Rockoholic
Bestimmtes zu essen verlangt, befummelt er den Schlüssel an seinem Lederband, zurrt ihn dermaÃen hin und her, dass sein Hals ganz rot wird. Prompt fange ich auch noch an mir Sorgen zu machen, dass er sich erhängt. Ich biete ihm an unsere Dusche zu benutzen und er wirft einen Apfel nach mir. Ich schiebe ein Käse-Gurken-Sandwich durch die Katzenklappe und binnen Sekunden kommen die Gurkenscheiben wieder herausgeflogen wie Ninja-Wurfgeschosse. Als allerletzten Versuch, die Gastgeberin zu spielen, schiebe ich einen Zettel zu ihm rein, auf dem steht, dass ich die Hintertür für ihn offen lasse, falls er aufs Klo muss, aber es müsste vor vier Uhr passieren, denn um die Zeit kommt Halley nach Hause. Und dann lasse ich es gut sein.
Ich räume die Waschmaschine aus und hänge die Wäsche zum Trocknen auf, und als mir meine Fleecejacke in die Hände kommt, hängt da am ReiÃverschluss der Zebra-Anhänger, den Mac mir geschenkt hat. Ich bin erstaunt, dass er den Waschvorgang überlebt hat. Er erinnert mich an Mac und ich spüre wieder dieses grässliche Stechen.
»Mackenzie ist ein guter Junge. Er wird dich nie mies behandeln, Schatz. Halt dich immer schön an ihn, Kleines.«
»Das mach ich, Opa.«
Aber ich habâs nicht gemacht, richtig? Ich habe mich nicht an Mac gehalten. Ich habe mich auf ganzer Linie gegen ihn gestellt und jetzt herrscht blankes Chaos um mich rum. Nein, Chaos ist ein viel zu schwaches Wort. In meinem Zimmer herrscht vielleicht Chaos. Um mich herum herrscht Weltuntergang. Ich gehe nach oben und versuche zu schlafen, denn mein Körper sehnt sich mit jeder Faser danach, aber ich rechne nicht damit, dass ich tatsächlich einschlafen werde. Doch nach einer gefühlten halben Stunde öffne ich die Augen. Alles ist anders. DrauÃen vor meinem Fenster ist es dunkel. Ein Fernseher ist zu hören und metallisches Klirren von unten und der Wecker neben meinem Bett zeigt 7:32 Uhr an. Ich fahre kerzengerade hoch, klebrig und verschwitzt, und erst beim Aufstehen merke ich, dass mir alles wehtut. Ich knipse das Licht an und ziehe mein T-Shirt hoch. Im Spiegel sehe ich rote Striemen und beginnende blaue Flecken, ich schätze mal vom Konzertgetümmel. Um mein Ohr herum, da, wo ich mir den Kopf gestoÃen habe, ist die Haut aufgeschürft. Bisher hatte ich nichts davon gespürt. Mein Gesicht sieht sogar noch schlimmer aus als sonst â mein Haar ist fettig und das WeiÃe in meinen Augen ist rot gesprenkelt. In der Sekunde, in der ich einen Fuà vor die Tür setze, ist Mum da, in ihrem Nachthemd, und frottiert sich die Haare.
»Du hast tief und fest geschlafen, als ich gestern Abend nach Hause gekommen bin. Hab mir gedacht, dass du dich wohl einfach mal richtig ausruhen musst, drum habe ich dich gelassen.«
Gestern Abend? »Oh. Danke«, sage ich. Ich kriege kaum meine Augen richtig auf. Ich habe seit zwei Uhr gestern Nachmittag geschlafen? War alles nur ein Traum? Ein Albtraum?
»Mackenzie hat angerufen«, sagt sie und verschwindet in ihrem Schlafzimmer.
»Ach ja?«
»Ja, ein paarmal. Ist dein Handy kaputt, oder was? Er hat gesagt, er hätte dir mehrere SMS geschickt.«
»Oh. Ja. Mein Handy ist ⦠aus.« Ich blicke über meine Schulter hinweg in mein Zimmer zum Wäschekorb, in den ich meine klitschnassen Flussklamotten von gestern geworfen habe. Bevor ich sie in die Waschmaschine gestopft habe. Mein Handy war in der Tasche meiner Cargo-Hose. Mein Handy ist tot. Also war es kein Traum.
Mum entfernt sich langsam. »Ich will ja nicht neugierig sein, Schatz â¦Â«, setzt sie an, was bedeutet, dass sie neugierig ist. »Aber es war bestimmt schlimm für dich, im Fluss zu landen. Falls er dir wehgetan hat â¦Â«
»Quatsch. Mac hatte nichts damit zu tun, dass ich in den Fluss gefallen bin. Wir hatten Streit, ich bin weggerannt, gestolpert und reingefallen. Das ist alles.«
Sie wartet ganz offensichtlich auf weitere Erklärungen, aber ich werde ihr keine liefern. »Manchmal suchen wir uns einfach den Falschen aus, Schätzchen. Tut mir leid, dass er so ganz anders ist, als du gedacht hast. Ich werde nichts weiter dazu sagen, aber was ihn betrifft, hatte ich mir schon immer meinen Teil gedacht. Du weiÃt schon, mit seiner Singerei und dem Tanzen.«
O Mann, wie peinlich. Sie glaubt, ich habe ihn angegraben und er hat mir gesagt, dass er schwul ist. Na gut, damit muss ich
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