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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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hatte ihre Sonnengläser verloren; eine Kugel aus
schwarzem Metall bewegte sich in ihrer vernähten
Augenhöhle. Lees Gewehr lag vor ihren Füßen auf dem
Boden. Sie trat es beiseite, hob ihr Messer.
    Lee nahm die Position des Wütenden Kranichs ein, den linken
Fuß hinter das rechte Knie gesteckt, die Arme halb erhoben, die
Ellbogen wie Flügel nach außen gestreckt.
    Die Söldnerin lachte und warf ihr Messer weg. Dann war sie
über ihm.
    Sie wirbelten und traten umher unter Streitrössern, die in
Zeitlupen-Panik zurückwichen. Lee machte einen Satz über
ein Roß hinweg, um Mary Makepeace Gaias Angriff zu entgehen,
landete in einer kauernden Stellung und bewegte dabei den Körper
hin und her. Der scharfe Schmerz zersplitterter Rippen erstarb, als
Viren die Nerven beruhigten. Die Kante seiner rechten Hand stach, wo
er sie an der Seite des Kopfes erwischt hatte.
    Erneut kam sie auf ihn zu, doch diesmal stürmte Lee
vorwärts, um ihr zu begegnen. Sie flogen aneinander
vorüber, die Beine in einem komplizierten Ballett gespreizt.
Sein rechter Fuß traf sie unter der Achselhöhle, aber sie
packte ihn am Fußknöchel und drehte. Er fiel mit
gespreizten Gliedmaßen in den Staub, wälzte sich von dem
wie in Zeitlupe heranstürmenden Streitroß weg, spürte
einen Windzug, und wälzte sich erneut herum, so daß der
Tritt der Söldnerin ihn bloß an der Hüfte streifte,
statt ihm das Rückgrat zu brechen.
    Lee sprang, halb in der Hocke, auf, der rechte
Fußknöchel wie Gummi, und er fühlte sich an, als
wäre er in Eis getaucht, Eis umhüllte seine Rippen, seine
Hüfte, eine Linie von Eis zog sich den Rücken hinab, sein
Hemd klebte vor Blut und Staub an ihm.
    Erneut kam die Söldnerin auf ihn zu. Lee duckte sich unter
den stampfenden Beinen zweier Streitrösser, als sie durch den
Springenden Tiger, die Zuschlagende Schlange, die Zuschlagende
Gottesanbeterin, die Zuschlagende Spinne ging. Lees Körper
konterte in einem Wirbel von Armen und Beinen; während sie in
rasender Schnelligkeit Haltungen durchgingen und zuschlugen,
wirbelten sie durch den Staub, Rauch und das Gemetzel auf dem Platz,
übersprangen brennende Lastwagen, wichen Trümmern aus, die
einer dem anderen zuschleuderte, wichen Kugeln aus. Beide Seiten
feuerten auf sie – glücklicherweise dachte niemand daran,
einen Laser über den Platz zu schwenken. Zweimal schnappte sich
Lee Waffen von der unglückseligen Kavallerie, und zweimal schlug
sie ihm die Söldnerin aus den Händen. Langsam wurde er auf
die Stolperdraht-Barrikade am anderen Ende des Platzes
zurückgedrängt.
    Die Söldnerin fintete links, dann rechts, als er versuchte,
auszubrechen. Und dann hielt sie inne. Lee beobachtete sie, wieder in
der Position des Wütenden Kranichs, jedoch hatte er den rechten
Fuß hinter das linke Knie gesteckt. Schweiß brach ihm
jetzt aus und lief über die fieberheiße Haut.
    »Nicht schlecht für einen Anfänger«, sagte die
Söldnerin. Und dann lag er auf dem Rücken, sah zu ihr auf,
mit dem rosafarbenen Himmel dahinter. Der Eisengeschmack von Staub
dörrte ihm die Kehle aus.
    »Jetzt gehörst du mir«, sagte sie.
    Da sprang ihr Chen Yao auf den Rücken.
    Lee wälzte sich weg, hieb einen Soldaten nieder und nahm sein
Gewehr. Mary Makepeace Gaia lachte. Sie hielt Chen Yao an einem Arm
und einem Bein vor sich. Sie rief nur zwei Worte. Sie rollten und
rasselten um den Platz.
    »Ergib dich!«
    Das Gewehr summte und bewegte sich in Lees Händen, als er die
Söldnerin damit verfolgte. Er sagte: »Also brauchst du mich
lebend.«
    »Ergib dich! Ich verschone das kleine Mädchen.«
    Lee ließ das Gewehr fallen und hob die Hände. Im
nächsten Augenblick lag er wieder auf dem Rücken. Mary
Makepeace Gaia grinste auf ihn herab und boxte ihn dreimal, und er
konnte nicht atmen, konnte sich nicht bewegen, und alles fiel in
normale Geschwindigkeit zurück.
    »Ich brauche nur einen kleinen Teil von dir lebend«,
sagte die Söldnerin.
    »Verschone das Mädchen. Du hast es versprochen.«
Die Worte quetschten sich aus dem Schraubstock heraus, der seine
Brust war.
    »Ich habe gelogen. Du wirst ihr beim Sterben zusehen
können. Dann bist du an der Reihe.«
    Und dann wurde die Söldnerin niedergeschlagen. Sie sprang auf
und wurde erneut niedergeschlagen, den rechten Arm zerschmettert. Der
dritte Schuß traf den Boden neben ihrem Kopf und wirbelte sie
davon. Lee erhaschte einen Blick auf den Kapitän des Schwarzen Drachen, der am Rand des Dachs einer Arkade stand,
das lange Gewehr gehoben.

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