Rockoholic
sage ich, beinahe lachend.
»Ich bin tot!«, lacht Jackson.
»Du bist tot!«, lacht Mac.
Dann sehe ich Crees Gesicht. Sie schaut zu Jackson hoch, das Blatt mit der Schnecke auf der Hand balancierend. »Is Roly tot, Mann?«
Er lässt kurz von seinen eigenen Problemen ab und beugt sich auf Augenhöhe zu ihr hinunter. Crees kleine Nasenflügel fangen an sich zu blähen und ihre Oberlippe verschwindet, als würde sie jeden Moment anfangen zu weinen, aber Jackson sagt genau das Richtige, um sie davon abzubringen.
»Nein, er ist nicht tot. Er versteckt sich bloÃ. Er will sich nur für eine Weile versteckt halten. Er will er selbst sein, das ist alles.« Und er blickt zu mir hoch und für eine Minisekunde huscht ein winzig kleines Lächeln über sein Gesicht, dann verschwindet es wieder.
KAPITELÂ 19
TARNUNG IST ALLES
In den Augen der Welt hat Jackson für immer das Zeitliche gesegnet. Es gibt zwar noch keine Leiche â die Taucher suchen weiter danach â, doch man hat alle seine Kleider gefunden, sogar seine Schuhe. Die Vorstellung, er könnte noch quicklebendig und munter in einer Garage irgendwo im West Country hocken, erscheint da völlig abwegig. Kein Mensch mit klarem Verstand würde daran glauben.
Also, wer ist dann dieser Mann in meinem Wohnzimmer, der ein kleines Mädchen an den Armen durch die Luft wirbelt, während sie fröhlich kreischt? Irgendein Mann halt, schätze ich mal.
Mac und ich sitzen auf dem Sofa und schauen Nachrichten. Wir sehen die immer gleichen Bilder, denn es gibt nichts Neues zu berichten â Kleider sind angeschwemmt worden, Fans stehen auf der Brücke, weinend, und werden von der Polizei zum Weitergehen gedrängt. Sie werfen Rosen von der Brücke. Einige zünden die Rosen mit einem Feuerzeug an, bevor sie sie über die Brüstung werfen, als Hommage an Jacksons Tätowierung. Manche haben sich in Schwarz âºJGâ¹ auf die Wangen geschrieben. Andere präsentieren ihre Tattoos von Jacksons Gesicht und seine Songzeilen auf ihren Armen. Jackson schenkt dem Ganzen nicht die geringste Beachtung. Er spielt mit Cree auf dem FuÃboden. Na ja, Cree spielt mit ihm. Er sitzt einfach bloà da, ohne so richtig zu kapieren, was sie da eigentlich treibt oder warum sie sein nasses Haar mit dem Plastikbesteck kämmt, mit dem sie vorher ihre Blätterteigtasche gegessen hat. Sie kämmt es nach hinten, er verwuschelt es und sie kichert.
Jackson sieht nach einer Weile hoch. »Ich bin ⦠tot. Ich bin toter als tot, oder?«
Mac funkelt ihn an, als hätte Jackson gerade eine hochinteressante Anmerkung des vom Wind gepeitschten Reporters gestört, obwohl wir sie vermutlich bereits sechs- oder siebenmal gehört haben. »Man hat noch keine Leiche gefunden. Wenn ich du wäre, würde ich den Ball also mal hübsch flachhalten.«
»Aber alles deutet darauf hin, dass sie dort eine Leiche finden könnten, oder? Es ist genial.«
Ich finde, sein Totsein ist kein bisschen genial. Ich beobachte die Fans auf dieser Brücke, Tausende von Herzen, die alle im Gleichklang brechen. Das ist so ungenial wie nur irgendwas.
Die Uhr auf dem Kaminsims schlägt drei. Mac blickt zu mir herüber. »Solltest du nicht um eins zurück bei der Arbeit sein?«
Ich beiÃe mir auf die Lippe, aber das ist auch schon alles, was ich tue. »Hab ich total vergessen.« Ich mache keine weiteren Anstalten, wieder zur Arbeit zu gehen. Sie wissen dort, wie ich drauf bin, und am Freitag kratze ich eh die Kurve, also ist es auch schon schnurz. Gibt keinen Grund, da jetzt anzutanzen.
Sally Dinkley kommt an diesem Nachmittag noch mal zu unserem Haus. Klopft an die Haustür und wartet. Klingelt und wartet. Klopft noch mal. Ruft nach mir. Wartet wieder. Wir sitzen zu viert (na ja zu fünft, zählt man Roly in seinem mit Laub befüllten Tragekorb mit) auf dem Sofa. Wir legen unsere Finger an die Lippen, damit Cree weiÃ, dass sie auch wirklich keinen Mucks von sich geben darf. Endlich kapituliert Dinkley. Mac und ich sitzen da wie in den âºPauseâ¹-Modus geschaltet, sehen einander an, den Fernseher auf lautlos gestellt, eine Tüte Doritos zwischen uns auf dem Sofa, unfähig uns zu rühren, aus Angst, dass die Reporterin plötzlich überfallartig mit ihrem Kaugummi-Beetle unsere Haustür rammt.
»Was willst du dieser Dinkley-Tante erzählen, wenn du sie im Pub
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