Romana Exklusiv 0176
Sie musste sich eingestehen, dass er genau der Mann war, nach dem sie sich immer schon gesehnt hatte. Die Zeit verging langsam, während Luca sich tief über das Kirchenbuch beugte. Gaby hatte schon alle Hoffnung aufgegeben und legte Luca eine Hand auf die Schulter.
„Ich denke, es hat keinen Sinn mehr“, sagte sie leise.
„Vielleicht, vielleicht auch nicht“, antwortete er. „Reichen Sie mir doch bitte die Lupe, die dort auf der Kommode liegt.“
„Sicher.“ Sie stand auf und tat wie geheißen. „Haben Sie etwas entdeckt?“
„Ich bin nicht sicher. Die nächsten zehn Seiten sind wirklich sehr schlecht zu lesen, mir ist es bis jetzt erst gelungen, einige wenige Namen zu entziffern.“ Er nahm das Buch vom Tisch auf und trug es zum Fenster hinüber, da dort das Licht besser war.
Endlich einmal durfte Gaby ihn ungestört betrachten, ohne dass das einen falschen Eindruck machte. Dabei konnte sie sich gut vorstellen, wie er wohl als Pater aussehen würde. Luca hatte nicht nur einen fantastischen Körper, es lag auch eine Ernsthaftigkeit in seiner ganzen Haltung, die ihm eine besondere Aura verlieh. Und trotzdem bildete sie sich ein, manchmal auch bei ihm einen sehnsuchtsvollen Ausdruck in seinen Augen gesehen zu haben, wenn er sie anschaute. Ob das wohl mehr zu bedeuten hatte? Entdeckte er vielleicht Gefühle in sich, die er sich nicht eingestehen durfte? Dann aber sagte Gaby sich entschieden, dass sie sich das alles wohl nur einbildete, da sie sich so sehr nach ihm sehnte.
„ Santa Maria!“, rief er plötzlich aus. „Oben auf der Seite fehlt das genaue Datum, aber soweit ich das feststellen kann, sind diese Seiten zwischen 1882 und 1885 geschrieben worden. Ein gewisser Vittore Ridolfihatte mit seiner Frau Amalia ein Kind auf den Namen Gabriella taufen lassen.“ In seinen dunklen Augen blitzte es auf. „Das ist die einzige Gabriella, die ich sowohl in Arcevia als auch hier gefunden habe. Schade nur, dass das Geburtsdatum nicht eingetragen ist. Der Name Ridolfikommt sehr häufig in dieser Gegend vor.“
Gaby spürte, wie tief Luca in die Sache vertieft war. Ruhig fragte sie: „Was meinen Sie, hat das zu bedeuten?“
„Vielleicht handelt es sich nicht um die wahren Eltern. Ich vermute, Sie haben das Kind adoptiert.“
„Sie meinen, es handelt sich vielleicht um eine außereheliche Schwangerschaft, und die Mutter hat beschlossen, ihr Kind zur Adoption freizugeben?“
Ein Muskel zuckte auf seiner Wange. „Das ist nicht unwahrscheinlich, auch wenn es natürlich noch viele andere Möglichkeiten gibt. Vielleicht sind die natürlichen Eltern umgekommen. Oder die Eltern konnten das Kind nicht behalten, da sie schon zu viele Mäuler zu stopfen hatten. Das ist damals nicht selten gewesen.“
Gaby gefiel diese Vorstellung überhaupt nicht. „Aber warum sollte Gabriella dann den Namen Trussardi angenommen haben?“
„Schwer zu sagen. Vielleicht haben ihre Adoptiveltern sie verstoßen. Aber was auch immer vorgefallen ist, ich denke, wir sind auf der richtigen Spur. Ich werde mich einmal mit dem Kirchendiener unterhalten. Er scheint schon über siebzig zu sein. Wenn es noch Nachfahren der Ridolfis in Loretello gibt, wird er es sicherlich wissen.“
Es war schon unglaublich, aber Luca schien mindestens genauso wie Gaby daran interessiert, das Rätsel um ihre Vorfahren zu lösen. Bevor sie die Kirche verließen, hatte der Kirchendiener ihnen noch die Adresse eines gewissen Carlo Ridolfigegeben, der nicht weit entfernt lebte. Doch als sie in dem Sportwagen Platz genommen hatten, bekam Gaby ein schlechtes Gewissen.
„Luca, ich bin Ihnen unendlich dankbar für Ihre Hilfe. Es ist schon ein Wunder, dass wir jemanden gefunden haben, der mein Vorfahre sein könnte. Aber vielleicht sollten wir es wirklich darauf beruhen lassen und nach Urbino zurückkehren.“ Da er nicht antwortete, fuhr sie nervös fort: „Schließlich reise ich morgen früh ab und habe noch sehr viel bis dahin zu erledigen.“
„So lange wir nichts Genaueres über Ihre Vorfahren herausgefunden haben, kehren wir nicht zurück“, erklärte er entschieden.
„Aber wenn das doch nicht möglich ist.“
„Das werden wir ja sehen.“ Entschlossen ließ er den Motor an und steuerte den Wagen auf die schmale Straße.
6. KAPITEL
Als sie endlich den abgelegenen Bauernhof gefunden hatten, auf dem Carlo Ridolfilebte, war die Sonne schon hinter den sanften Hügeln untergegangen und tauchte die Landschaft in sanftes, rötliches Licht. Luca hatte
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