Rom kann sehr heiss sein
Ich bin zum Beispiel durchaus ein Anhänger der Stammzellenforschung.«
»Kinderkram. Die Stammzellenforschung ist längst passé, jedenfalls die Form, in der sie bisher in den großen Labors betrieben wurde. Wir entwickeln hier neue, radikale Verfahren des Klonens, des therapeutischen wie des reproduktiven. Natürlich legen wir auch Stammzelllinien an. Das heißt, wir klonen Embryos und gewinnen Stammzellen aus ihnen, die wir kultivieren und aus denen wir verschiedene Organe wachsen lassen. Wir betreiben aber auch wichtige Grundlagenforschung. Zum Beispiel die Verbindung von biologischer und elektrischer Informationsverarbeitung. Wetware und Hardware kombiniert. Da liegt nämlich die Zukunft. Es geht bei weitem nicht nur darum, defekte Hominiden zu reparieren oder das Leben zu verlängern. Nein, der rein biologische Mensch ist ein Auslaufmodell. Mehr hat die Darwinsche Evolution einfach nicht zustande bringen können. Unsere Gehirne sind zu klein, um mit der jetzt immer schneller ablaufenden Entwicklung mitzuhalten. Wir müssen also verhindern, neuronal zu veralten, von künstlicher Intelligenz überholt zu werden. Und darum brauchen wir nicht nur neue Technologien, sondern auch ein völlig neues Menschenbild mit einer entsprechend angepassten Ethik. Zu ihrer Entwicklung habe ich Tanner gewinnen können. Die andere Sache, die Kombination von biologischen und elektronischen Bauteilen, von Neuronen und Mikrochips, ist leider derzeit in eine Sackgasse geraten. Nach viel versprechenden Tierversuchen ist die Übertragung auf den Menschen vorläufig gescheitert. Die Schnittstelle ist wahrscheinlich mangelhaft.«
Tusa mischte sich ein. Sein Ton war höhnisch: »Sag ihm ruhig, wer unser Versuchskaninchen war!«
Mich überfiel ein eisiger Schauer. Ich hatte instinktiv begriffen, wen Tusa meinte. »Ist Dale hier?«
Falsini nickte. »Im gewissen Sinne ja und nein. Sie ist...«
Tusa fiel ihm ins Wort: »Sie ist hier, aber sie werden keine Freude mehr an ihr haben. Wir haben Ihre Freundin genommen, weil sie sich selber aufgedrängt hat. Sie hat sich in Bern mit einer von Galas Mitarbeiterinnen, der kleinen Julia – Sie kennen sie ja –, angefreundet. Julia gehörte zum Leihmütterteam, das von Franziska Gala geleitet wird. Als diese Mackay in Bern auftauchte und zu schnüffeln begann, hat sie sich an Julia herangemacht und sie zum Reden gebracht. HUBRO war in Gefahr. Wir haben die Schottin nach Rom gelockt, und hier ist sie in die Falle gegangen. Als Sie dann in Bern auftauchten und mit der Schnüffelei weitermachten, war Julia leider nicht mehr zu halten. Sie musste liquidiert werden. Aber so, dass es nach einem Unfall aussah.«
Ich wollte Tusa an die Gurgel. Aber Einar hielt mich zurück. »Komm, trink lieber einen Schluck.« Er öffnete eine der beiden Flaschen, die ich aus dem Weinkeller mitgenommen hatte, füllte einen Erlenmeyer-Kolben und reichte ihn mir. Der Wein wirkte Wunder. Ich wurde tatsächlich ruhig. »Wenn wir Falsini zu lange hier unten halten, merken die da oben was«, sagte Einar. »Mitnehmen können wir ihn und seinen sauberen Kumpel leider auch nicht.«
»Schön, dass Sie das einsehen«, sagte Falsini. »Sie können nichts beweisen. Vergessen Sie nicht, dass wir in Italien sind. Mächtige Organisationen stehen hinter uns. Meine Reputation ist groß. Ich bezweifle im übrigen, dass Sie aus der ganzen Sache mit heiler Haut herauskommen, meine Herren.«
»Lassen Sie das nur unsere Sorge sein. Sie haben gerade von Leihmüttern gesprochen. Die scheinen ein großes Problem für sie zu sein«, sagte Einar.
In Falsinis Blick kam wieder dieser metallische Glanz, den ich schon öfters an ihm bemerkt hatte, wenn ihn ein Thema besonders zu interessieren schien. »Sie haben völlig Recht. Und zwar in zweierlei Hinsicht. Medizinisch sind sie ein Risiko, weil der Einfluss der Plazenta auf das Kind nicht zu steuern ist. Auch die Geburt selbst per Kaiserschnitt ist problematisch. Ebenso wie das zu schnelle Wachstum des Implantats.«
»Früh vergreiste Riesenbabys wie das aus der Kolonnade von Borromini. Wahrscheinlich hat Nina es dorthin gelegt, um die Öffentlichkeit zu mobilisieren. Sie hatte ja kurz zuvor selbst eine Totgeburt. Und sie wusste, dass wir in der Nähe waren.«
»Ich danke Ihnen für diesen Hinweis, Doktor Hieronymus. Wir werden uns mit Nina beschäftigen müssen. Genauso problematisch wie die medizinischen sind offenbar die menschlichen Unwägbarkeiten bei Leihschwangerschaften. Leihmütter
Weitere Kostenlose Bücher