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Roter Staub

Roter Staub

Titel: Roter Staub Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul J. McAuley
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nach den schwarzen Kieselinseln zu picken. Etwas
zwischen den Wacholderbüschen gab ein hohes Piepen von sich. Es
war ein wilder, sauberer, sicherer, einsamer Platz, der letzte
Außenposten des Lebens.
    Eine Bergbesteigung, sagte Lee zu den anderen, war wie die
Wiederholung der Veränderungen der Welt.
    »Auf mehr als eine Weise«, sagte Li Pe. Im
Schneidersitz, die schwarzen Kleider lose um die knochige Gestalt,
die schwarze Kapuze über das lederne Gesicht gezogen.
Zusammengekauert im Dämmerlicht neben dem rauschenden Wildwasser
sagte er: »Hier oben lebt niemand. Nicht einmal die Wilden. Und
dann eine Steinwüste, ohne genügend Luft zum Atmen. Ein
Ort, wo nur die Maschinen leben können. Wir reisen in die
Zukunft. Das ist keine Welt für uns.«
    »Das versuchen wir aufzuhalten«, sagte Redd. »Wenn
wir gewinnen, werden die Regen wiederkehren.«
    Li Qing drückte ihrem Bruder die Hand. »Wir alle haben
unser Leben in der Stadt und ihren Wäldern verbracht«,
sagte sie. »Dies ist ein wilder und fremdartiger Ort, aber er
ist anders, nichts weiter.«
    »Das sind nicht die richtigen Worte«, sagte Vette.
»Ich sehe Spuren von Menschen, und Zeichen, die sie einander
hinterlassen. Es wird kalt. Komm schon, Lee, wir gehen, wir holen das
Feuerholz.«
    In dem Halbdunkel unter dem Wacholder, auf der anderen Seite des
Wildwassers, fragte Lee: »Was möchtest du sie nicht
hören lassen?«
    Vette war dabei, trockene Zweige aufzuhäufen, die von dem
frostigen Wetter silbrig ausgebleicht waren. Sie sagte ausdruckslos:
»Möchte wissen, wer folgt.«
    »Du kannst Yankee mit mir sprechen, Vette. Du hast jemanden
gesehen?«
    »Ich hab’ gedacht, du wüßtest es.«
    »Nun, ich bin nicht unfehlbar.«
    »Er ist sehr schnell, stellt es jedoch nicht schlau an, sich
zu verstecken«, sagte Vette. Ihr stumpfes, ehrliches Gesicht
trug einen ernsthaften Ausdruck hinter der Maske ihrer
Tätowierungen. »Er hat sich weit hinter uns gehalten, und
ich habe nie richtig erkennen können, wie er aussah. Wenn wir
auf den Grat hinaufklettern, können wir ihn vielleicht
sehen.«
    »Ich möchte unsere Fahrgäste nicht im Stich
lassen.«
    »Sie haben diese Kinder überlebt. Sie sind zäher
als du glaubst. Laß den Cowboy sich um sie sorgen, und diesen
kleinen Flegel.«
    »Sie kann nichts für ihr Benehmen. Sie hat ein seltsames
Leben gehabt… Abgesehen davon brauche ich sie. Sie weiß
eine Menge Dinge. Aber ich habe keine Ahnung, was ich mit dem Bruder
und der Schwester anstellen soll, Vette. Oder mit dir und Redd. Es
ist gefährlich dort, wohin ich gehe. Gut bewacht, da bin ich mir
sicher. Ich habe gewisse… Eigenschaften, die mir beim
Überleben helfen können. Aber Li Pe und Li
Qing…«
    »Sie sind bloß Menschen. Ich auch. Aber ich habe mit
ihnen gesprochen, während du die Maschinen gesucht hast. Sie
kennen die Geheimnisse des Bergs. Ihre Leute haben die Forste
gepflegt und die Leute gekannt, die den Berg zu einem heiligen Ort
gemacht haben. Der Berg steigt über die Luft hinaus. Kannst du
ohne zu atmen leben? Sie sagen, dort oben gibt es Lager, wo die
Arbeiter im Sommer lebten. Dort mögen seltsame Wissenschaften
zurückgeblieben sein.«
    »Die Alten kennen die Welt.«
    »Natürlich.« Vette ließ ihre Ladung Feuerholz
fallen und klopfte sich die Hände ab. »Ich werde den Grat
hinaufklettern. Willst du mitkommen und deinen magischen Gesichtssinn
benutzen?«
    »Wenn wir Zeit haben, muß ich dir die Sache mit den
Viren erklären.«
    Vette lachte. »Ich möchte dir deine Wissenschaft nicht
stehlen!« sagte sie und lief, von Fels zu Fels springend, durch
die Bäume davon.
    Lee folgte. Zunächst erlaubte er ihr, ein wenig Vorsprung zu
ergattern, dann hatte er Schwierigkeiten, sich ihrem Schritt
anzupassen. Sie ließen die verkrüppelten Birken hinter
sich, kletterten einen steilen glatten Hang hinauf, wo sich
überall unter den Füßen spröde orangefarbene,
braune und grüne Hecken von Flechten ausbreiteten.
    Die Luft war zu dünn. Jeder Atemzug war tiefer als der
vorherige, dennoch pochte Lees Herz immer lauter, eine Trommel, die
in seinem Kopf schlug. Er erreichte den Gipfel keuchend und
stolpernd, mußte sich auf einen Lavahöcker setzen,
während er in sich hineinhorchte und herausfand, wie er die
sauerstofftragenden Viren durch sein Blut fluten lassen mußte.
Der Trommelschlag verlangsamte sich, und die Welt wurde klarer.
    Er ging über die Lava, zu Vette, die auf einem schroffen
Lavastück stand, das über eine steile Klippe

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