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Road of no Return

Road of no Return

Titel: Road of no Return Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gillian Philip
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Metallgehäuses in unterschiedliche Richtungen sprangen und kreiselnd liegen blieben.
    Sie holte tief und zittrig Atem. »Ich kann ja verstehen, dass du wütend bist, aber …«
    »Du hättest mich finden können«, knirschte ich. Ich hasste es, wenn sie das tat, wenn sie ihr professionelles Gesicht aufsetzte, ruhig und besonnen tat und alle Seiten in Betracht ziehen wollte. Alle außer meiner. Das war die einzige, von der sie nichts wissen wollte. Hätte sie sie gekannt, würde keiner von uns mehr vernünftig bleiben.
    »Du wolltest doch gar nicht gefunden werden, Nick! Und sollte ich dir so etwas am Telefon sagen? Oder es dir aus der Tür nachschreien?«

    Hör auf, so verdammt schlau zu tun, Mum. Hör auf! Das Dumme war nur, dass ich ihnen tatsächlich die ganze Woche aus dem Weg gegangen war. Ich wusste, dass sie versucht hatte, mit mir zu reden, denn ich erinnerte mich daran, dass sie ein paarmal, als ich ihr in der Küche oder der Diele begegnet bin, gesagt hatte: »Nick, ich muss mit dir sprechen!«
    »Alles besser, als es gar nicht erzählt zu bekommen!«, stieß ich hervor.
    »Und warum sollten wir? Damit du streiten und uns anschreien kannst?«
    Schweigend starrte ich sie an.
    »Wir haben es einfach nicht mehr geschafft«, erklärte sie.
    »Ach?« Ich hätte es nicht sagen wollen, wirklich nicht, aber ich konnte nicht anders: »Hat Gott dir eine Bürde auferlegt, die du nicht tragen konntest?«
    Das Schweigen wurde unerträglich. Ich grinste hässlich, aber irgendwie konnte ich dieses Grinsen nicht wegkriegen. Mum errötete heftig und nahm die Hände weg, verbrannt von der Hitze ihrer eigenen Scham.
    »Halt mir das nicht vor, Nick! Bitte nicht!«
    »Bitte du mich lieber um nichts!«
    »Du hast ihre Bettlaken ja nicht gewaschen!«, schrie Mum plötzlich. Sie stand auf und stieß dabei das Telefon aus der Station, das ein protestierendes Piepen von sich gab. »Du hast ja nie ihr Kissen desinfiziert oder ihr den Hintern abgewischt! Dich hat die Polizei nie angerufen, weil sie sie auf dem Autobahnzubringer aufgegriffen haben. Weißt du, wie die einen dann ansehen? Weißt du das? Weißt du, wie einen die Pflegerinnen behandeln? Sie sind halb so alt wie man
selbst und tun so, als seist du ein dämlicher, inkompetenter, liebloser …«
    »Ihr habt es mir nicht gesagt«, unterbrach ich sie unbeeindruckt. »Ihr habt es mir nicht gesagt, weil ihr Feiglinge seid. Das ist der einzige Grund.«
    Ich hatte geglaubt, ich würde mich besser fühlen, wenn ich das sagte, aber so war es leider nicht. Es fühlte sich grau und steinhart an, und in meiner Brust starb etwas: ein kleines verwundetes Tier, vielleicht auch mein Herz.
    Mum ließ sich wieder auf ihren Stuhl fallen, der sich von mir wegdrehte, aber sie drehte sich wieder zurück.
    »Ja«, gab sie seufzend zu. Traurig lächelnd sah sie zu mir auf. »Jetzt willst du mich also nicht mehr heiraten?«
    »Hä?«
    »Früher, als du noch ein kleiner Junge warst, hast du immer gesagt, du willst mich heiraten. Das sagen alle kleinen Jungen zu ihren Müttern.«
    »Wirklich?«
    »Aber anfangs sind wohl alle kleinen Jungen gleich.«
    Ich weiß nicht, ob das wirklich so grausam klingen sollte. Wollte sie wirklich, dass es so wehtat, wie sie es sagte? Und ich dachte immer, sie hätte die besten Absichten.
    »Es tut mir leid wegen Lola Nan«, sagte sie. »Möchtest du morgen mitkommen, wenn wir sie besuchen?«
    »Nein«, erklärte ich böse und wahrheitsgemäß.
    Ich bückte mich, um die Teile meines Handys einzusammeln. Das fand ich zwar erniedrigend, aber ich konnte nicht ohne es abhauen. Mein Handy war mein Rettungsanker, es war mein Weg zu Orla, und Orla war die Einzige, bei der ich
im Moment sein wollte. Mum kniete neben mir und griff nach der einen Hälfte, aber ich stieß ihre Hand fort und schnappte selbst danach. Ich sah sie auch nicht mehr an, als ich aufstand, mich umwandte und türenknallend aus dem Haus lief.

19
    Ich verdrängte den Gedanken an Lola Nan aus meinem Kopf, schließlich war sie selbst nicht mehr ganz klar in ihrem Kopf. Was schadete es dann, wenn man sie beiseiteschob wie ein Stück altes Porzellan, das zu zerbrechlich ist, um noch gebraucht zu werden? Es war das Beste für sie. Das Beste für alle. Ich verdrängte den Gedanken an sie.
    Doch in den ungünstigsten Momenten und an den ungelegensten Orten drängten sie sich wieder auf. Ich kam gerade aus dem Gemeinschaftsraum, wo ich eine Stunde lang W.H. Auden hinter V wie Vendetta versteckt hatte, und wollte

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