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Rost

Titel: Rost Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Meyer
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unsere schwarzen Brüder hier das Sagen haben, oder?«
    Clovis rückte seine Mütze unmerklich zurecht und sagte: »Doch, glaub
schon.«
    Black Larry seufzte hörbar.
    »Erstens«, sagte Clovis, »siehst du hier was von den kleinen Losern,
oder sind sie immer noch hinter den Scheißtüren da eingesperrt? Und zweitens,
keine weiteren dummen Anfängerfragen, okay, Fisch?«
    »Tschuldigung«, sagte Poe. »Bin ja grad erst angekommen.«
    »Ey, Fisch, das wissen wir doch«, sagte Clovis.
    »Mein Prozess war auch noch nicht.«
    »Jetzt hört euch den an«, sagte Clovis.
    »Damit gehst du lieber nicht los und erzählst es irgendwelchen
Leuten«, sagte Dwayne. »Nur uns.«
    »Ja. Tschuldigung«, sagte Poe noch einmal. Er hatte das Gefühl, es
zu versauen, war sich unsicher, was er am besten sagen sollte. Lieber still
sein.
    »Ist schon gut«, sagte Black Larry. »Du bist unter Freunden.«
    »Aber Kopf hoch, ist das klar?«, betonte Clovis. »Weil dich nämlich
alle hier genau abchecken werden, wann du endlich die Scheißjammerlappenfresse
ablegst. Ganz egal, wie gut du kämpfst, kannst hier nicht rumlaufen wie ein
verdammter Clown.«
    Die anderen beiden nickten.
    »Geht in Ordnung«, sagte Poe. »Ich hab’s gehört.«
    »Er hat’s gehört«, echote Clovis.
    »Hat er, laut und deutlich.« Dazu grinste Poe, die anderen beiden
lächelten, nur Clovis nicht, der schüttelte den Kopf.
    »Wir müssen mal ’ne Runde drehen, er und ich«, sagte Dwayne, »dass
er sich die Hände waschen kann. Der andere da hat den Scheiß-Ninja.«
    »Little Man?«, fragte Black Larry.
    »Und ob.«
    »Wer ist das, Little Man?«
    »Der Typ, den du geschlagen hast. Er hat das Virus.«
    Poes Blick sprach wohl Bände.
    » AIDS «, sagte Dwayne und wies Poe an,
seine Hände auszustrecken, die er beinah zärtlich nahm und musterte, da waren
kleine Wunden und getrocknetes Blut, aber wessen Blut, das konnte Poe nicht
sagen.
    »Hast du Seife?«, fragte Dwayne.
    »Nein.«
    »Geb ich dir aus meiner Zelle.«
    Larry sagte: »Danach muss er eine Zeitlang unauffällig bleiben. Bis
die Sache mit den DC -Blacks geklärt ist
jedenfalls.«
    Dwayne nickte. Er ging los, doch Poe stand stocksteif da, er würde
diesem riesigen, tattoobedeckten Glatzkopf nicht in eine Zelle folgen, unter
dem Gelächter all der Männer.
    »Mach dir nicht ins Hemd, Mann«, sagte Dwayne. »Ich hab nicht vor,
dir irgendwas in deinen Arsch zu schieben.«
    ***
    Dwayne hatte eine Zelle ganz für sich, drei Teppiche auf dem
Boden und einen blauen Vorhang mit der Heiligen Jungfrau Maria drauf. Die Zelle
lag am Ende eines Blocks, deshalb kam Licht sowohl durchs Zellenfenster als
auch durch das große Fenster auf dem Gang herein.
    »Den hab ich vom Hospiz«, sagte er, auf den Vorhang deutend.
    Als Poe sich die Hände wusch, roch er Lavendel. War keine Gefängnisseife.
Die hier roch wie eine, die auch Lee hätte benutzen können, und er wusch sich
gleich ein zweites Mal die Hände. »Wie ist das Zeug denn hier reingekommen.«
    »Da gibt’s zehn Millionen Wege«, sagte Dwayne. »Besucher, Wärter,
alle gehen und kommen zurück, mindestens einmal täglich.«
    Poe verzog wohl das Gesicht, denn Dwayne fuhr fort:
    »Die kriegen 18000 jährlich. Wenn du ihnen
ein paar Tausend anbietest, um dir was zu besorgen, gibt’s nicht viele, die da
nein sagen.«
    »Und werden sie erwischt, fällt doch alles auf dich zurück.«
    »Ich habe dreimal lebenslänglich«, sagte Dwayne. »Was sollen die mir
tun?«
    ***
    Später nachmittags war er zurück in seiner Zelle. Dort sollte
er bleiben, hatten sie zu ihm gesagt, bis sie ihn morgen früh abholten, also
würde er halt schlafen, Füße zu den Gittern und den Kopf zur Kloschüssel hin, damit
keiner reinfassen und ihm womöglich eine Schlinge um den Hals legen konnte. Es
drang nur spärlich Licht herein, die Fensterscheibe war dasselbe Billigplastik
wie im Polizeirevier, gelb-blind vom Sonneneinfall, alle Teile
höchstwahrscheinlich von derselben Firma produziert und eingebaut, die so mit
vollen Händen Geld kassierte. Irgendwo gab es Gefängnisbarone, so wie die
Stahlbarone früher.
    Unten auf der Hauptetage seines Zellenblocks lief wieder Jerry Springer , Tanten, die mit ihren Neffen bumsten, irgendsowas,
vielleicht nicht genau das, aber deshalb guckten sich die Leute solche Shows
doch an, weil sie auf sowas hofften, hatte er früher genauso gemacht, aber
jetzt fand er sie nur geschmacklos. Von den Insassen hörte man Anfeuerungsrufe.
Ihm fiel auf, dass erden Lärm

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