Rotes Gold: Ein kulinarischer Krimi. Xavier Kieffers zweiter Fall
los.«
»Yatsuishi«, wimmerte der Japaner.
»Der japanische Großkonzern? Wer noch?«
»Niemand sonst. Yatsuishi hat alles finanziert.«
Kieffer ließ Hondas lädierte Hand los. »Da ist noch eine letzte Sache. Der Caterer.«
Der Japaner schien nicht zu verstehen. »Was?«
»Sie haben am Tag von Mifunes Tod einen Cateringdienst engagiert, der Ihre Tane und Netas in einem Kühlwagen zum Musée d’Orsay geschafft hat.«
»Ja, und?«
»Wie hieß der?«
»Marquis Catering. Eine Pariser Firma, wir arbeiten seit Jahren mit ihnen zusammen, soweit ich weiß.«
Kieffer griff nach Toros Buch und klemmte es sich unter den Arm. Dann verließ er ohne ein weiteres Wort das Restaurant.
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24
»Bist du denn auch absolut sicher, dass dich niemand gesehen hat? Oder steht hier demnächst die Polizei vor der Tür?« Der sonst allgegenwärtige spöttische Unterton war aus Vatanens Stimme gewichen, seine Augen verrieten echte Besorgnis. »Das ist etwas anderes als beim letzten Mal, Xavier. Ein Mord mitten in Paris, sie werden die ganze Nachbarschaft befragen, und wenn dich irgendjemand gesehen hat …«, der Finne strich mit einer Hand über die rissige Holzplatte des Gartentischs, »… dann brauchst du einen verdammt guten Anwalt.«
Kieffer schüttelte den Kopf. »Niemand hat mich gesehen. Glaube ich zumindest.« Er zündete sich eine weitere Ducal an und knüllte das leere Päckchen zusammen. Es war früher Nachmittag, und er hatte bereits zwei Schachteln geraucht. Er würde für den Abend eine dritte benötigen, was selbst für seine Verhältnisse ein bisschen viel war. Sie saßen in Kieffers Garten. Er hatte Vatanen hergebeten, weil ihm sein Häuschen in Grund als geeigneter für ein Krisengespräch erschienen war als die belebte Terrasse des »Deux Eglises«. Das Domizil des Kochs lag in einer kleinen Straße, welche die Einheimischen Tilleschgass nannten, die auf dem Stadtplan jedoch als Rue St. Ulric verzeichnet war. Hinter deren dicht aneinandergedrängten alten Häuschen floss die Alzette vorbei, sodass man in Kieffers kleinem Garten ungestört war, von fremden Blicken abgeschirmt, trotz der Touristenkohorten, die an schönen Tagen die pittoreske ville basse durchstreiften. Er schenkte Vatanen Kaffee nach. »Oder willst du schon einen Wein?«
Der Finne schüttelte den Kopf. »Nein, ich muss heute tatsächlich noch etwas arbeiten, die nächste Brüsseler Ausschusssitzung droht. Weißt du denn inzwischen wenigstens, wie die ganze Sache gelaufen ist?«
Kieffer drehte seine Zigarette zwischen Daumen und Zeigefinger hin und her. »Ich weiß schon einiges. Aber nicht, wie es zusammenpasst. Trebarca Silva, einer der wichtigsten Thunfischbarone Europas, hatte Probleme mit den Behörden und musste seine Ranches vor Cartagena dichtmachen. Gleichzeitig, oder vielleicht davor oder danach, hat er sich mit Europas berühmtestem Sushimeister zusammengetan, um eine neue Thunranch aufzuziehen. Hintergrund der Sache ist offenbar, dass Bluefin immer knapper wird. Die beiden haben sich mit einem japanischen Unternehmen namens Yatsuishi zusammengetan, das einen großen Teil des Thunhandels auf dem Tsukiji kontrolliert.«
»Yatsuishi? Verkaufen die nicht vor allem hässliche Kleinwagen?«
»Die verkaufen alles, darunter auch Bluefin. Ihrem Investor haben Silva und Mifune vermutlich versprochen, ihn mit Fisch zu beliefern, in bester Qualität, obwohl das Mittelmeer fast leer ist.«
»Wie soll das gehen? Alvarez hat uns doch erklärt, dass man Thun nicht züchten kann.«
»Ich habe keine Ahnung, Pekka. Honda hat mir gebeichtet, dass es eine Ranch gibt, auf der Trebarca Silva seine neue Fang- oder Zuchtmethode ausprobiert.«
Vatanen rührte in seinem Kaffee herum. »Ist diese Ranch dort zu finden, wo das Futter hingeliefert wurde? Dazu gab es doch Koordinaten.«
»Die hat Valérie auf einer Satellitenkarte überprüft. Es gibt da eine kleine Insel, aber auf der ist nichts zu sehen.«
»Weil da nichts ist, oder weil man nichts sieht?«
»Wissen wir nicht.«
Der Finne strich sich mit beiden Händen über das Gesicht. »Ich würde gerne noch ein wenig hier mit dir in deiner lauschigen Laube sitzen und auf einer Rieslingwelle gemütlich in den Feierabend surfen – aber ich muss zurück auf den Kirchberg. Gibt es nicht irgendeine andere Spur?«
»Es gibt einen Cateringservice, der am Abend von Mifunes Tod das Sushi ins Orsay geliefert hat. Valérie hat mich darauf gebracht, dass dessen Mitarbeiter theoretisch die
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