Romana Exklusiv 0187
Sehnsucht. Sie konnte den Gedanken nicht ertragen, dass Leo ihre Sachen anfasste, und wenn sie anziehen würde, was er für sie gekauft hatte, würde sie sich wie das ehemalige Straßenmädchen vorkommen, für das er sie hielt. Ihr Stolz verlangte, dass sie die neuen Kleidungsstücke ablehnte, aber das brachte nichts, solange ihre alten verschwunden waren.
Und sie hatte sich so lange nichts Neues gekauft. Unterwäsche, ja, doch niemals so schöne wie die hier.
Tansy zog BH und Slip an. Wie hatte Leo nur die richtige BH-Größe erraten, obwohl sie ihre Brüste immer unter weiten Blusen versteckt hatte? Angekleidet ging Tansy zurück ins Badezimmer, um sich zu kämmen, und stellte fest, dass sich das terrakottafarbene T-Shirt keineswegs mit ihrem roten Haar biss. Die kräftige Farbe ließ es sogar weniger auffallend erscheinen und verlieh zudem ihrer Haut eine zarte Elfenbeintönung.
Zusätzlich zu all seinen anderen Sünden wusste Leo also auch noch besser als sie, welche Farben ihr gut standen. Natürlich achtete man in Secondhandshops nur darauf, ob etwas passte und wie lange es noch tragbar war, aber selbst wenn sie Geld für neue Sachen gehabt hätte, wäre sie nie auf die Idee gekommen, etwas in diesem Farbton zu kaufen!
Tansy zog ihre Schuhe an und ging streitsüchtig ins Wohnzimmer.
„Geben Sie auf“, sagte Leo, der ihren Blick zur verschlossenen Tür bemerkte. „Dann haben Sie es sehr viel leichter.“
„Sie, meinen Sie wohl“, erwiderte Tansy scharf. „Danke für die Sachen.“
Leo stellte einen Ständer mit Toastscheiben auf den Tisch. „Essen Sie. Warum habe ich nur das Gefühl, dass Sie es noch beleidigender finden, etwas zu tragen, das ich Ihnen gekauft habe, als von mir entführt zu werden?“
„Weil Sie intuitiv sind?“, fragte Tansy sarkastisch.
Er schaute sie nachdenklich an. „Betrachten Sie dies als Urlaub, spannen Sie aus, und Sie werden als neuer Mensch nach Wellington zurückkehren.“
Tansys Entschluss, kühl und beherrscht zu bleiben, geriet bei Leos ironischem Lächeln ins Wanken, doch sie unterdrückte ihre Wut und setzte sich, ohne eine Miene zu verziehen.
Obwohl sie keinen Hunger hatte, aß Tansy zwei Scheiben Toast und trank den Orangensaft, den Leo ihr einschenkte. Zu ihrer Erleichterung verzehrte er sein Frühstück schweigend. Hinterher räumten sie gemeinsam ab. Tansy spülte das Geschirr, Leo trocknete ab und stellte es weg.
Draußen schien die Sonne auf den stillen See und ließ die Wasseroberfläche funkeln. Im frühen Morgenlicht leuchteten die Hügel in unzähligen Grüntönen. Die dünnen Rauchfahnen aus heißen Quellen verliehen dem Buschland etwas Überirdisches. Kein Geräusch störte die Stille.
„Einer meiner Lieblingsplätze“, bemerkte Leo. „Angeln kann man hier auch gut. Ich habe meine erste Regenbogenforelle an diesem See gefangen.“
„Hängt sie ausgestopft in Ihrem Arbeitszimmer?“, fragte Tansy.
„Ich habe kein Arbeitszimmer, sondern ein Büro, und nein, natürlich ist sie nicht ausgestopft. Wir haben sie gegessen. Ich töte keine Tiere, die ich nicht essen will, ausgenommen solche, die eine ökologische Katastrophe auslösen können, wie Opossums oder Ratten.“
„Wie schön, dass Sie ein bisschen Moral haben.“
Leo lächelte. „Sie haben eine spitze Zunge. Oh, na gut, Sie haben wohl das Recht, ärgerlich auf mich zu sein.“
„Seien Sie nicht albern. Ärgerlich? Ich bin fuchsteufelswild!“
Sie erreichten Auckland am Mittag. Einmal hatte Tansy darum gebeten, dass sie an einer Raststätte hielten, weil sie auf eine Gelegenheit hoffte zu entkommen. Leo machte ihr erneut einen Strich durch die Rechnung. Er begleitete sie zur Toilette, die vergitterte Fenster hatte, und wartete vor der Tür, bis Tansy herauskam. Und obwohl Leo das unmöglich geplant haben konnte, war niemand in der Nähe.
Danach blickte Tansy wieder stur aus dem Fenster und sagte kein Wort mehr. Nicht, dass es Leo auch nur im Geringsten zu beeindrucken schien.
Kurz vor den Bombay Hills fragte er plötzlich: „Hat Ricky Ihnen erzählt, dass er als Baby sehr krank war?“
Unwillkürlich nickte Tansy.
„Vielleicht halten Sie Grace für besitzergreifend, aber sie ist durch die Hölle gegangen, besonders nachdem festgestellt worden war, dass es eine Erbkrankheit ist, die sie an ihn weitergegeben hat.“
Tansy presste die Lippen zusammen.
„Ich glaube, davon hat sich meine Stiefmutter nie richtig erholt. Immer hat sie sich schuldig gefühlt, wenn in Rickys
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