Romana Exklusiv 0176
bisschen gutem Willen sollte es uns nicht so schwerfallen, Giovanni etwas vorzumachen, damit er sein Glück findet.“
„Ich vermute, er möchte in allen Einzelheiten wissen, wie es bei dem Ball war.“
„Das ist doch kein Problem. Ich sehe ihn nur noch kurz, um mich zu verabschieden, und Sie reisen auch bald ab.“
„Aber vielleicht stimmen unsere Geschichten nicht überein.“
„Ich bitte Sie, Luca“, erklärte Gaby, die langsam die Geduld verlor.
Luca stand ihr immer noch dicht gegenüber und kreuzte die Arme vor der Brust. Endlich sagte er: „Vielleicht bin ich mit Ihrem Plan einverstanden. Aber nur unter der Bedingung, dass Sie mir sagen, was Sie in Wirklichkeit vorhaben.“
„Ich wollte nach Loretello fahren, um zu sehen, ob ich den Bauernhof finde, auf dem einst meine Vorfahren gelebt haben. Da ich nicht viel Geld für solche Fahrten habe, bin ich nur einmal dort gewesen, aber ich habe nichts Interessantes herausgefunden. Jetzt spreche ich aber ein bisschen besser Italienisch, und ich hoffe, dass man mir erzählt, wie es früher dort ausgesehen hat.“
Luca strich sich unruhig durchs Haar und fragte: „Warum haben Sie Giovanni niemals gebeten, Sie dorthin zu begleiten? Er wäre Ihnen sicher eine große Hilfe gewesen.“
„Ganz einfach. Bis gestern Abend habe ich gedacht, dass er ein mittelloser Student sei. Er hat mich manchmal zu einem Eis eingeladen, aber ich dachte, er hat genauso wenig Geld wie ich.“
„Das ist ja einfach unglaublich!“, stieß Luca hervor.
„Und ich wollte auch nicht, dass er sich extra Zeit frei- nimmt von seiner Arbeit im Palazzo, um mich zu begleiten, da das doch bedeutet hätte, dass er weniger verdient. Da wäre ich ihm nur eine Last gewesen.“
„Ich hatte ja nicht die geringste Ahnung davon, dass mein Bruder so ein guter Schauspieler sein kann“, erwiderte Luca verblüfft. „Er sollte sich bei Ihnen entschuldigen. Genauso wie meine Mutter, die Sie bei dem Abendessen wirklich mies behandelt hat.“
„Das ist doch nicht wichtig. Und wir wissen beide genau, dass Giovanni es nur gut gemeint hat.“
„Sind Sie da so sicher?“ Gaby schreckte zusammen, da in Lucas Stimme ein ganz neuer Unterton lag. „Ich jedenfalls habe nicht vor, mich so seltsam wie mein Bruder zu benehmen.“
„Sie sollten nicht zu streng mit ihm sein. Für Giovanni sind Sie immer ein großes Vorbild gewesen. Er würde alles für Sie tun.“
„Vielleicht“, sagte Luca nachdenklich. Plötzlich fügte er hinzu: „Wissen Sie, was wir jetzt machen? Wir fahren nach Loretello. Es wäre doch gelacht, wenn wir bis heute Abend nichts über Ihre Vorfahren herausgefunden hätten. Auf geht’s.“
5. KAPITEL
Gaby gelang es kaum noch, einen klaren Gedanken zu fassen. Luca war nicht nach Rom gefahren. Ganz im Gegenteil, er war ihr nach Assisi gefolgt und schlug jetzt sogar vor, sie nach Loretello zu begleiten. Was hatte das alles nur zu bedeuten?
„Dort geht es lang, ich kenne eine Abkürzung zum Parkplatz“, sagte er, und sie folgte ihm, ohne dass sie recht wusste, wie ihr eigentlich geschah. Wenig später öffnete er ihr elegant die Beifahrertür des nachtblauen Sportwagens. Und schon ging die Reise durch die bezaubernde Landschaft los. Dieses Mal aber betrachtete Gaby sie nicht durch die Scheiben eines alten Reisebusses, nein, dieses Mal saß sie in einem schnittigen Wagen neben dem Mann, um den sich seit einigen Stunden alle ihre Gedanken drehten.
Immer wieder kamen sie durch kleine Dörfer mit schattigen Plätzen, wo alte Männer sich um einen Brunnen versammelt hatten. Als Gaby heute Morgen Urbino verlassen hatte, hätte sie nicht einmal im Traum daran zu denken gewagt, dass sie das alles noch sehen würde, bevor sie Italien verlassen musste.
Dann aber kam der Schmerz zurück. Gaby hatte sich in einen Mann verliebt, der sein Leben der Kirche gewidmet hatte. Wie sollte sie das jemals verwinden? Sie hatte nie zuvor einen Menschen kennengelernt, der Priester werden wollte. War das nicht der geeignete Augenblick, herauszufinden, was ihn zu dieser Wahl motiviert hatte? Ob Luca denn niemals in eine Frau verliebt gewesen war? Und sehnte er sich nicht auch danach, eine Familie mit vielen Kindern zu gründen?
Gaby hätte zu gern Antworten auf all diese Fragen gefunden, doch gleichzeitig fürchtete sie, zu neugierig zu erscheinen. Vielleicht hatte Giovanni seinem Bruder nicht gesagt, dass er ihr von seiner Zukunft als Priester erzählt hatte. Da Luca bis jetzt nicht das Geringste von sich
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