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Rost

Titel: Rost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Meyer
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Nicht so, als wenn du’s bei Charles
Schwab anlegst. Besorg dir etwas Billiges, Benzinsparendes. Von Toyota
oder so. Er überlegte, aber, nein, der alte Wagen, der Camaro, hatte ihm nicht
einen Aufriss eingebracht, der nicht auch ohne abgegangen wäre. »Mösenmagnet«
hatten die vom Hotrod Shop das Auto angepriesen, aber
das war großer Quatsch. Man konnte Leuten nicht vertrauen, die so einen Mist
erzählten. Dieses Auto war ein Loser, aus und fertig. Ganz wie seine Mutter es
vorhergesehen hatte.
    Er würde es im Internet verkaufen, eine Anzeige aufgeben, wenn er in
die Bücherei ging, um die Uni-Bewerbungen zu erledigen. Irgendein dummer Typ
würde es kaufen, so wie er’s getan hatte. Er würde sich dann einen alten Civic
oder Tercel holen, was Benzinsparendes. Solltest dich mal hören, dachte er.
Willst dir ’nen echten Kleinwagen anschaffen. Undenkbar noch vor vier Wochen,
du veränderst dich. Veränderst dich, kannst dabei zusehen. Er holte Schlauch
und Eimer, spritzte Laub und Dreck vom Auto ab, dann holte er das Spezial-Auto-Reinigungsmittel
und schäumte den Camaro ein, so würde er für einen Käufer besser aussehen. Er
hatte immer noch die Boxershorts an. Fühlte sich gut an, so in der Sonne
rumzulaufen, beinah nackt, er spürte, wie die Hitze auf ihm lag.
    Dann hörte er, wie jemand auf der Straße näher kam, es klang ganz
wie der Plymouth seiner Mutter. Dass sie so früh heimkam, traf ihn unerwartet,
aber nun – mit ihren Händen wurde es tagtäglich schlimmer. Noch so etwas, das
er nicht bedacht hatte – dass bald schon seine Mutter nicht mehr arbeiten
konnte, zumindest nicht mehr viel. Der Winter war für sie die Hölle. Ihren
Wagen stellte sie neben den Trailer, und da war sie, seine Mutter, für die
Kirche angezogen, während er in Unterhosen in der Einfahrt stand, fast ein Uhr
nachmittags. Sie schüttelte den Kopf, und zwar nicht freundlich. Das zu sehen
gefiel ihr gar nicht.
    »Ich verkaufe ihn«, sagte er, um es wiedergutzumachen, dass sie ihn
in diesem Aufzug erwischt hatte.
    Sie betrachtete ihn nur.
    »Den Wagen. Ich besorg mir was, das fährt. Ich gehe auf die Uni. Im
September, wenn ich’s schaffe.«
    Kein Wort von ihr.
    »Werde diesen Trainer von dem Colgate College mal anrufen«, fuhr er
fort. »Er hat gesagt, ich könnte jederzeit darauf zurückkommen. Und sicher
gibt’s noch andere Orte. Jedenfalls, September bin ich an der Uni, und auch
nicht an irgendeiner California University of Pennsylvania.«
    »Aha«, sagte sie und ging hoch auf die Veranda. Offenkundig glaubte
sie ihm nicht.
    »Ich mein das ernst«, sagte er.
    Sie ging rein.
    Er folgte ihr. Er sah sich um nach einer Hose, als ob ihn das glaubwürdiger
wirken ließe.
    »Willst du wirklich hin?«, fragte sie. »Oder sagst du’s nur, damit
ich keine Miete von dir haben will.«
    »Ich gehe hin«, sagte er. »Ich geh in die Bücherei und hole mir die
Formulare. Damit sie so schnell wie möglich in der Post sind.«
    »Was ist mit den Briefen deiner Lehrer, den Kopien deiner Zeugnisse?«
    »Stimmt«, sagte er. »Das mach ich auch.« Den Teil hatte er glatt
vergessen.
    »Billy?«
    »Ja?«
    »Du bist ein guter Junge.« Sie umarmte ihn, aber, das merkte er, sie
glaubte ihm noch immer nicht. Wer konnte ihr das vorwerfen? Er hatte Hunger und
ging an den Kühlschrank, nichts drin, was er wollte. Dann ein Blick in die
Gefriertruhe auf der Veranda, doch auch die war beinah leer. Ein Stückchen Wild
könnt jetzt nichts schaden. Losziehen und einen Hirsch schießen – ja, Wilderei
–, das lag in der Familie. Es gab eh zu viele Hirsche, dauernd wurde zwar die
Jagdsaison verlängert, aber die vermehrten sich zu schnell, da war ein bisschen
Wilderei kein großes Ding. Fünfzig Pfund Wildfleisch, das war bares Geld. Obwohl
da seine Mutter nichts von anrührte.
    Nachdem er angezogen war, holte er die Kaliber . 30 – 30 vom Gestell, eine Winchester 94 ,
bevor Winchester den Bach runterging, diese Flinte war jetzt fünfzig Jahre alt.
Top-eject, so wie Gott es wollte, ohne Sucher – der war nur für Leute, die
nicht schießen konnten. Ein Original-Lyman-Dioptervisier dran. Man hätte meinen
können, dass es das Gewehr von seinem Vater oder Großvater war, aber keiner von
beiden war dazu fähig oder interessiert daran, etwas so Schönes gut zu pflegen.
Poe hatte Geld gespart und es sich selbst gekauft, vorbei an all den klobigen
moderneren Modellen, die zum größten Teil aus Plastik waren und die Hälfte
kosteten.
    Er steckte sich ein paar

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