Rivalen der Liebe
jedoch rasch aufgeflammt und ebenso schnell wieder verbrannt.
Aber dieses langsam erwachende, still lodernde Interesse an Lady Somerset war besorgniserregend, befand Roxbury, denn es trieb ihn dazu, sie besser kennenlernen zu wollen, statt sich sofort unwiderstehlich zu ihr hingezogen zu fühlen und nur das Eine zu wollen. Das, was er da fühlte, war keine leidenschaftliche Hingabe, kein begieriges Auflodern der Lust, der ein rasches Erkalten seines Interesses folgte. Und all das geschah, obwohl er sie eigentlich aus tiefstem Herzen verabscheuen sollte.
Sein Gegner und er umkreisten einander aufmerksam und hielten die geballten Fäuste erhoben. Der junge Kerl hatte ein Gesicht, das Roxbury entfernt vertraut vorkam, aber er konnte es nicht einordnen und auch keinen Namen mit diesem Gesicht verknüpfen. Sein Gegner, wer auch immer er sein mochte, versuchte sich an einem Aufwärtshaken, der auf Roxburys Kinn zielte. Mühelos wich er aus. Offensichtlich spielten sie heute nicht nach den Regeln, die ein Gentleman beim Faustkampf befolgte.
Es lag daran, wie sie selbstsicher als Mann verkleidet in den Club geschlendert gekommen war, nur um kurze Zeit später seine Hand zu nehmen, die er ihr reichte, als sie aus der Kutsche stieg. Es war das heftige Hin und Her ihres Gesprächs, das ihn so sehr fesselte, dass er vergessen hatte, sie zu beäugen – wenigstens beinahe.
Sie hatte eine wunderbare Figur, diese Lady Somerset. Zu schade, dass sie sich so zugeknöpft gab.
Kurz gesagt: Sie sprach sowohl seinen Körper als auch seinen Geist an. Sie war vielleicht die Erste seit vielen Jahren, der das gelang, und wie durch Zauberkraft hatte der Gedanke an sie jede Erinnerung an das Gesicht oder den Namen einer der Frauen weggewischt, mit denen er sich noch bis vor Kurzem vergnügt hatte. Ihm kam nur noch Julianna in den Sinn.
Roxburys Fäuste brannten, und der Schweiß benetzte seine Stirn, aber er riskierte nicht, ihn sich abzuwischen. Er wich dem nächsten Schlag aus. Wieder einen Treffer verhindert.
Das, was er plötzlich für eine Frau empfand, war für ihn absolut neu, obwohl er doch berüchtigt dafür war, das weibliche Geschlecht zu lieben. Er genoss nichts so sehr wie die Frauen zu lieben, er genoss ihre Gesellschaft und liebte es, sie mit ins Bett zu nehmen. Aber wenn es zu einer Verbindung kam, die über körperliche Anziehungskraft hinausging … Nun, das war für ihn unbekanntes Gebiet, und er hatte nicht vor, sich auf eine Entdeckungsreise zu begeben.
Natürlich hatte er auch nie vorgehabt zu heiraten.
Seine Faust schnellte vor und blockte einen potentiellen Schlag seines Gegners.
Dieses verfluchte Ultimatum … Es hing über seinem Kopf wie ein Damoklesschwert. Die Zeit lief ab, die Tage vergingen … Jetzt rann der Schweiß in seine Augen, und sein Herz hämmerte wild.
Die ganze Zeit waren ihm die Hände gebunden gewesen und hatten ihn machtlos, frustriert und ohne jede Hoffnung umherirren lassen. Er konnte nichts gegen dieses verfluchte Ultimatum unternehmen – selbst wenn er wollte. Aber er wollte es mittlerweile ja auch gar nicht mehr.
Auch den nächsten Schlag hatte er erfolgreich geblockt. Sein Gegner tänzelte jetzt leichtfüßig außer Reichweite der Fäuste seines Gegners. Beinahe mechanisch wich Roxbury wieder einer Attacke aus.
Er wollte nicht kampflos aufgeben. Er war ein stolzer Mann. Ein wohlhabender Aristokrat. Er fügte sich nicht einfach seinem Schicksal, sondern forderte es mit bloßen Händen und seiner puren Willenskraft heraus.
Selbst dann, wenn eine Frau alles in ihrer Macht Stehende tat, um ihn zu zerstören. Der Gedanke an Lady Somerset und das ihm drohende Schicksal, der Anblick des Damoklesschwerts und die Erinnerung an ihre Stimme … Bei Gott, ihre Stimme! Er stellte sich vor, wie sie die neuste Ausgabe von »Geheimnisse der Gesellschaft« vorlas, und dies war der Punkt, an dem Roxburys Wut ihren Siedepunkt erreichte und er auf seinen Gegner losging.
Seine Fäuste schnellten vor, und er traf den jungen Mann mit sicheren und festen Schlägen in den Bauch. Der klappte förmlich zusammen, schnappte nach Luft und kippte dann einfach um.
So hatte er sich auch gefühlt, als er Lady Somersets Kolumne gelesen hatte, dachte Roxbury bitter.
Er dachte auch jetzt daran und hörte sie wieder mit ihrer Stimme. Dies war die Stimme des Verrats …
Lord R- wurde dabei beobachtet, wie er offensichtlich im White’s die Gesellschaft seines »Cousins« aus Shropshire genoss – einem hübschen
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