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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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unter
seiner Filtermaske; Chen Yao blickte sich kühl um und sagte:
»Wir werden es hier bequemer haben.«
    »Dafür werde ich sorgen«, sagte der Computer und
schloß die Kabinenhaube. Die andere Gig war bereits hinter
ihnen zurückgefallen. Einen Augenblick lang schlug ihr Segel
müßig, fing dann den Wind ein und blähte sich voll
auf, als es weglavierte, sich wieder Ichun zuwandte.
    Chen Yao und Redd hatten die Gig gestohlen, um Lee zu folgen. Es
war Chen Yaos Idee gewesen; Redd behauptete, er wäre
zufällig vorbeigekommen, um nach ihr zu schauen. Sie waren mit
der letzten Aufzugswiege hinabgefahren, weg von der Zerstörung
Ichuns und der Rückkehr seiner überlebenden Einwohner. Die
meisten aus der Garnison waren im Kampf gegen die eigenen Kameraden
gefallen, aber vielen Einwohnern war die Flucht über den Kanal
gelungen.
    »Der Kapitän des Schwarzen Drachens hat den
Rückzug organisiert«, sagte Chen Yao. »Er hat die
Brücke sprengen lassen.«
    »Fernsehcrews sind aufgetaucht«, sagte Redd. »Von
drei der kommerziellen Kanäle. Das hat die Soldaten an der
Verfolgung gehindert, und die Friedenstauben daran gehindert, den
Rückzug zu attackieren. Ich schätze, jeder auf dem Mars
wird gesehen haben, was die Sprachrohr-des-Volkes-Armee getan
hat.« In leiserem Tonfall fügte er hinzu: »Die Frau,
die deine Schwester getötet hat, ist entwischt. Tut mir leid,
Lee. Ich habe versucht, sie zu verfolgen, aber sie ist
verschwunden.«
    Lee sagte: »Ich glaube, wir werden sie wiedersehen.«
    »Das nächste Mal bin ich bereit«, versicherte
Redd.
    »Ich freue mich, euch beide zu sehen«, sagte Lee,
»aber euch muß klar sein, daß ihr hier in
größerer Gefahr schwebt als jemals in Ichun. Es ist ein
schwieriger Weg, dem ich folge. Es ist klar, daß Krieg nicht
die Antwort ist. Ich bin kein Anführer, noch kann ich die Idee
gutheißen, daß Menschen für das sterben, was sie als
meine Sache erachten.«
    »Sieht mir nach einem unerklärten Krieg aus, der da
gekämpft wird«, erwiderte Redd. »Du kannst dir nicht
die Schuld für das geben, was in Ichun geschehen ist.«
    »Unschuldige Menschen starben. Sie wußten nicht einmal,
wofür sie wirklich gekämpft haben.«
    »Freiheit«, sagte Redd. »Die wollen wir doch alle,
stimmt’s?«
    Chen Yao sagte: »Wei Lee, ich wette, du hast deinen Computer
nicht einmal gefragt, welches dein Weg ist.«
    »Nun, er hat mir gesagt, wir fahren zum Tigerberg, aber das
wußte ich bereits. Wird sonst noch etwas von mir
erwartet?«
    Der Computer sagte: »Die Frau sagte mir, daß du, sobald
du einmal den Tigerberg erreicht hättest, deinen eigenen Weg
fändest, Herr.«
    Chen Yao sagte mit zunehmender Qual: »Ist das alles? Das kann
nicht alles sein, was sie gesagt hat! Sie sollte wissen, wie man die
Verteidigungsanlagen schachmatt setzt. Deswegen ist sie
hergekommen!«
    »Ich glaube nicht, daß der Transfer sehr genau gewesen
ist«, sagte Lee. Er versuchte, die Erinnerung an die Zeit vor
seinem Erwachen aufzurufen, als die fragmenthaften Erinnerungen von
Miriam Makepeace Mbele die Kontrolle über seinen Körper
gehabt hatten, aber er hatte noch immer wenig Kontrolle über das
Menü seiner eidetischen Einrichtungen. Spezielle Einzelheiten
lagen gerade außer Reichweite, wie ein unausgesprochenes Wort,
das ihm auf der Zunge lag.
    Chen Yao sagte etwas. Lee öffnete die Augen. Nein, sie
standen bereits offen. Es war einfach nur so, daß er sie nicht
benutzt hatte.
    Chen Yao sagte: »Tu das niemals wieder!«
    Hinter ihr sagte Redd: »Du warst eine lange Zeit
hinüber, Billy Lee. Wir sind so was wie besorgt
geworden.«
    Lee blinzelte. Die Sonne hatte sich weiterbewegt. Er hatte einen
Krampf im rechten Bein, wo es zusammengekrümmt unter dem linken
gelegen hatte. Noch während er den Schmerz spürte, fing er
zu schwinden an. Der Computer sagte ihm, daß er mehr als drei
Stunden in einer Trance gelegen hätte, und Lee erkannte
allmählich, wie gefährlich seine von den Viren errichteten
Kräfte waren. Er konnte darin verschwinden und niemals wieder
auftauchen.
    »Ich habe Wache gehalten, während du… hinüber
warst«, sagte Redd. »Ich denke, wir nähern uns diesem
Berg.«
    »Die Sorge um die Navigation überläßt du
mir«, meinte der Computer. »Die Spitze des Tigerbergs mag
ein gutes Stück über dem Horizont liegen, aber wir haben
noch einen weiten Weg vor uns. Wir haben die Ebene des Himmels fast
durchquert, aber wir müssen noch immer über die Ebene des
Gartens der Ewigen Seligkeit

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