Romana Exklusiv 0187
„Bist du sicher, dass sie sich das nicht sowieso fragen werden? Meinst du wirklich, die Leute glauben, wir würden aus Liebe heiraten?“
Jacob lenkte den Wagen auf die Hauptstraße, die durch das Dorf führte. „Wer weiß? Die Zeit wird es zeigen.“
„Das klingt fast so, als würdest du große Hoffnungen hegen, was uns angeht. Wie rührend, Jacob. Ich hätte nie gedacht, dass du sentimental bist.“
„Ich bezweifle, dass du überhaupt etwas über mich weißt. Oh, ich bin sicher, dass du mich zu kennen glaubst. Es könnte sich jedoch herausstellen, dass ich in Wirklichkeit nicht dem Bild entspreche, das du dir von mir gemacht hast.“
„Das glaube ich nicht“, widersprach sie. „Ich hatte viele Jahre Zeit, mir eine Meinung über dich zu bilden. Große Überraschungen werde ich wohl kaum zu erwarten haben.“
„Viele Jahre?“ Jacob lachte rau, während er auf einen Parkplatz fuhr und den Motor abstellte. „Nun übertreib aber nicht, Helen.“
„Das ist nicht übertrieben. Du warst siebzehn, als du ins Dorf gekommen bist. Selbst damals wusste ich schon, wie du bist.“
„Wirklich? Du hast nichts über mich gewusst, meine süße kleine Helen. Deshalb hast du mich auch mit deinen großen grünen Augen so ängstlich angeschaut.“ Als er ihr Kinn umfasste, fühlten seine Finger sich kühl auf ihrer Haut an. Sein Gesicht war in der Dunkelheit kaum zu erkennen – bis auf die funkelnden Augen. Sein Blick war so eindringlich, dass Helen sich am liebsten abgewandt hätte, aus Angst, Jacob könnte etwas entdecken, von dessen Existenz sie selbst nichts wusste.
„Rede keinen Unsinn, Jacob. Das bildest du dir nur ein.“
„Keineswegs. Ich wusste, was du für mich empfindest – schon damals. Du warst ängstlich und fasziniert zugleich. Ich war eine unbekannte Größe in deiner kleinen, behüteten Welt. Im Grunde hat sich daran bis heute nichts geändert. Du hattest immer Angst davor, mir zu nahe zu kommen. Sonst hättest du sehen können, was wirklich los war.“
Sie entzog sich der beunruhigenden Berührung seiner Finger und funkelte ihn wütend an. „Bilde dir bloß nichts ein, Jacob Hunt. Du hast nichts Faszinierendes an dir. Du hast nur Ärger bedeutet, von dem Tag an, an dem du ins Dorf gekommen bist. So viele Kämpfe, wie du vom Zaun gebrochen hast, hat es nie zuvor gegeben. Glaubst du, ich hätte nie davon gehört?“
„Und natürlich war ich immer schuld.“ Er klang eher müde als verärgert. „Daran hat nie jemand gezweifelt, stimmt’s, Helen? Keiner hat sich je gefragt, ob ich nicht vielleicht das Opfer sein könnte.“
„Du ein Opfer? Das soll wohl ein Witz sein. Du warst viel zu hart im Nehmen, um irgendjemandes Opfer zu sein.“
„Vermutlich hat es nach außen hin so ausgesehen. Schließlich hatte ich viele Jahre Zeit gehabt, zu lernen, meine Gefühle zu verbergen.“
„Was willst du damit sagen?“
„Einfach nur, dass man mir mein Leben lang mit Vorurteilen begegnet ist. Meine Mutter ist eine stolze Frau. Sie hat nicht eingesehen, warum sie lügen sollte, nur um sich den Ansichten anderer anzupassen. Meinen Vater habe ich nie gekannt. Meine Mutter und er sind nie verheiratet gewesen. Als er sie verlassen hat, war ich noch ein Baby.
Ihr Fehler war es, eine ledige Mutter zu sein, die ihr Bestes tat, um ihr Kind zu versorgen. Sie hat von anderen nie etwas verlangt oder erwartet, doch leider haben die Leute die Dinge nicht so gesehen wie sie.“
Jacob lehnte sich in den Sitz zurück. Ein abwesender Ausdruck lag in seinem Gesicht, während er auf eine Vergangenheit zurückblickte, die Helen sich kaum vorstellen konnte.
„Ich habe schnell gelernt, mich selbst zu behaupten. Heutzutage ist es keine Schande mehr, unehelich geboren zu sein, doch damals dachten die Leute noch anders darüber.“
„Man hat sich erzählt, deine Mutter wäre verwitwet“, bemerkte sie leise.
Jacob verzog das Gesicht. „Das hat meine Mutter erzählt, weil sie all der Feindseligkeiten müde geworden war, als wir hierhergezogen sind. Aber das hat ihr niemand wirklich geglaubt, oder?“
Helen errötete. „Vergiss nicht, in einem Dorf kennt jeder jeden. In kleinen Gemeinden halten sich altmodische Wertvorstellungen länger als anderswo. Das ist heute noch so.“
„Das habe ich gemerkt.“ Er richtete sich auf, seine Miene war hart geworden. „Ärger hat es gegeben, aber nicht, weil ich ihn gesucht habe. Das brauchte ich gar nicht, denn jeder Jugendliche in meiner Nachbarschaft brannte darauf,
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