Rivalin der Götter erbin3
dass in seiner Stimme auch Überdruss mitschwang.
Langsam richtete ich mich auf. Jeder Muskel meines Körpers schmerzte, und auch die Beule auf meinem Hinterkopf tat weh. Aus dem Augenwinkel heraus bemerkte ich eine Bewegung: Hymn. Sie betrat das Zimmer wieder, nachdem sie es vernünftigerweise verlassen hatte, während zwei Gottkinder kämpften. Da sie über uns Bescheid wusste, war ich überrascht, dass sie nicht auch das Haus und das Viertel verlassen hatte.
»Seid ihr jetzt fertig?«, fragte sie.
»Fix und fertig«, antwortete ich. Dabei zog ich mich am
Schreibtisch hoch und setzte mich auf die Tischkante. Ich würde bald wieder schlafen müssen. Doch zunächst musste ich meinen Frieden mit Ahad schließen, wenn er es zuließ.
Momentan starrte er mich wütend aus seinem Sessel heraus an. Er hatte sich fast erholt, obwohl sein Haar vollkommen in Unordnung geraten war und er seinen Zigarrenstummel verloren hatte. Ich hasste ihn für mehr als nur einen Moment. Doch dann seufzte ich und ließ den Hass fahren. Ließ das alles fahren. Das sterbliche Leben war zu kurz.
»Wir sind keine Sklaven mehr«, sagte ich leise. »Wir müssen nicht länger Feinde sein.«
»Wir waren nicht wegen der Arameri Feinde«, fuhr er mich an.
»Doch, das waren wir.« Ich lächelte. »Dich hätte es nicht einmal gegeben, wenn sie nicht gewesen wären. Und ich …« Wenn ich es zuließ, würde Scham aufkommen. Ich hatte es niemals vorher zugelassen, doch seit dieser Zeit hatte sich so viel verändert. Unsere Positionen hatten sich umgekehrt: Er war ein Gott, ich nicht. Ich brauchte ihn, er mich nicht. »Ich hätte wenigstens … versucht … ein besserer …«
Doch dann überraschte er mich. Darin war er schon immer gut gewesen.
»Halt die Klappe, du Narr«, sagte er und stand mit einem Seufzer auf. »Sei nicht noch mehr ein Esel als üblich.«
Ich blinzelte. »Wie bitte?«
Ahad kam zu mir herübergestakst und überraschte mich noch mehr. Seit Jahrhunderten war er nicht mehr in meiner Nähe gewesen. Er stützte seine Hände auf dem Tisch beiderseits meiner Hüften auf und beugte sich vor, um mir in die Augen zu schauen. »Glaubst du wirklich, dass ich so kleinmütig bin, nach all dieser Zeit noch böse auf dich zu sein? Ah, nein – das ist es gar nicht.« Sein Lächeln fackerte, und vielleicht bildete ich mir nur ein, dass seine Zähne für einen Augenblick schärfer wurden. Ich hoffte, dass ich es mir einbildete, denn das Letzte, was er brauchte,
war eine Tiernatur. »Nein, ich glaube, du bist nur einfach so gottverdammt von deiner Wichtigkeit überzeugt, dass du es immer noch nicht kapiert hast. Also lass es mich deutlich sagen: Du bist mir egal. Du bist bedeutungslos. Es wäre eine Verschwendung meiner Energie, dich zu hassen!«
Ich starrte zurück und war verblüft und – wie ich zugeben muss – verletzt wegen seiner Heftigkeit. Und dennoch.
»Ich glaube dir nicht«, murmelte ich. Er blinzelte.
Dann stieß er sich mit solcher Wucht vom Schreibtisch ab, dass dieser ein Stück zurückrutschte. Beinahe wäre ich heruntergefallen. Ich starrte nur, als er zu Hymn ging, sie am Kragen ihres Hemdes packte, sie mehr oder weniger zur Tür zerrte und diese öfnete.
»Ich werde ihn nicht töten«, sagte er und schubste sie so heftig hinaus, dass sie stolperte, als er losließ. »Ich werde verdammt nochmal nichts tun, außer mich an seinem langwierigen, demütigenden Tod zu weiden, den ich keinesfalls beschleunigen werde. Also ist dein Geld sauber, und du kannst deine Hände, was ihn angeht, guten Gewissens in Unschuld waschen. Sei froh, dass du davongekommen bist, bevor er dein Leben ruinieren konnte. Jetzt mach, dass du rauskommst!« Mit diesen Worten schlug er ihr die Tür vor der Nase zu.
Ich starrte immer noch, als er sich umwandte und mich betrachtete. Dann atmete er einmal tief durch, um sich zu sammeln. Doch ich kannte seine Seele. In dem Moment spürte ich, dass er eine Entscheidung getrofen hatte. Vielleicht hatte er meine bereits erraten.
»Möchtest du etwas trinken?«, fragte er schließlich mit brüchiger Höfichkeit.
»Kinder sollten nichts Alkoholisches trinken«, antwortete ich automatisch.
»Wie gut, dass du kein Kind mehr bist.«
Ich zuckte zusammen. »Ich, äh, hab seit ein paar Jahrhunderten
keinen Alkohol mehr getrunken.« Ich sagte das vorsichtig und testete diesen neuen, zerbrechlichen Frieden zwischen uns. Dieser war so dünn wie die Oberfächenspannung einer Pfütze, doch wenn wir
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