Riptide - Mörderische Flut
Gehäuse des nächsten Rechners. »Wir werden diese hübsche kleine Nuß schon knacken, nicht wahr, Big Mama?« Er wirbelte in seinem Drehstuhl herum und öffnete einen in einem Regal untergebrachten Gefrierschrank, wie man ihn auch in medizinischen Labors zur Aufbewahrung von Gewebeproben findet. »Will sonst noch jemand eines?« fragte er und hielt den anderen ein Eiscreme-Sandwich hin.
»Da würde ich ja noch lieber ein Tandoori zum Mitnehmen aus einer Imbißbude an der M-1 essen«, entgegnete St. John angeekelt.
»Ihr Engländer müßt in puncto Essen ganz still sein«, murmelte Wopner mit vollem Mund. »Was ihr so alles in eure Pasteten packt…« Er hielt Hatch das Eis direkt vor die Nase. »Das hier ist das perfekte Lebensmittel: Fett, Protein, Zucker und Kohlehydrate. Und Fett, oder habe ich das schon erwähnt? Von diesen Dingern kann man sich sein ganzes Leben lang ernähren.« »Und genau das tut Kerry auch«, bemerkte St. John an Hatch gewandt. »Sie sollten mal sehen, wie viele Kartons von dem Zeug er im Kühlraum gestapelt hat.«
Wopner runzelte die Stirn. »Soll ich mich vielleicht darauf verlassen, daß ich mein Eis in diesen Küstenkäffern hier kriege? Da sind ja die Bremsspuren in meinen Unterhosen länger als die Hauptstraßen von diesen Nestern.«
»Vielleicht sollten Sie mal einen Proktologen aufsuchen«, bemerkte Hatch, woraufhin St. John in dankbares Gelächter ausbrach. Offenbar war der Engländer froh, einen Verbündeten gefunden zu haben.
»Riskieren Sie doch selber einen Blick, Doc«, erwiderte Wopner, wobei er aufstand und einladend mit dem Hinterteil wackelte. »Tun Sie sich keinen Zwang an.«
»Danke für die Einladung, aber ich habe einen empfindlichen Magen«, sagte Hatch. »Ihnen gefällt es wohl nicht besonders hier im ländlichen Maine?«
»Kerry weigert sich sogar, ein Zimmer an Land zu nehmen«, bemerkte St. John. »Er zieht es vor, hier an Bord zu schlafen.«
»Sie werden es nicht glauben«, sagte Wopner und steckte sich den Rest seines Eiscreme-Sandwichs in den Mund, »aber ich hasse Schiffe fast ebensosehr wie die gottverdammte Provinz. Aber hier an Bord gibt es nun mal ein paar Dinge, die ich brauche. Elektrizität, zum Beispiel, und fließendes Wasser. Und natürlich eine KA, Das ist kurz für Klimaanlage.« Er beugte sich vor, und das anämische Ziegenbärtchen an seinem Kinn zitterte, als würde es jeden Moment abfallen. »Ohne KA läuft bei mir überhaupt nichts.«
Hatch dachte bei sich, daß es vermutlich auch das beste war, wenn Wopner mit seinem Brooklyner Akzent und seinen Hawaii-Hemden sich nicht allzu häufig an Land blicken ließ. In Stormhaven würde er unweigerlich zu einem ähnlichen Objekt der allgemeinen Neugier werden wie das ausgestopfte Kalb mit den zwei Köpfen, das früher Jahr für Jahr auf dem Jahrmarkt ausgestellt wurde. Hatch fand, daß es höchste Zeit war, das Thema zu wechseln. »Ich hoffe, Sie finden meine Frage nicht allzu dumm, aber was genau hat es eigentlich mit diesem St.-Michaels-Schwert auf sich?«
Einen Augenblick lang herrschte in der Kabine betretenes Schweigen.
»Nun wollen wir mal sehen«, setzte St. John an und schürzte die Lippen. »Man geht davon aus, daß sein Heft aus ziseliertem, teilvergoldetem Silber besteht und daß es eine mehrfach gehämmerte Klinge aufweist.«
»Aber warum nennt es Ockham dann den größten Schatz von ganz Westindien?«
St. John wirkte ein wenig verblüfft. »Darüber habe ich eigentlich noch nie nachgedacht. Vielleicht hat es ja eine besondere spirituelle oder mythische Bedeutung. Eine Art spanisches Excalibur.«
»Aber wie Sie schon sagten, besaß Ockham doch auch ohne das Schwert einen immensen Schatz. Weshalb maß er der Waffe denn so außerordentliche Bedeutung bei?«
St. John sah Hatch mit wäßrigen Augen an. »Ich muß Ihnen leider mitteilen, Dr. Hatch, daß es in meinen Unterlagen keinen Hinweis darauf gibt, was genau das St.-Michaels-Schwert ist. Wir wissen lediglich, daß es scharf bewacht wurde und größte Aufmerksamkeit genoß. So leid es mir tut, aber ich kann Ihnen auf Ihre Frage keine Antwort geben.«
»Ich weiß, was es ist«, sagte Wopner.
»Und was bitte?« fragte St. John, der ihm in die Falle ging. »Na ja, Sie wissen doch, wie Männer sind, die lange auf See waren und keine Frauen hatten. Da bekommen sie eben ein Schwert, das so lang ist, wie das vom Erzengel Michael…«
Wopner verstummte und grinste obszön, während sich ein Ausdruck schockierten Ekels auf St.
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