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Rosen des Lebens

Rosen des Lebens

Titel: Rosen des Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: R Merle
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uns
     einen Dauphin schenkt!«
    Hier erhob ich mich tiefbewegt, meinen Kelch in der Hand. Fogacer tat das gleiche, und wir stießen frohen Herzens auf den
     künftigen Thronfolger an.
    Also ging alles bestens bei den Bourbonen, nur bei meinen Guises nicht. Ende März brauten sich über meiner Familie schwere
     Wolken zusammen. Wenn ich mich recht entsinne, klopfte sozusagen vor Tau und Tag ein Laufbursche an meine Tür im Louvre und
     überbrachte ein nur mit G. gezeichnetes Billett für mich, das aber nach Schrift und Orthographie unverkennbar der mütterlichen
     Hand entstammte.
     
    »Mein Sönhen,
    Ih wais nich mer anwelh Heilgen mih wenden! Komd Heudnahmidak mih besuchn. Charles, Claude und Louise-Marguerite komn auh.
    Euer Armpatin G.«
     
    |281| Beim Himmel, dachte ich, meine ganze schreckliche Guise-Familie auf einmal: der regierende Herzog, die verwitwete Herzogin,
     der Herzog von Chevreuse, die Prinzessin Conti und ich, der Halbbruder! Aber falsch: Ein Guise fehlt bei diesem Familienrat,
     der Kardinal, Erzbischof von Reims. Sicher kann er nicht unter uns weilen, und den Grund dafür kenne ich nur zu gut.
    Als ich um zwei Uhr nachmittags bei meiner lieben Patin anlangte, konnte ich sicher sein, daß ich der erste war, und ich erhoffte
     mir eine liebevolle Plauderei mit ihr unter vier Augen, und nicht, wie sie es bei solchen Familienzusammenkünften liebte,
     einen quasi königlich zeremoniellen Empfang.
    Ihr
maggiordomo,
Monsieur de Réchignevoisin, empfing mich an der Schwelle. Mit seiner gewohnten Geschmeidigkeit raunte er mir zu: »Die Frau
     Herzogin wird heilfroh sein, Euch zu sehen, Herr Graf. Erst gestern sagte sie in meinem Beisein zu Madame de Guercheville,
     wie sehr sie Euch herbeisehne.« Und während er mit seiner weibischen Stimme, die bei einem Mann seines Wuchses und seiner
     Fülle verwunderte, auf mich einsprach, nahm er meinen Arm, den er liebevoll tätschelte, und führte mich wie ein Knäblein zum
     kleinen Salon. Ich hätte den Weg auch ohne ihn gefunden, sogar mit verbundenen Augen.
    Quick und ursprünglich wie immer, ohne zu bedenken, wer sie war, erhob sich Madame de Guise bei meinem Anblick und kam mir
     entgegen, indem sie mich mit ihren blauen Augen umfing. Und ohne mir Zeit zum Handkuß zu lassen, breitete sie ihre molligen
     Arme.
    »Ach, mein Pierre«, rief sie, indem sie mich an ihren warmen Busen drückte, »wie freue ich mich, Euch zu sehen! Ihr seid doch
     mein Bester, das habe ich erst gestern wieder zu Madame de Guercheville gesagt. Geb’s Gott, daß meine anderen Söhne sich ein
     Beispiel an Euch nehmen, aber daran ist leider nicht zu denken!«
    Hierauf begann die Klagelitanei über ihre Kinder und deren vergangene, gegenwärtige und zukünftige Missetaten, die ich nun
     wahrlich schon auswendig kannte.
    »Aber jetzt der Kardinal!« fuhr sie fort, indem sie ihre kurzen Arme rang. »Es ist wirklich der Gipfel! Eine solche Scharte
     ist mir noch nicht geschlagen worden! Entehrt die |282| Familie! Die Würdelosigkeit in roter Robe! Und gewalttätig werden, er, ein christlicher Priester! Ach, können die Kirche Frankreichs
     und der Papst jetzt stolz sein auf einen solchen Erzbischof!«
    Ich wußte nicht, was ich hierauf antworten sollte, und nahm eine betretene Miene an, als wäre ich der Sünder.
    Da klopfte Monsieur de Réchignevoisin, und mit einer Stimme, der er vergebens Tiefe zu geben suchte, verkündete er: »Monseigneur,
     der Herzog von Guise! Monseigneur, der Herzog von Chevreuse!«
    Nun besann sich Madame de Guise ihrer selbst und ließ sich in einem Lehnstuhl nieder, die Arme aufgelehnt in königlicher Haltung.
     Hereintrat der Herzog Charles von Guise, gefolgt von seinem jüngeren Bruder, der ihn um Haupteslänge überragte und dennoch
     durch eine Nuance in der Kopfhaltung zu erkennen gab, daß dem regierenden Herzog der Vorrang gebührte.
    Nacheinander fielen sie vor der verwitweten Herzogin von Guise ins Knie, und während sie ehrerbietig ihre beringte Hand küßten,
     hätte man glauben können, sie wären die liebreichsten und gehorsamsten Söhne. Als sie sich erhoben, machte ich einige Schritte
     auf sie zu, und indem ich meinen Hut lüftete, verneigte ich mich vor ihnen gemäß ihrer Bedeutung. Charles erwiderte meinen
     Gruß mit einer gewissen Distanz – ganz unnötigerweise, denn nicht einmal im Traum hätte ich daran gedacht, diese Distanz auch
     nur um ein Deut zu überschreiten. Ich kannte sein dürres Herz. Claude hingegen trat auf mich zu,

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