Riskante Versuchung
meinte Jess und lehnte sich nach vorn, um an dem Gebäude hinaufzuschauen. „Wo sind wir?“
„Meine Einheit hat vorübergehend Büros in diesem Gebäude bezogen.“
Er parkte auf einem reservierten Stellplatz vor der Eingangstür und schloss den Wagen ab.
Draußen umfing Jess die drückende schwüle Luft, von der sie im klimatisierten Wagen nichts mitbekommen hatte. Sie betete im Stillen, Parker Elliot möge sie nicht geradeheraus fragen, ob sie wisse, wo Rob war.
Der FBI-Mann führte sie in die Lobby und hinein in einen wartenden Fahrstuhl. Entschlossen drückte er den Knopf für die zwölfte Etage.
Als die Fahrstuhltüren sich oben öffneten, spürte Jess die Hand des Agenten sanft am Rücken, mit der er ihr bedeutete, sie solle vorgehen.
„Selmas Büro befindet sich hier gleich rechts“, erklärte er und führte sie zu einer schweren Eichentür. „Wir sollen gleich reingehen.“
Er öffnete die Tür, und Jess ging voran in ein geschmackvoll eingerichtetes, gemütliches Büro. Auf der einen Seite stand ein riesiger Schreibtisch, auf der anderen standen ein Sofa, mehrere Sessel sowie ein Schaukelstuhl. Die Wände waren mit freundlichen geblümten Tapeten tapeziert, und an den Fenstern hingen dazu passende Vorhänge.
Das Zimmer war leer.
„Wir sind ein paar Minuten zu früh“, bemerkte Elliot. „Und Dr. Haverstein kommt für gewöhnlich immer etwas zu spät. Nein, sie kommt oft reichlich zu spät. Hoffentlich müssen wir diesmal nicht zu lange warten.“
„Ich bin hier, Parker. Verkneif dir deine gehässigen Kommentare über meine Pünktlichkeit. Ich weiß genug über deine Unzulänglichkeiten, um dagegenzuhalten.“ Selma Haversteins Ton verriet ihre Belustigung, als sie freundlich strahlend hereingerauscht kam. Sie trug ein langes dunkelblaues Kleid mit kleinen goldfarbenen Sonnen und Monden. Ein solches Kleid hätte Jess an einem Künstler in Siesta Village erwartet, nicht aber an einer FBI-Psychologin. „Wie geht es Ihnen heute, meine Liebe?“ Diese Worte richtete sie an Jess.
„Ich bin immer noch ziemlich aufgewühlt von der ganzen Geschichte“, gestand sie.
„Aha, das nenn ich mal eine ehrliche Antwort. Hast du das gehört, Parker? Da Jess mit so gutem Beispiel vorangeht, gebe ich zu, dass ich es hin und wieder bei Terminen nicht ganz so mit der Pünktlichkeit habe. So wie du manchmal sehr …“
„… grob sein kannst“, half Elliot ihr und verschränkte die Arme. „Wie jetzt, wo ich es ganz offensichtlich eilig habe und du überhaupt nicht.“
„‚Brüsk‘ ist ein viel schöneres Wort“, sagte Selma gut gelaunt und tätschelte seinen Arm.
„Wenn wir damit fertig sind, Zeit zu vergeuden, würde ich Miss Baxter gern nach oben bringen und mit dem Gespräch beginnen“, sagte er.
„Ich dachte, ich könnte mich mit Dr. Haverstein unterhalten“, meldete Jess sich zu Wort. Die beiden sahen sie an. „Unter vier Augen“, fügte sie hinzu.
Parker Elliot ging zur Tür. „Bring sie nach oben, Selma, wenn ihr fertig seid.“
Dr. Haverstein nickte und wartete, bis er die Tür hinter sich geschlossen hatte. Dann wandte sie sich lächelnd an Jess. „Möchten Sie sich setzen?“
Jess lehnte dankend ab. „Ich wollte Ihnen nur sagen, dass ich Rob nach wie vor für unschuldig halte.“
„Sie glauben, es ist Ian Davis.“ Selma setzte sich auf die Lehne eines ihrer riesigen Sessel. „Ihr Exmann, ich weiß. Parker hat mir erzählt, dass Sie gestern etwas Beunruhigendes in Ians Wohnung entdeckt haben. Parker berichtete mir außerdem, Sie hätten ihn spätnachts angerufen und ihm gesagt, Ian hätte sich Robs Wagen geliehen.“ Selma seufzte. „Jess, meinen Sie nicht, es wäre ein bisschen zu bequem, wenn der böse Exmann der Verbrecher ist?“
„Sie glauben mir nicht“, stellte Jess resigniert fest. „Ich nehme an, dann ist Elliot nicht zu Ian gefahren, um meine Geschichte zu überprüfen.“
„Er war zu sehr mit anderen Dingen beschäftigt“, entgegnete Selma.
„Mit dem Versuch, Rob die Morde des Serienkillers anzuhängen.“
„Zu beweisen, dass Rob der Mörder ist“, korrigierte Selma sie nachsichtig.
„Aber er ist es nicht.“
Selma beugte sich ein wenig vor, ihre freundlichen Augen blickten plötzlich streng. „Hat Rob Carpenter versucht, Kontakt zu Ihnen aufzunehmen, meine Liebe?“
Jess antwortete, ohne zu zögern. „Nein.“ Es war keine Lüge, denn er hatte es ja nicht versucht, sondern erfolgreich getan.
„Sie sind absolut überzeugt davon, dass Rob
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