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Roman

Roman

Titel: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Shari Low
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Und wie heißt noch dieser Typ mit der grässlichen Frisur?«
    »Michael Bolton! Ja, du hast recht. Das ist das Beste. Wenn sie sich richtig aufregt, wacht sie vielleicht auf.«
    Wir schwiegen wieder. Sanft ließ ich meinen Finger über ihren Arm gleiten, verlor mich in der hypnotischen Bewegung und wünschte mir, dass irgendwas geschah …
    »Lou«, sagte Red plötzlich aufgeregt. Das Piepsen des Herzmonitors hatte sich auf einmal beschleunigt. »Lou, ich glaube … Hol einen Arzt! Schnell, hol irgendjemanden!«
    Er sprang auf und beugte sich über Ginger. Instinktiv berührte er sie an der Schulter, hielt sie fest.
    Ich war bereits an der Tür und hatte sie aufgerissen, noch bevor er zu Ende geredet hatte.
    »Ich glaube, sie wird wach, Lou. Sie wird wach!«

Lektion 90
    Wenn du glaubst, du hast alles im Griff – richte dich auf einen Paukenschlag ein
    »Na, wie geht’s unserer Patientin heute?« Mit einem dicken Strauß Sonnenblumen, der jeden fröhlich stimmen musste, stürmte ich in Gingers Zimmer.
    Sie verzog das Gesicht. »Am liebsten würde ich demjenigen, der hier für das Essen verantwortlich ist, das Kartoffelpüree an eine Stelle schieben, wo es richtig wehtut.«
    Offenbar hatte ich die Wirkung der Sonnenblumen gehörig unterschätzt. »Aha! Unverschämt, aggressiv, ungeduldig, launisch – Schätzchen, ich glaube, du bist wieder gesund.«
    Sie lächelte gequält. »Fast.«
    Ich zeigte auf das Spandau-Ballet-mäßige Flanellnachthemd, das Moira offenbar aus einer alten Kiste vom Speicher hervorgezaubert hatte. »Stimmt. Etwas Entscheidendes fehlt noch: Deine Brüste sind noch nicht wieder in einen Wonderbra gequetscht.«
    Ich duckte mich, um dem heranfliegenden Kissen auszuweichen.
    »Weißt du schon, wann du hier rauskommst? Ike kann es sicher kaum erwarten, dich wieder zu Hause zu haben.«
    »Ich hoffe, am Wochenende. So langsam fällt mir echt die Decke auf den Kopf.«
    Sie war nun seit drei Wochen und vier Tagen im Krankenhaus. Auch wenn sie davon zehn Tage im Koma gelegen hatte, wussten inzwischen alle, dass sie an einem Lagerkoller litt. Ginger konnte nun mal nicht allein sein. Sie konnte nun mal kein Krankenhausessen ertragen. Und sie konnte nun mal …
    »Ich brauche einen Drink.«
    … nicht abstinent leben.
    »Was?« Erschrocken verdaute ich diesen Informationsfetzen, dann stellte ich die Sonnenblumen auf den Tisch und drehte mich zu ihr um. »Willst du mich auf den Arm nehmen?«
    Ihre Elfenbeinhaut war völlig ungeschminkt und sah aus wie Alabaster. Einen Moment sah ich wieder das Mädchen vor mir, das sich aus meinem Zimmerfenster lehnte, mit einer Mentholzigarette im Mundwinkel und einem Wodka-Orange in der Hand und voller Überzeugung, die Coolste überhaupt zu sein. Süß und unschuldig. Dabei war Ginger nie süß und unschuldig gewesen. Sie war von Geburt an aggressiv und streitsüchtig, und ich bezweifelte, dass ihr schon jemand gesagt hatte, was ich ihr nun sagen würde.
    »Ginger, du darfst nicht mehr so viel trinken. Es tut mir leid, Süße, aber du wärst an dem Abend nie über diese Brüstung gestürzt, wenn du nicht völlig betrunken gewesen wärst.«
    Sie richtete sich auf und holte tief Luft. »Wie bitte?«
    Oh Gott! Verletzung und Zorn standen ihr mitten ins Gesicht geschrieben. Das würde nicht gut ausgehen. Aber in all den Stunden, die ich an ihrem Bett gesessen hatte, hatte ich viel nachgedacht und war zu einer Erkenntnis gelangt, die mich entsetzt hatte. Es wurde Zeit, darüber zu reden, denn wenn so etwas noch einmal passierte, würde ich mir nie verzeihen, nicht mit ihr gesprochen zu haben.
    »Ginger, ich sage das jetzt nur, weil ich mich echt um dich sorge – aber ich kann mich an keinen einzigen Abend erinnern, als wir zusammen aus waren und du nicht sturzbetrunken warst. Egal wann, zu jeder Gelegenheit, Geburtstag, Weihnachten … Das muss aufhören!«
    Ich begann zu weinen. Und das nicht nur, weil ich Angst hatte, jedes Wort könnte mein letztes sein, denn an ihrem Gesichtsausdruck sah ich, dass sie kurz vor dem Superausbruch stand.
    »Lou hat recht.« Überrascht drehten wir uns zur Tür um. Red stand mit einer großen Kentucky Fried Chicken -Tüte in der Tür. »Ist so. Schau mich nicht so an, Ginger. Wenn du willst, kannst du mich jetzt umbringen, aber ich schwör dir, ich nehm die Hähnchenschenkel mit ins Grab.«
    Damit war die Situation vorerst gerettet. Sicher hätte mir jedes Spezialeinsatzkommando dringend davon abgeraten, aber ich wagte mich trotzdem ins

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