Roman
Flammen stehe, und sie so zu panischer Flucht getrieben.
Inzwischen war Ginger wieder auf der Bühne, um dem Gitarristen das Mikrophon zurückzugeben.
»Sing was, Baby!«, rief jemand aus dem Publikum.
Das war nichts Ungewöhnliches. Selbst bei Hochzeiten in Nobel-Locations wie diesem Glasgower Hotel machte der Sänger meist eine Pause und ließ ein Familienmitglied ans Mikrophon. In der Regel fand sich jemand, der nur allzu bereit dazu war.
»Ja, komm schon, sing was für uns!«
Die Menge begann nun zu grölen. Aber sie musste sich auf eine Enttäuschung gefasst machen. Ich kannte Ginger seit Ewigkeiten, und ich hatte sie noch nie singen gehört. Niemals! Sie würde im Nu von der Bühne fliehen und sich auf den Schreck ein Gläschen an der Bar genehmigen.
»Also gut! Wenn ihr unbedingt wollt!«
»You Know You Make Me Wanna Shout!«
Ginger. Auf der Bühne. Und dieser absolut fantastische, unglaubliche Sound kam direkt aus ihren Lungen. Die Band fand rasch in den Rhythmus, die Menge sprang auf, Lizzy und ich entsperrten unsere Kinnladen, und der ganze Raum stand kopf.
Sie war großartig. Sensationell. Die schönste Stimme, die ich je gehört hatte. Und während Lizzy und ich uns vor Lachen bogen und unsere albernsten Sechzigerjahretanzbewegungen machten, merkten wir nicht, dass ein Mann an der Tür stehen geblieben war, Ginger anstarrte und fasziniert zusah, wie das Schwindsuchtopfer aus dem 19. Jahrhundert in seinem pfirsichfarbenen Zuckergusskleid die Show seines Lebens abzog.
Dieser Mann und das, was er als Nächstes tat, sollte das Leben von uns allen für immer verändern.
Lous Lektionen für Cassie, wenn sie vierundzwanzig Jahre alt ist
Liebe Cassie,
mir ist gerade was in den Sinn gekommen. Du befindest dich jetzt genau in dem Alter, in dem du einerseits hoffentlich weißt, was du mit deinem Leben anfangen willst, andererseits aber noch nicht genügend Erfahrung hast, um Fehler und Fallen zu vermeiden. Daher solltest du immer daran denken, dass es außer mir noch drei andere Frauen gibt, die dir aus jedem Schlamassel heraushelfen:
39. Solltest du je ernsthaft in Geldnöten sein, wende dich an deine Tante Ginger.
40. Solltest du je etwas wirklich Blödes angestellt haben und eine tröstende Schulter brauchen, wende dich an deine Tante Lizzy.
41. Und solltest du je jemanden bedrohen, einschüchtern oder umbringen müssen, wende dich an deine Tante Josie. Angeblich kann sie nur mit ihrem Daumen einen Menschen töten.
Wende Lektion 41 erst dann an, wenn du keine andere Möglichkeit mehr hast.
42. Was sonst noch? Ach ja, meide auf Hochzeiten die Bühne, es sei denn, du hast einen guten Song vorbereitet.
43. Wenn ein Fremder dir ein Angebot macht, das zu schön ist, um wahr zu sein, überleg einen Moment, ob es irgendeinen Grund für sein Angebot geben könnte. Es sei denn, er trägt einen Trenchcoat. In diesem Fall gibt es nichts zu überlegen. Benutz dein Tränengas und renn, so schnell du kannst!
44. Sei nie zu stolz, Hilfe von deinen Freundinnen anzunehmen. Sie würden sie dir nicht anbieten, wenn sie dich nicht gernhätten.
45. Dafür musst du natürlich auch immer für sie da sein – selbst wenn du so sauer auf sie bist, dass du sie am liebsten rechts und links ohrfeigen würdest, weil du genau weißt, was gut für sie wäre, und sie völlig verblendet sind.
46. Das, was richtig, und das, was falsch ist, befindet sich manchmal in einer Grauzone – besonders, wenn es um Familienmitglieder geht. Wenn du den richtigen Weg nicht allein findest, lauf zu Tante Josie und hol dir ihren Rat!
47. Mach einen großen Bogen um Sonnenbänke, und erfreu dich an deinen Brüsten, solange sie noch fest sind.
Ach, und noch etwas …
Lektion 48
Manchmal musst du einfach richtig viel Vertrauen haben 1994. Lou, vierundzwanzig Jahre alt
»Okay, werden wir mal ernst«, verkündete Lizzy. »Ich meine so richtig philosophisch und tiefgründig und alles.«
Ich sah sie erstaunt an. »Wer bist du? Und was hast du mit meiner Freundin Lizzy gemacht?«
Nicht, dass sie sonst nicht tiefgründig wäre. Mindestens so wie die Flüssigkeit in meinem Kontaktlinsenaufbewahrungsbehälter.
Lizzy schaute nicht mal von ihrer Zeitschrift auf.
»Also. Stell dir vor, du müsstest dir einen aussuchen zum Vögeln, einen zum Heiraten und einen zum Aus-dem-Weg-Gehen – und zur Auswahl stehen Gary Barlow, Michael Hutchence und Marti Pellow.«
»Ah, Lizzy, jetzt erkenne ich dich wieder. Ich würde Marti Pellow aus dem Weg gehen,
Weitere Kostenlose Bücher