und rannte auf die gegenüberliegende Scheibe zu. Dann verschwand sie ebenfalls.
Der Kzin fauchte und sprang. Kein Tiger hätte gezielter springen können. Louis blieb allein zurück.
»Donnerwetter«, murmelte er, »hier gibt es offene Reisekabinen.«
Louis machte zwei Schritte - und fand sich auf der nächsten Kreuzung zwischen Nessus und dem Kzin wieder. »Ihr Geschlechtspartner ist schon vorausgegangen«, sagte Nessus zu Louis, »ich hoffe, er wird auf uns warten.«
Der Puppetier ging mit drei Hufschlägen auf die nächste Scheibe zu und verschwand erneut.
»Phantastisch!« murmelte Louis und glitt wie mit Siebenmeilenstiefeln davon. Dann wechselte er auf die nächste Scheibe, und die Szene veränderte sich wieder schlagartig. Die Symbole an den Gebäudeecken waren offensichtlich Orientierungshinweise, damit jeder Fußgänger wußte, wann er sein Ziel erreicht hatte. Er mußte dann nur noch ein paar Schritte zu Fuß gehen, um die richtige Wohnung oder Adresse zu finden.
Während Louis an den Häuserzeilen entlangglitt, sah er die erleuchteten Auslagen vieler Geschäfte. Er hätte gern gewußt, was es bei den Puppetiers alles zu kaufen gab. Doch die anderen waren ihm schon meilenweit voraus. Er mußte sich beeilen.
Allmählich erkannte er auch den Sinn der verschiedenfarbigen Scheiben, während der Kzin, auf den richtigen Kreis deutend, wieder vor ihm verschwand. Hier gab es Scheiben für den Schnellverkehr zum Zentrum der Stadt, für die Reise bis zur nächsten Bezirksgrenze oder für einen Hundert-Meilen-Sprung. Man konnte sogar von einer Insel zur anderen springen.
Offene Reisekabinen. Die Puppetiers waren dem irdischen System um viele Längen voraus. Man brauchte nur einen Fuß auf die Scheibe zu setzen - und schon ging es ab mit der Post. An der nächsten Haltestelle einen Grätschschritt, und sofort ging es weiter. Kein Wählsystem, keinen blockierten Anschluß!
Jetzt erreichte Louis das Ufer der ruhigen schwarzen See. Vier fette Vollmonde hingen wie Ballons übereinander am Sternenhimmel. In einiger Entfernung lag wieder eine Insel, in gleißendes Sonnenlicht getaucht. Die beiden Fremdlinge warteten schon auf ihn. »Wo ist Teela?« fragte Louis erschrocken.
»Keine Ahnung«, erwiderte Nessus.
»Zum Kuckuck, Nessus, sie muß sich verirrt haben!«
»Kein Anlaß zur Sorge, Louis. Auf unserer Welt kann man sich nicht verirren. Keine Welt ist so sicher wie die unsere. Wenn
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