ROMANA EXKLUSIV Band 0173
Als sie aber eins der Bilder aufnahm, wurde es ihr von Robert sofort aus der Hand genommen.
„Ich komme allein zurecht“, sagte er bestimmt.
Marian verstand und nickte. Auch sie traf ihre Entscheidungen lieber allein und ungestört. „Schön. Ich werde uns einen Drink machen.“
„Danke, aber ich möchte keinen Drink“, sagte er in der gewohnt unterkühlten Art. Ohne Marian noch weiter zu beachten, wandte er sich dann den Gemälden zu.
Bitte!, dachte Marian gekränkt und ließ ihn allein.
Zwanzig Minuten später kam Robert ins Wohnzimmer, wo Marian es sich auf einem Rattansofa bequem gemacht hatte und in einer Zeitschrift blätterte.
„Nun, haben Sie etwas gefunden, was Ihnen gefällt?“
„Ja, drei Ölgemälde.“
„Schön.“ Sie streifte sich die Sandalen über die Füße und stand gemächlich auf.
„Sie klingen nicht gerade übermäßig begeistert angesichts der Tatsache, dass Sie drei Ihrer Gemälde verkauft haben“, bemerkte Robert, als er ihr ins Atelier zurück folgte. „Ich vermute, Sie haben keine Mühe, Ihre Arbeiten loszuwerden?“
„Die Acryl-Landschaften von der Insel gehen weg wie warme Semmeln“, erwiderte Marian fast trotzig.
„Das verstehe ich gut. Sie sind nicht der übliche Touristenramsch, sondern verraten, einmal abgesehen von der brillanten Technik, echte Leidenschaft und Intelligenz.“
Sie sah ihn überrascht an. „Danke“, sagte sie zögernd. „Ich darf annehmen, Sie sind ein Kunstkenner?“
Robert zuckte lässig mit den Schultern. „Ich weiß, was mir gefällt“, erwiderte er mit einem vielsagenden Lächeln.
Marian überging die Anspielung. „Aber ich wette, Sie wissen nicht wenig über Kunst.“
„Genug, um zu beurteilen, dass Sie Ihr Talent vergeuden, indem Sie hübsche Landschaften malen, die die Touristen an ihren Südseeurlaub erinnern. Wenn Sie zu solchen Arbeiten fähig sind, wie ich sie hier in Ihrem Atelier sehe, sollten Sie Ihr Leben nicht im Paradies des süßen Nichtstuns verschwenden.“
Marian wich seinem Blick aus. „Ich bin an regelmäßiges Essen gewöhnt und konnte mich nie zu der Überzeugung durchringen, dass ich lieber in einer Dachkammer darbe, als hin und wieder ein gefälliges Bild zu malen.“
„Warum interessiert sich keine Galerie für Ihre Arbeiten?“
„Wozu brauche ich eine Galerie? Ich kann auf Fala’isi Hunderte von Bildern verkaufen …“
„Ich spreche nicht von hier“, unterbrach er sie ruhig. „Diese Gemälde hier haben nichts mit Fala’isi zu tun, sondern sind Ihre Antwort auf Neuseeland. Sie sollten einen Galeriebesitzer in Auckland für Ihre Werke interessieren.“
Marian lächelte befangen. „Noch nicht.“
„Warum nicht?“, ließ er nicht locker.
„Weil ich in Auckland als Innenausstatterin bekannt bin. Können Sie sich vorstellen, welche Glaubwürdigkeit mir das als Künstlerin verleiht?“
„Als Innenausstatterin?“, fragte er überrascht.
Warum hatte sie nicht den Mund gehalten? Ihr Gefühl warnte sie, dass es gefährlich sei, diesem Mann zu viel über sich zu verraten. „Ja. Ich habe die Häuser anderer Leute eingerichtet. Und ich war gut in dem Job“, erwiderte sie kühl.
„Warum haben Sie es aufgegeben und sind hierhergekommen?“
Marian hielt seinem forschenden Blick entschlossen stand. „Ich brauchte einen Tapetenwechsel“, sagte sie spitz. „Fala’isi schien mir der ideale Ort.“
„Mit anderen Worten, es geht mich nichts an“, meinte Robert verblüffend direkt.
Er hatte sie durchschaut, und sie schämte sich ihrer Unhöflichkeit. „Nun, ich habe nicht vor, hier auf Dauer zu bleiben“, fügte sie versöhnlich hinzu. „Aber wo ließe es sich besser Urlaub machen als im Paradies?“
„Urlaub machen ja, aber nicht leben“, beharrte Robert. „Und Sie wirken auf mich nicht wie ein Mensch, der unüberlegt die Werbesprüche der Tourismusbranche übernimmt.“
Marian verkniff sich die Frage, für was für einen Menschen er sie denn halten würde, und sah sich stattdessen die Bilder an, für die er sich entschieden hatte. Seine Wahl überraschte sie nicht, so wie sie Robert Bannatyne bisher einschätzte. Das erste war eine sachliche, fast abstrakte Buschlandschaft mit Flusslauf. Das zweite war eine nächtliche Szenerie, wobei Marian bewusst die vordergründige Romantik im Zusammenspiel von Mondschein und Meer vermieden und stattdessen versucht hatte, die naturgemäße Isolation dreier kleiner Inseln am Fuß der Welt zu vermitteln. In beiden Bildern lebte und atmete
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