Roulette des Herzens
Sicherheit sind.« Ivo hob die Fäuste, als seien sie gefährliche Waffen.
Das Wagendach erbebte und brach ein, weil Menschen darauf geklettert waren. Verzweifelt überlegte Sara, wie sie sich schützen könne. Gott allein wusste, wo ihr Ridikül war. Ohne die Pistole war sie schutzlos. Die Tür wurde aufgerissen. Beim grausigen Anblick eines Dutzends Hände, die nach ihr griffen, schrie Sara auf.
Enthusiastisch sprang Ivo aus der offenen Tür und landete auf drei Männern. Wild drosch er um sich und hieb wie eine durch das reife Korn sausende Sense auf den Pöbel ein. Sara sprang hinter ihm her. Sie griff nach seinen Rockschößen, klammerte sich daran und folgte ihm gesenkten Kopfes. Sie biß die Zähne zusammen, während sie von den Leuten gestoßen und rücksichtslos geschubst wurde. Wunderbarerweise brachte man das Gerangel hinter sich. Außer Atem hielt sie sich am stämmigen Arm ihres Begleiters fest. »Bringen Sie mich hier weg, Mr. Jenner«, bat sie ihn.
Er lachte sie an. Seine Augen leuchteten vor Aufregung. »Kein Gefallen an einer kleinen Schlägerei, äh?«
Sara blickte zur Kutsche zurück, die von den Leuten demoliert wurde. »Die Pferde«, sagte, sie ängstlich, weil sie um die Sicherheit der Tiere fürchtete. Die Aufrührer hatten das Gespann ausgeschirrt und führten es fort.
Ivos Belustigung ließ etwas nach. »Meine Pferde! Ich habe ein Vermögen für sie gezahlt.« Er ließ seine Begleiterin stehen und hetzte hinter den Dieben her »Halt, ihr Diebsgesindel. Die Pferde gehören mir!«
»Mr. Jenner!« rief Sara ihm hinterher. Er schien sie jedoch nicht gehört zu haben.
Es sah so aus, als müsse sie für sich selbst einstehen. Vorsichtig bahnte, sie sich durch die Straßen einen Weg.
Plünderer, die Arme voller gestohlener Sachen, hasteten an ihr vorbei. Eine Flasche flog an ihrem Kopf vorbei und krachte auf den Bürgersteig. Sie zuckte zusammen, hielt sich enger an den Häuserwänden und Ausschau nach einem zufällig anwesenden Polizisten oder einem Nachtwächter. Ihre Mühe war vergebens. Die verwahrlosten Häuser wurden von rötlichem Feuerschein erhellt. Sie wusste nicht, in welche Richtung sie ging, hoffte jedoch, nicht in einem Diebesnest zu landen. Sie kam an einem Gingeschäft vorbei und an einer übelriechenden Dränage.
Die Leute schwärmten ziellos von einer Straßenseite zur anderen, stritten sich, stießen blutrünstige Schreie aus und schleuderten Steine und Hölzer durch die Luft.
Sara zog die Kapuze tief ins Gesicht und stolperte um eine Reihe hölzerner Pfosten, die aus dem gepflasterten Boden ragten. Die wohlige Benommenheit, in die der genossene Wein sie versetzt hatte, war verflogen. Sie war nüchtern und verstört.
»Verdamm«, sagte sie leise bei jedem Schritt. »Verdammt, verdammt, verdammt.«
»Nanu, wen haben wir denn hier?«
Jäh blieb sie stehen, als sie die breite Silhouette eines Mannes vor sich sah. Er war wie ein Dandy gekleidet, seine feine Garderobe jedoch in Unordnung. Er war genau die Art von jungem Stutzer, die Mr. Cravens Club frequentierte, sich in Elendsvierteln herumtrieb, an Fuchsjagden teilnahm und Prostituierte aufsuchte. Diese Leute spielten, tranken und waren Schürzenjäger, nur um sich die Langeweile zu vertreiben. Zwar waren sie leichtfertige Liederjane, aber dennoch von Geburt Gentlemen. Sara war erleichtert, da sie wusste, dass dieser Mann sie aus Ehrgefühl in Sicherheit bringen werde.
»Sir…«
»Kommt her, Kameraden, und lernt das bezauberndste Vögelchen kennen, das ich soeben entdeckt habe«, rief er unsichtbaren Begleitern zu.
Sogleich wurde sie von drei glucksenden jungen Männern umringt, die alle nach Alkohol stanken. Sie umzingelten sie und äußerten sich begeistert über ihren Fund. Alarmiert sagte Sara: »Sir, ich habe mich verlaufen. Bitte, bringen Sie mich von hier fort, oder gehen Sie mir wenigstens aus dem Weg, damit ich weiter kann.«
»Ich bringe dich genau an den Ort, wo du hingehörst, mein süßes Kätzchen«, versprach der Mann mit lüsternem Grinsen und ließ die Hände über Saras Busen gleiten. Mit einem halberstickten Schrei sprang sie zurück und wurde von den Begleitern des Weiberhelden aufgehalten. Sie hielten sie fest und lachten über ihren Widerstand.
»Wohin sollen wir sie bringen?« fragte einer der Männer.
»Zur Brücke«, antwortete ein anderer rasch. »Ich kenne genau die Stelle, wo wir sie vernaschen können. Jeder wartet, bis er an der Reihe ist, wie sich das für einen Gentleman
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