Ritter 01 - Die Rache des Ritters
und Pferden explodierte. Ein Schwarm von Pfeilen schwirrte hinter den Bäumen und zwischen den Büschen hervor und brachte sofort zwei von Nigels Rittern zu Fall. Dann fiel einer von Rutledges Männern durch ein Norworth-Schwert, dann noch einer. Raina versuchte, Nigel oder Rutledge inmitten des Gemetzels zu entdecken, aber beide waren im dichten Kampfgetümmel nicht zu erkennen.
Eine Bewegung hinter einem der Bäume erregte Rainas Aufmerksamkeit, und sie wusste sofort, dass Nigel sich dort versteckte. Rutledge wusste das offensichtlich auch, denn in genau diesem Moment lief er auf die Stelle zu, das Schwert hoch erhoben.
Raina zitterte, als sie dieses bedrohliche Bild sah, seine Hand, die um den Griff des Schwertes geschlossen war, die andere fest zur Faust geballt. Seine Aufmerksamkeit schien auf Nigel gerichtet zu sein, und Raina wusste, dass er ihn vor ihren Augen töten würde. Genauso, wie er bald auch ihren Vater töten würde.
Es war zu schrecklich, zu unerträglich!
Sie war sich nicht einmal bewusst, dass sie ihr Versteck im Dickicht verlassen hatte, bis sie neben Rutledge stand und sich an seinen Arm in der blutbefleckten Tunika klammerte. Er blieb stehen und schaute ohne jegliches Gefühl auf sie herunter. »Bitte!«, rief sie und suchte nach Mitleid in diesen bodenlosen Augen. »Ich bitte Euch … bitte, verschont ihn!«
Rutledges kalte Augen hielten ihren Blick einen Moment lang fest, suchend und fragend. Dann strich er ihr mit der Hand sanft über das Kinn. »Was ist der Preis für eine solche Hingabe?«, flüsterte er, als wäre seine Frage nur für ihre Ohren bestimmt.
Verwirrt durch die Intimität der Berührung und der in ihr lauernden Gefahr ließ sie Rutledge los. Er lächelte leicht, dann ging er an ihr vorbei, ließ sie zitternd stehen, um Nigel zu stellen. Sie wandte ihm den Rücken zu, wagte nicht zuzusehen, bei dem, was geschehen könnte.
»Kommt heraus, Ihr Feigling, und tretet mir wie ein Mann gegenüber«, ertönte Rutledges Stimme hinter ihr.
»Ich bin verwundet«, rief Nigel schwach zurück.
»Teufel auch! Werden alle Norworth-Männer ohne Rückgrat geboren, so wie Ihr?«, höhnte Rutledge. »Würde ich Euch tot sehen wollen, wäret Ihr das jetzt schon. Zeigt Euch, Mann. Ich will, dass Ihr Eurem Lord eine Botschaft überbringt.«
»Was für eine Botschaft?«, fragte Nigel misstrauisch, das Rascheln von Laub kündigte an, dass er hinter dem Baum hervorkam.
»Sagt ihm, dass Lady Raina mir ihr Leben verpfändet hat im Tausch gegen seine Ehre.«
Raina stockte der Atem. Dieser niederträchtige Schuft! »Ihr habt meine Worte verdreht!«, schrie sie, während sie herumfuhr und sich Nigels ungläubigem Gesichtsausdruck gegenübersah.
Rutledge sah sie über die Schulter an. »Wünscht Ihr, sie zurückzunehmen, Mylady?«
Verdammt sollte er sein, er stellte sie auf die Probe, brachte ihre Loyalität und ihr Vertrauen auf den Prüfstand. Raina biss sich auf die Lippen; dann entgegnete sie mit eisiger Entschlossenheit: »Nein. Ich stehe zu meinem Wort. Ihr auch?«
Ein Lächeln hob seine Mundwinkel. »Ihr habt mein Wort.« Dann wandte er sich Nigel zu. »Richtet d’Bussy aus, dass ich bereit bin, den Schwur seiner Tochter auf die Probe zu stellen. Er soll sich in zehn Tagen mit mir treffen, allein und ohne seine Soldaten, danach werde ich das Mädchen freilassen. Es wird ihr nichts geschehen. Aber sollte sich bei unserem Treffen erweisen, dass er keine Ehre hat, oder schickt er in der Zeit bis dahin Soldaten aus, um mich zu suchen, wird Lady Raina ihr Leben verlieren.«
Nigel knurrte. »Seid verflucht, Rutledge! Sie ist ein unschuldiges Mädchen! Ich beschwöre Euch, sie freizulassen und in meine Obhut zu geben, und ich gebe Euch mein Wort als Ritter, dass der Baron sich mit Euch treffen wird … zu Euren Bedingungen.«
Rutledges Lachen klang scharf und war gewiss dazu gedacht, zu beleidigen. »An Eurem Wort liegt mir nichts. Mein Interesse gilt allein d’Bussy. Sollte er am verabredeten Tag nicht zur Stelle sein, werde ich das als Zeichen seiner Ehrlosigkeit werten, und seine Tochter wird den Preis dafür zahlen.«
»Gott soll Eure schwarze Seele verrotten lassen, wenn Ihr Lady Raina auch nur ein Haar – «
Rutledge legte seine Hand schwer auf Nigels verwundete Schulter, was diesem ein schmerzerfülltes Stöhnen entlockte. »Ihr seid nicht in der Verfassung, mir zu drohen. Wir können unsere Differenzen auch hier und gleich bereinigen, aber ich ziehe eine anständigere
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