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Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition)

Titel: Rosarote Nachrichten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cathy Lamb
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jeden Morgen, wenn ich aufwache und weiß, dass er bald auf den elektrischen Stuhl kommt, bin ich froh. Verdammt froh.« Sie räusperte sich. »Du bist eine hübsche Frau, Isabelle. Eine gute Frau.«
    »Danke, Momma.« Wir saßen ein paar Augenblicke zusammen, und ich wärmte mich an dieser so seltenen Mutterliebe.
    »Allerdings bist du zu dünn.« Sie spießte mich mit ihren Smaragdaugen auf. »Spindeldürr. Wie eine Vogelscheuche. Sieh zu, dass du was auf die Knochen bekommst. Cecilia ist immer noch zu fett, ich hab ihr gesagt, dass sie abnehmen muss, und als Janie hier war – oh, dieses Geklopfe!« Sie verdrehte die Augen. »Und dieses Zählen! Das hat sie nicht von meiner Seite der Familie, so viel ist sicher!«
    Damit lief das Fass über. Ich musste Momma einfach ärgern. Ich bin eine so böse Tochter. Ich räusperte mich. »Momma, es gibt etwas, worüber ich mit dir reden muss.« Ich holte tief Luft. »Du musst zurückkommen und in der Bäckerei arbeiten. Wir brauchen …«
    Momma riss die Augen auf und setzte sich im Bett auf, als hätte sie eine Feder im Rücken. »Das kommt überhaupt nicht infrage!«, schnaubte sie. »Hast du mir denn nicht zugehört? Bist du taub geworden, Isabelle Bommarito?« Sie hustete mehrfach, kniff die Augen zusammen, als kämpfte sie gegen einen gewaltigen Schmerzanfall, und ließ sich wieder in die Kissen fallen.
    Ich biss mir auf die Lippe.
    »Ich bin krank!«, krächzte sie. »Der Arzt wird mich in dieser Verfassung niemals aus diesem Rattenloch entlassen. Niemals.«
    »Aber wir brauchen dich.«
    »Das müsst ihr schon allein schaffen, Isabelle. Du und deine Schwestern. Ich habe jahrelang hart gearbeitet.« Sie wurde rot vor Zorn. »Ihr drei werdet zusammen doch wohl die Arbeit einer Einzelnen bewältigen. Könnt ihr Mädels das nicht?«
    »Es ist schwer, Momma …«
    »Genau wie das Leben, so ist es nun mal!«
    Beinahe hätte ich laut gelacht.
    »Momma, ich merke, wie dieser Besuch dich ermüdet. Schlaf du ruhig ein bisschen. Ich bleibe an deinem Bett sitzen, bis du eingeschlafen bist.«
    »O Gott, nein!«, entfuhr es ihr. Wieder sprangen ihre Augen auf. »Du bleibst nicht hier.«
    Ich unterdrückte das Lachen in meiner Kehle. Ich wusste, dass sie in wenigen Minuten aufbrechen musste, um sich Das Phantom der Oper anzusehen. Vorher wollte sie im Zentrum von Portland essen gehen. Momma hatte schon immer Das Phantom sehen wollen. Solange ich mich erinnern konnte. Sie kannte alle Songtexte auswendig.
    »Aber ja doch, Momma. Schlaf ruhig. Ich bleibe hier sitzen. Ich hab ja sonst nichts zu tun.«
    Sie erdolchte mich mit ihren strahlend grünen Augen. Ich tat so, als würde ich ihre rote Seidenbluse unter dem Nachthemd nicht sehen. Vermutlich hatte sie sich das Nachthemd in aller Eile über den Kopf gezogen, als sie mich kommen hörte.
    »Du gehst jetzt. Ich lasse mich nicht von meiner Tochter anstarren, während ich schlafe. Fahr nach Hause, Isabelle. Ich komme hier schon zurecht. Allein.«
    Seufzend ließ sie sich mit geschlossenen Augen wieder in die Kissen fallen. Sie räusperte sich. Sie hustete.
    »Na gut, Momma.« Ich hielt inne. Oh, wie sehr es mir gefiel, sie zu quälen. »Bist du dir wirklich sicher? Ich würde gerne bleiben. Ich bin auch ganz leise.«
    »Du gehst jetzt auf der Stelle, junge Dame. Auf der Stelle. Hast du mich verstanden?«
    Ich seufzte. »Okay, Momma.« Ich beugte mich vor, gab ihr einen Kuss und verabschiedete mich.
    Ich verließ das Zimmer, öffnete im Flur einen Wäscheschrank und schlüpfte hinein. Die Tür ließ ich einen Spaltbreit offen. Ungefähr drei Minuten später kam eine Gruppe älterer Menschen lachend und plaudernd den Flur entlang. Sie waren festlich gekleidet, blieben vor Mommas Zimmer stehen und klopften an.
    Die Tür schwang auf, und Momma trat heraus, prächtig ausstaffiert mit einem glänzenden, purpurroten Kleid und einem Spitzenschal, den ich noch nie gesehen hatte. Sinda hatte erzählt, Momma sei einkaufen gewesen …
    »Wunderschön, River, wunderschön!«
    »Bravo!«, rief einer der Männer. »Bravo!«
    Momma lächelte. Das tat mir in der Seele weh. Ich hatte Momma so selten mit solcher Hingabe und Freude lächeln sehen.
    »Seid ihr bereit?«, fragte sie und gab jedem ein Blatt Papier. »Ich habe die CD vom Phantom in meiner Handtasche, wir können alle im Auto mitsingen …«
    »Oh, wunderbare Idee, River!«
    »Hervorragend! Ich bin das Phantom …«, sang ein Mann im Bariton. »Das Phantom der Oooper!«
    Ich hielt mir die

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