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Roulette des Herzens

Roulette des Herzens

Titel: Roulette des Herzens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Kleypas
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Vertrauen zu mir«, erwiderte Sara scharf.
    »An seiner Stelle würde ich Ihnen nicht trauen.« Derek geriet in eine boshafte Stimmung. »Ich würde Sie in, jeder verdammten Minute des Tages um mich behalten. Nein, ich würde Ihnen eine mit einer Eisenkugel beschwerte Kette anlegen lassen, weil ich weiß, dass Sie sonst davonrennen würden, um in der nächsten dunklen Gasse bei jedem Halsabschneider und jeder Filzlaus, die Sie auftreiben können, zu recherchieren.«
    Sara verschränkte die Arme und betrachtete, flüchtig die Lippen zusammenpressend, missbilligend Mr. Craven. »Es besteht kein Grund, mich anzuschreien, Sir.«
    »Ich habe Sie nicht…« Er schwieg, da ihm bewusst wurde, dass er sie tatsächlich angeschrien hatte. Das war etwas, das er sonst nie tat. Erstaunt rieb er sich das Kinn und starrte sie an. Wie eine neugierige Eule erwiderte sie seinen Blick. Ihre furchtlose Haltung reizte ihn wahnsinnig. Begriff denn niemand, wie sehr sie jemanden brauchte, der auf sie achtgab? Es sollte ihr nicht erlaubt sein, allein durch London, durch Londons finsterste Gegenden, zu wandern. Um Gottes willen, sie hätte jetzt auch nicht mit ihm allein sein dürfen. Sie war ihm schutzlos ausgeliefert.
    Er betrachtete sie und begriff, dass hinter der Wolke von Rüschen und der Brille eine attraktive Frau steckte. Sie wäre anziehend, wenn sie sich nicht wie eine alte Schachtel kleiden würde. Er hob die Hand an ihre gebauschte Haube und befingerte ein Stück Spitze. »Warum tragen Sie dieses Ding dauernd?«
    Überrascht machte Sara den Mund auf. »Um mein Haar an Ort und Stelle zu halten.«
    Derek betastete wieder den Spitzenbesatz. Eine eigenartige Spannung schien den Raum zu erfüllen. »Nehmen Sie das Ding ab.«
    Einen Moment lang stockte Sara der Atem. Mr. Cravens intensiver Blick verweilte auf ihr, Niemand hatte sie je so angeschaut. Ihr war heiß und kalt, und sie fehlte sich unerträglich nervös. Sie sprang auf und wich einige Schritte zurück. »Ich befürchte, ich habe nicht die Zeit, auf Ihre Launen einzugehen, Mr. Craven. Für jetzt ist meine Arbeit beendet. Ich muss gehen. Guten Abend.«
    Sie floh aus dem Raum und ließ alle ihre Habseligkeiten zurück sogar das Ridikül. Derek schaute den kleinen Beutel an und wartete darauf, dass sie zurückkehrte. Nachdem eine Minute verstrichen war, wusste er, dass Miss Fielding später, wenn nicht mehr die Gefahr bestand, ihm zu begegnen, zurückkommen würde. Er nahm den Beutel an sich, setzte sich richtig auf den Schreibtisch und ließ nonchalant ein Bein baumeln. Dann lockerte er die seidene Kordel des Ridiküls und schaute in den Beutel. Er sah einige Pfundnoten, ein winziges Notizbuch, einen Bleistift und die Pistole. Er lächelte trocken, griff tiefer in das Ridikül und stieß auf einige Münzen sowie ein Taschentuch.
    Er nahm das ordentlich gebügelte Leinentuch heraus und hielt es ans Gesicht. Er glaubte, er werde den Geruch eines Parfüms oder eines Duftwassers wahrnehmen, doch das war nicht der Fall.
    Ganz unten im Ridikül lag eine weitere Brille. Derek untersuchte sie genau, die runden Gläser, den zerbrechlichen Stahlrahmen, die kleinen abgerundeten Enden der Bügel. Er blinzelte durch die Gläser auf das, was Miss Fielding geschrieben hatte. Nachdem er die Bügel zusammengeklappt hatte, steckte er die Brille in seine Jackentasche und machte das Ridikül zu. Sobald Miss Fielding feststellte, dass die Brille verschwunden war, würde sie annehmen, sie irgendwo liegengelassen zu haben, wie sie das so häufig tat. Das war der erste richtige Diebstahl, den Derek in zehn Jahren begangen hatte. Aber er hatte die Brille haben müssen. Er wollte etwas besitzen, das Miss Fielding gehörte.
    Er legte das Ridikül auf dem Schreibtisch wieder so hin, wie Miss Fielding es zurückgelassen hatte, steckte die Hände in die Taschen und begann, sich ohne ein bestimmtes Ziel auf den Weg zu machen. Er dachte an die Art, wie Worthy tags zuvor Miss Fieldings Loblied gesungen hatte. Nicht einmal Lily war imstande gewesen, das Faktotum zu solch verehrungsvollen Äußerungen zu bewegen.
    »Sie ist eine Dame von Stand«, hatte Worthy auf eine von Dereks boshaften Bemerkungen hin geäußert. »Sie behandelt jeden, dem sie begegnet, mit Freundlichkeit und Höflichkeit, sogar die Mädchen. Ehe sie abends den Club verlässt, schreibt sie freiwillig Briefe, die ihr von einigen Analphabeten unter den Dienstboten diktiert wurden, damit sie ihren Angehörigen eine Nachricht zukommen lassen

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