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Rückkehr nach Killybegs

Rückkehr nach Killybegs

Titel: Rückkehr nach Killybegs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sorj Chalandon
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Miene hellte sich auf.
    »Kluger Kopf, brav!«
    »Ihn krepieren lassen?«
    »Er wird schon noch krepieren, dein Popeye!«
    Ich erstarrte. Diesen Spitznamen hatte ich nie gebraucht.
    »Und weißt du, warum dein Popeye krepieren wird? Weil die, die ihn umbringen wollen, noch da sind.«
    Der Rothaarige neigte sich zu mir.
    »Wir haben ihn mit seiner Frau weggebracht. Er ist in Sicherheit. Aber was wird das nutzen? Die IRA wird sich einen anderen aussuchen und ihn irgendwann abknallen.«
    »Und wenn nicht Popeye, dann Gontran oder Olive«, lächelte Waldner.
    Er reichte mir eine weitere Zigarette mit den Fingerspitzen, wie man es in Belfast macht.
    »Also, wenn deine Freunde wieder damit anfangen, lässt du sie machen. Du sagst uns nur, wer umgebracht wird, wann und wie. Wir kümmern uns um den Rest.«
    »Das Warum interessiert euch nicht?«
    Der MI5-Agent sah mich mit geballten Fäusten an. Und einem Hauch von Verachtung.
    »Das Spiel nicht, Meehan.«
    »Keine Festnahme! Das ist unsere Vereinbarung.«
    »Für dich sind diese Leute jetzt genauso gefährlich wie für uns«, knallte mir Dominik an den Kopf.
    »Ich habe euch nichts gesagt. Nichts gegeben. Ich habe nichts zu befürchten!«
    Waldner stand auf und packte mich mit beiden Händen am Kragen.
    »Du hast nichts zu befürchten? Bist du bekloppt oder was, Ire? Du bist ein britischer Agent, mit einem Codenamen und einem Führungsoffizier. Du bist tot, Meehan!«
    »Beruhige dich, Stephen! Ich glaube, er hat verstanden«, lächelte der Cop.
    Der Agent ließ mich los und strich meine Jacke glatt.
    »Sorry, Tyrone. Zurzeit schieben wir verdammt viele Überstunden.«
    »Die Arbeit bringt uns noch um«, fügte der andere hinzu.
    Sie standen auf. Waldner legte mir einen Arm um die Schulter.
    »Wir wollen etwas über einen deiner Leute wissen«, murmelte er. »Wir glauben, dass er von außen einen Ausbruch aus Crumlin organisiert.«
    »Nie gehört.«
    »Du musst nicht gleich etwas sagen, du hast alle Zeit der Welt.«
    »Das ist keine Frage der Zeit. Ich weiß von nichts.«
    »Denk noch mal drüber nach. Wir wissen, dass Franck Devlin etwas ausheckt, und wir wollen wissen, was.«
    »Mickey?«
    Das war mir so rausgerutscht. Ich war wie vom Donner gerührt. Mangelnde Wachsamkeit, ein Anfängerfehler. Sie hatten mich müde gemacht und drangekriegt. Ich hätte mir am liebsten die Zunge abgebissen. Meine Lippen zitterten.
    »Devlin ist Mickey?«, fragte Waldner.
    Der Cop schlug sich mit der flachen Hand auf die Schenkel. Er strahlte. Der MI5-Agent sah mich lächelnd an.
    »Popeye, Mickey, ihr seid ja richtig gebildet …«
    »Ich verstehe nicht.«
    Seine Lippen wurden hart, sein Gesicht versteinerte.
    »Du verstehst nicht? Dann werde ich es dir erklären. Wir wissen, dass ein gewisser Mickey hinter Popeye her war, dass er ihn ausspioniert und fotografiert hat. Aber niemand konnte die Verbindung zwischen ihm und Devlin herstellen.«
    »Devlin, verdammt! Wir hatten ihn direkt vor der Nase! Direkt vor der Nase!«, wiederholte der Cop.
    »Scheiße, vergreift euch nicht an Franck! Ich war mit ihm in Crumlin, er ist mein Freund …«
    »Dein Freund? Was denn für ein Freund? Du hast deine Freunde gewechselt, Meehan. Jetzt sind wir deine Freunde!«, sagte der Cop.
    Dann schaute er auf die Uhr.
    »Ende der Besprechung.«
    »Keine Verhaftung«, murmelte ich noch einmal.
    Das war keine Drohung mehr, sondern ein Flehen. Innerlich brüllte ich. Ich hatte einen trockenen Mund und das dringende Bedürfnis zu pissen. Ich war geschlagen und unendlich traurig. Mein Verstand funktionierte nicht mehr. Ich suchte nach einem Satz, einem Wort. Und fand nicht einmal mehr einen Blick, um ihnen zu antworten. An der Kasernentür schob mir der Cop einen Umschlag in die Tasche. Ich zuckte zusammen.
    »Wir wollen dich nicht kaufen. Nur damit du mit dem Taxi heimfahren kannst.«
    »Spesen, wenn du so willst«, lächelte der MI5-Mann.
    Er reichte mir die Hand. Ich übersah sie. Und ging Richtung Baracke.
    »Übrigens, Tyrone …«
    Ich drehte mich um. Der Cop kam mit ausgestreckter Hand auf mich zu.
    »Der Tod von Joe McDonnell tut mir leid.«
    Ich war angeschlagen und überempfindlich. Auf der Treppe fühlte ich alte Tränen hochsteigen. Ich hatte Bauchschmerzen. Klapperte mit den Zähnen. Mir war so kalt.
    Also nahm ich seine Hand. Und die des anderen. Und drückte sie beide.
    *
    Auf dem Heimweg schaute ich im »Thomas Ashe« vorbei. Ich hatte beschlossen, die dreißig Pfund aus dem Umschlag zu verjubeln. Ich

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