Ro'ha: Teil 1 - Vernichtung (German Edition)
sie den Laptop und verließ das Zimmer.
Cor stand noch immer, mit dem Rücken zu ihr, vor der Tür, ganz so, als würde er sie bewachen – vielleicht tat er auch genau das.
Als sie heraustrat, setzte er sich in Bewegung und Lillja folgte ihm die wenigen Schritte zurück zum Aufzug.
" Ihr Quartier befindet sich auf Deck vier", sagte er beim Eintreten und betätigte die entsprechende Taste.
" Die Ro'ha verfügt über vier Sonderkabinen, die für die speziellen Bedürfnisse außerirdischer Crewmitglieder entwickelt wurden." Der Aufzug hielt an und die Türen fuhren auseinander. "Die dort verbauten Lichtquellen verbreiten ein Licht, das dem Ihrer Sonne gleicht. Sie sollten täglich einige Zeit dort verbringen, um Mangelerscheinungen vorzubeugen. Außerdem können Sie Luftfeuchtigkeit und -druck anpassen, ebenso wie die Temperatur."
Das waren die ersten guten Nachrichten. Die Umgebung auf diesem Schiff war ein wenig zu kalt für ihr Empfinden, gerade jetzt, da sie mit noch immer feuchtem Haar unterwegs war. Sie schätz te die Temperatur auf dreizehn bis fünfzehn Grad Celsius – was nicht gerade quälend kühl war, doch in Anbetracht des dünnen Stoffs ihrer Uniform und dem, was Menschen allgemein hin als angenehm empfanden, etwas zu kalt.
Sie hatten den Aufzug verlassen und waren einen längeren Gang entlang gelaufen, von dem rechts und links in regelmäßigen Abständen Türeingänge abgingen. Auf Augenhöhe der Konstrukteure waren die gleichen Zeichen angebracht, wie sie neben den Knöpfen im Aufzug und auf Dales Tür standen – Zahlen.
Vor einer der Türen blieb Cor stehen.
"Ihr Quartier."
" Vier – zwei – eins. Vierhundert einundzwanzig?"
" Nicht ganz. Vier, zwei, eins stimmt – höhere Zahlen werden anders dargestellt. Dies ist Deck vier, Sektion zwei, Raum eins. Dennoch – Sie lernen schnell."
Lillja lächelte und öffnete die zweiflügligen Türen, die leise in den Seitenwänden verschwanden und den Blick auf ihre neue Unterkunft freigaben. Cor trat zur Seite und ließ sie eintreten.
Auf rund fünfzehn Quadratmetern verteilten sich ein Etagenbett, das ein Stück länger und breiter war, als Lillja es gewohnt war, sowie ein Schrank, zwei kleinere Nachttische, die nur dem unteren Bett nutzen würden und zwei dunkelgraue große Säcke, die an Sitzsäcke erinnerten.
" Der größte Teil der Einrichtung stammt von der Erde und sollte Ihren Bedürfnissen entsprechen", erklärte Cor und trat hinter ihr ein. "Und nun habe ich etwas für Sie, dass Sie hoffentlich für die Schmerzen entschädigt, die Sie heute erleben mussten."
Er ging an ihr vorbei und trat an die freie Wand heran, vor der die Sitzsäcke standen und betätigte einen Schalter, der sich unauffällig zwischen zwei Wandverkleidungselementen befand.
Mechanisches Klicken und Zischen war zu hören, dann schob sich die Außenwand nach oben hin weg und gab den Blick nach draußen frei. Sie sah die Erde.
Sprachlos und vollkommen überwältigt ging Lillja an das Fenster heran und legte eine Hand auf das kühle Material.
" Es ist eine von den Außensensoren erfasste Projektion. Echte Fenster wären eine zu große Strukturschwäche – allerdings ist die Illusion fast perfekt, besonders mit dem simulierten Wegfahren der Außenpanzerung."
Die junge Frau hörte ihm nur halb zu und gab sich vollkommen diesem unvergleichlichen Anblick hin.
"Sie ist so schön", murmelte Lillja ergriffen. "Kann Ihre Heimat da mithalten?"
Cor trat an ihre Seite und sah eine Weile schweigend hinaus.
"Nicht mehr", antwortete er schließlich. Er hörte sich sehr traurig an…
6
Die nächsten fünf Tage rasten nur so an ihr vorbei. An Bord des Schiffes hatte jeder Tag achtundzwanzig Stunden, die Stunde siebzig Minuten – doch wie viele Sekunden eine Minute hatte, war unklar , da die meisten Uhren digital waren und über keine Sekundenanzeige verfügten. Sie versuchte mehrmals, mitzuzählen, kam dabei jedoch zu unterschiedlichen Ergebnissen, die aber stets irgendwo um die siebzig lagen.
Jeder Tag verlief gleich: ein automatischer Wecker riss sie um sechs Uhr aus dem Schlaf und erinnerte sie eine halbe Stunde später daran, sich zum gemeinschaftlichen Frühstück auf Deck drei zu begeben. Im Anschluss begann ihre zehnstündige Schicht auf der Krankenstation.
Dr. Dragin wie s sie in den Gebrach der automatisierten Operations- und Behandlungsgeräte ein – zumindest sehr oberflächlich. Außerdem leitete er sie an, kleinere Verletzungen der Crew zu behandeln. Sie
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