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Rousseau's Bekenntnisse

Rousseau's Bekenntnisse

Titel: Rousseau's Bekenntnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jean Jacques Rousseau
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senden, irre zu leiten. Er hatte mir, und vielleicht absichtlich, viel von der Freiheit der Presse in Avignon erzählt und mir seine Dienste für den Fall angeboten, daß ich dort etwas drucken lassen wollte. Ich benutzte dieses Anerbieten und schickte ihm meine ersten Hefte nach und nach durch die Post zu. Nachdem er sie ziemlich lange behalten hatte, schickte er sie mir mit der Erklärung zurück, daß kein Buchhändler die Herausgabe zu übernehmen gewagt hätte, und so war ich genöthigt, auf Rey zurückzukommen, wobei ich die Vorsicht anwandte, immer nur ein Heft nach dem andern abzusenden und jedes folgende erst nach der Anzeige von dem Empfange des vorhergehenden aus der Hand zu lassen. Vor der Veröffentlichung des Werkes erfuhr ich, daß es in den Bureaux der Minister gesehen worden war und Herr von Escherny aus Neuschâtel erzählte nur von einem Buche, der »Mann vom Berge«, das, wie ihm Holbach gesagt hatte, von mir sein sollte. Ich gab ihm die Versicherung, ich hätte, wie es ja auch richtig war, nie ein Buch geschrieben, welches diesen Titel führte. Als die Briefe erschienen, war er rasend, und zieh mich der Lüge, obgleich ich ihm nur die Wahrheit gesagt hatte. Ich erhielt dadurch jedoch die Gewißheit, daß mein Manuscript bekannt geworden war. Reys Treue sicher, mußte ich meinen Vermuthungen eine andere Richtung geben, und die, an der ich am liebsten festhielt, war, daß meine Packete auf der Post geöffnet waren.
    Eine andere Bekanntschaft ungefähr aus der nämlichen Zeit, die ich anfangs nur durch brieflichen Verkehr machte, war die mit einem Herrn Laliand aus Nimes, der von Paris aus an mich schrieb, um mich um die Uebersendung meiner Silhouette zu bitten, die er nach seiner Versicherung für meine Marmorbüste bedurfte, welche er von Le Moine anfertigen ließe, um sie in seiner Bibliothek aufzustellen. War diese Schmeichelei dazu ersonnen, um mich für den Schreiber freundlich zu stimmen, so erreichte sie ihren Zweck vollständig. Ein Mann, der meine Marmorbüste in seiner Bibliothek haben wollte, mußte meines Bedünkens von meinen Werken, folglich auch von meinen Grundsätzen voll sein und mich als eine verwandte Seele lieben. Dieser Gedanke mußte mir selbstverständlich verführerisch erscheinen. Später habe ich Herrn Laliaud gesehen. Ich habe ihn sehr beflissen gefunden, mir viele kleine Dienste zu leisten und sich in meine kleinen Angelegenheiten zu mischen; aber was das Uebrige anlangt, so zweifle ich, daß eine meiner Schriften zu der kleinen Zahl von Büchern gehörte, die er in seinem Leben gelesen hat. Ich weiß nicht, ob er eine Bibliothek besitzt und ein solches Ding zu benutzen versteht; und was die Büste anlangt, so handelte es sich lediglich um einen schlechten, von Le Moine ausgeführten Versuch in Gyps, nach dem er ein scheußliches Porträt hat in Kupfer stechen lassen, das überall unter meinem Namen die Runde macht, als ob es irgend eine Aehnlichkeit mit mir hätte.
    Der einzige Franzose, der mich aus Vorliebe für meine Gesinnungen und Werke zu besuchen schien, war ein junger Offizier vom Regiments Limousin, Namens Seguier von Saint-Brisson, den man durch ziemlich liebenswürdige Talente und durch etwas zur Schau getragene Schöngeisterei in Paris und in der Welt glänzen sah und vielleicht noch sieht. Er hatte mich den Winter vor Eintritt meines Unglücks in Montmorency besucht. Ich entdeckte an ihm eine Lebhaftigkeit der Empfindung, die mich angenehm berührte. Er schrieb später an mich nach Motiers, und sei es, daß er mir schmeicheln wollte, oder daß ihm der »Emil« wirklich den Kopf schwindeln machte, er zeigte mir an, daß er, um unabhängig zu leben, den Dienst verließe und die Tischlerei lernte. Er hatte noch einen älteren Bruder, einen Hauptmann in demselben Regimente, der der Augapfel der Mutter war. Eine überspannte Frömmlerin und völlig unter der Leitung ich weiß nicht welches Tartuffes von Abbé stehend, behandelte sie den jüngeren Sohn sehr schlecht, den sie des Unglaubens und sogar des unverzeihlichen Verbrechens bezichtigte, mit mir in freundschaftlichem Verkehre zu stehen. Das waren die Klaggründe, um deren willen er mit seiner Mutter brechen wollte und den erwähnten Entschluß gefaßt hatte; es war ihm nur darum zu thun, den kleinen »Emil« zu spielen.
    Ueber diese Unbesonnenheit bestürzt, beeilte ich mich, an ihn zu schreiben, um ihn zur Aenderung seines Entschlusses zu bewegen, und ich legte in meine Mahnungen alle Kraft, die ich

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