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Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition)

Titel: Ronin. Das Buch der Vergeltung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Kirk
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einer Residenz – nicht der größten, aber auch nicht der kleinsten –, neben denen weitere blau gewandete Samurai als Wachen postiert waren.
    Ein alter Samurai mit schlohweißem Haar empfing sie. Die Pracht seines Kimonos verriet Munisai, dass es sich um einen wichtigen Mann handeln musste. Mit verächtlichem Blick musterte er Munisai von Kopf bis Fuß und sah ihm schließlich in die herausfordernd blickenden Augen.
    «Wenn Ihr auch nur einen falschen Schritt auf unseren Herrn zumacht, werdet Ihr das an Ort und Stelle mit dem Leben bezahlen», ließ ihn der Alte wissen. «Mir ist egal, wie gut Ihr seid. Ich habe genug Männer, um Euch damit zu überschütten und zu ersäufen.»
    «Während Ihr selbst indessen in die entgegengesetzte Richtung weglaufen würdet, nehme ich an», knurrte Munisai, und sein Gegenüber blickte empört.
    «Ihr werdet Euch höflicher Umgangsformen befleißigen, und ich warne Euch: Wenn Ihr meinen Herrn, Fürst Shinmen, auch nur schief anguckt …»
    «Ich werde Euren Herrn nicht angreifen, es sei denn, er fängt an. Bringen wir’s hinter uns.»
    Er gab sein Langschwert ab, behielt aber, den Gebräuchen entsprechend, sein Kurzschwert. Der alte Samurai musterte es misstrauisch, klopfte dann in einem Code an die Tür, wartete, bis die diversen Schlösser geöffnet waren, und forderte Munisai mit einer Geste auf, ihm zu folgen.
    Sie betraten einen kleinen, schlichten Saal mit holzgetäfelten Wänden, in dem in ordentlichen Reihen mindestens zwanzig Samurai beieinandersaßen. Sie alle starrten den eintretenden Munisai zornig an, der aber interessierte sich mehr für den erhöht sitzenden Fürsten, denn das war nicht der Shinmen, den er erwartet hatte.
    Der alte Fürst war, nun ja, alt gewesen und musste in Munisais Abwesenheit verstorben sein. Der neue, jüngere beobachtete Munisai interessiert, während er hereinkam und sich in der Mitte des Saals niederließ. Die versammelten Samurai brachten mit Blicken und Gesten ihren Abscheu vor Munisai zum Ausdruck, Fürst Shinmen aber wirkte neugierig und rieb sich das Kinn, indes er Munisai musterte.
    «Man sagt, nach jahrzehntelanger Übung vermöchten manche Großmeister des Qi allein mit ihrer Willenskraft einen tödlichen Schlag zu führen, bevor ihr Gegner auch nur sein Schwert ziehen kann. Ihr aber, Munisai Hirata», sagte der Fürst in todernstem Ton, «Ihr, nehme ich an, landet einen tödlichen Hieb auf die Nase Eures Gegners, ehe dieser Euch auch nur erblickt hat.»
    «Was wollt Ihr von mir?», gab Munisai barsch zurück, verärgert von dem munteren Funkeln, das sich in Shinmens Augen zeigte.
    «Respekt!», fuhr ihn der weißhaarige Samurai an, der sich zu Shinmens Rechten niedergelassen hatte. Um dem Nachdruck zu verleihen, schlug er mit der flachen Hand auf den Boden, und es hallte quer durch den Saal.
    «Ich will wissen, warum Ihr Euch Euren Dienstpflichten mir gegenüber entzogen habt, Hirata», erwiderte der Fürst ganz ruhig und hielt dabei Munisais Blick stand. «Ich will wissen, warum ich jahrelang nichts von Euch gehört habe, erst als Ihr dann plötzlich bei diesem Turnier aufgetaucht seid. Ihr seid mein eingeschworener Gefolgsmann, oder?»
    «Ich bin keines Mannes Vasall», sagte Munisai.
    «Miyamoto gehört aber doch zu meinen Ländereien, nicht wahr?»
    «Ich bin keines Mannes Vasall», erklärte Munisai noch einmal. Sein Tonfall schien bei Shinmen den Wunsch zu wecken, dem weiter nachzugehen.
    «Eure Familie ist seit Jahrzehnten eidlich dazu bestellt, das Dorf Miyamoto zu regieren, ein Dorf, das sich innerhalb meiner Ländereien befindet, und daraus folgt doch wohl, dass Ihr durch Euer Blut verpflichtet seid, dem Shinmen-Clan zu dienen, oder etwa nicht?»
    Munisai starrte zornig zu Boden. «Das mag früher so gewesen sein. Aber die Dinge haben sich geändert. Die Hirata dienen niemandem mehr. Ich bin der letzte Hirata, und wenn Ihr weiter nichts zu sagen habt, werde ich jetzt gehen», sagte er langsam und in entschlossenem Ton und machte Anstalten aufzustehen.
    «Ihr geht erst, wenn man es Euch befiehlt!», bellte der Mann neben Shinmen und schlug wieder mit der Hand auf den Boden.
    «Ihr geht mir auf die Nerven, wisst Ihr das?», knurrte Munisai, die Zunge immer noch vom Alkohol gelöst. Das rutschte ihm so heraus, und da sein Tonfall etwas Bedrohliches hatte, sprangen die Samurai hinter ihm auf und wollten mit entrüstetem Schrei ihre Schwerter ziehen. Munisai hatte sich kaum vom Boden erhoben – er hatte den Grad seiner

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