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Rot wie Schnee

Rot wie Schnee

Titel: Rot wie Schnee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: dtv
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Da schlich Gonzo nur noch.
    Tessie, unterstützt von Eva, hielt den Service aufrecht, und Evas Respekt vor ihr wuchs immer weiter.
    Um halb zehn wurde es ruhig. Die letzten Desserts waren fertig zum Servieren, die Golfgesellschaft war abgezogen, nachdem sie noch eine Stunde an der Bar herumgehangen hatte. Die übrigen Gäste bezahlten und gingen. Eva setzte sich in die Küche. Donald hatte angefangen, den Fleischherd sauber zu machen, Feo legte bei einigen Desserts letzte Hand an, bot Eva ein Glas an, das sie dankend ablehnte. Johnny räumte auf, wickelte die Lebensmittel in Plastikfolie und legte sie in die Kühlung.
    Måns, der Barkeeper, kam zu ihnen in die Küche.
    »Telefon für dich, Eva. Du kannst es hier drinnen annehmen«, schob er schnell nach und verschwand.
    Eva sah sich verwirrt um. Feo deutete auf die Wand, an der das Telefon hing. Die Kinder, dachte sie und sah Patriks blutiges Gesicht vor sich.
    Sie hörte zu, sagte nicht mehr als »ja« und »nein« und »natürlich«, und hängte ein.
    »Ich muss nach Hause«, sagte sie. »Ich muss für heute Schluss machen.«
    |117| »Ist was passiert?«
    Automatisch schüttelte sie den Kopf, aber besann sich.
    »Das war die Polizei«, sagte sie.
    »Die Polizei?«, wiederholte Feo.
    »Und ausgerechnet heute bin ich mit dem Fahrrad da«, schniefte sie. »Kann einer von euch ein Taxi bestellen?«
    »Ich kann dich bringen«, sagte Johnny und legte die Schürze ab. »Ich bin heute mit dem Auto gekommen. Ihr schafft das hier wohl allein?«
    Donald nickte.
     
    Vor dem Eingang stand ein Streifenwagen. Eine Gruppe Jugendlicher hatte sich auf dem Hof versammelt. Eva erkannte einige davon, Klassenkameraden von Hugo und Patrik waren darunter.
    Johnny begleitete Eva nach drinnen. Während der Fahrt hatte sie kein Wort zur Erklärung gesagt. Sie war unruhig, saß angespannt vorgebeugt auf dem Beifahrersitz, eine Hand lag auf der Ablage. Ihre Unruhe übertrug sich auf Johnny.
    In der Küche saßen zwei Polizisten, eine Frau und ein Mann. Zwei fremde und erschreckende Menschen in ihrer Küche, gigantische Physiognomien, die den ganzen Raum ausfüllten, so kamen sie Eva vor. Sie bekam es mit der Angst zu tun.
    Es gibt keine Sicherheit, dachte sie. Alles geht den Bach runter. Die Freude über die letzte Woche, den neuen Job, die neue Frisur und das neue Leben, alles war wie weggeblasen.
    »Was ist passiert? Wo ist Patrik?«
    Sie starrte Hugo an, der eingeklemmt zwischen der Wand und dem Polizisten saß.
    »Komm her!«
    Er stand auf und stellte sich hinter sie.
    »Wir suchen Patrik. Wir haben eine Anzeige bekommen wegen Misshandlung, und wir haben Anlass zu glauben, dass er mitgemacht hat.«
    |118| Die Polizistin hatte das Wort ergriffen.
    »Patrik? Patrik soll jemanden misshandelt haben?«
    »Wollen Sie sich nicht setzen?«
    Eva schüttelte den Kopf, plötzlich verbittert, dass die zwei ihre Wohnung besetzt hatten, ihre Küche. Hier war Platz für Eva, Patrik und Hugo und niemanden sonst!
    »War es nötig, mit dem Streifenwagen vor dem Haus vorzufahren?«, fragte Johnny.
    »Wer sind Sie? Sind Sie Patriks Vater?«
    »Ich bin ein Kollege von Eva«, sagte Johnny. »Ich habe Eva hierhergefahren.«
    »Sie können uns jetzt allein lassen.«
    »Er bleibt!«, sagte Eva mit fester Stimme.
    »Okay«, sagte der Polizist. »Wir wissen, dass gestern Abend ein Mann hier in der Gegend misshandelt wurde. Heute Abend wurde ein Mann niedergestochen. Wir haben Anlass zu glauben, dass es sich um denselben Mann handelt. Er wird im Krankenhaus behandelt. Er ist ziemlich übel dran.«
    Während er sprach, wandte er kein Auge von Eva.
    »Wir glauben, dass Patrik zu den Beteiligten gehört. Dafür, dass er dort war, gibt es ein paar Zeugen, jedenfalls für gestern Abend. Wissen Sie, wo Ihr Sohn ist?«
    »Nein, ich komme direkt von der Arbeit.«
    »Sie wissen also weder, wo Ihr Sohn gestern war, noch wo er jetzt ist?«
    »Wie heißen Sie?«
    »Ich habe mich vorhin vorgestellt, aber ich kann es noch einmal tun. Ich heiße Harry Andersson, und meine Kollegin heißt Barbro Liljendahl.«
    »Haben Sie Kinder?«
    Er nickte.
    »Wie alt?«
    »Das hat mit der Sache nichts zu tun.«
    »Wissen Sie ganz genau, was sie im Augenblick tun?«
    |119| »Das ist in diesem Zusammenhang irrelevant.«
    »Komm nicht hierher, du kleiner Scheißer, und erzähl mir, wie ich meine Söhne zu erziehen habe!«
    »Ich verstehe ja, dass Sie aufgeregt sind, und wir wollen Sie selbstverständlich nicht kritisieren, das ist nicht unser Job.

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