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Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition)

Titel: Rühr nicht an mein dunkles Herz (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meredith Duran
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mehr nur die pflichtbewusste Tochter. Du spielst mit deinem Leben.«
    Sie lachte. »Und wäre ich dann so viel anders als du? Wie viele Gallonen Gin trinkst du am Tag, um Moreland zu ärgern? Kann das so viel gesünder sein?«
    Vielleicht war sie zu weit gegangen. Seine Augen verengten sich, und er presste die Lippen zusammen. Diesen Ausdruck in seinem Gesicht mochte und kannte sie nicht. Sie warf einen Blick den Gang hinunter. Die anderen Fahrgäste saßen ein Stück weiter weg und ihr Geplänkel schien niemandem aufgefallen zu sein. Natürlich nicht. Sie mussten ihn für ihren Ehemann halten. Wenigstens in diesen Momenten hatte sie die trügerische Erlaubnis, hier allein mit ihm zu sitzen. Ihn sogar ganz diskret zu berühren.
    Ihr Herz schlug unregelmäßig, wie es es bereits hin und wieder getan hatte, seit er am Bahnhof von Bishop’s Stortford plötzlich aufgetaucht war. Sie konnte es nicht fassen, dass er ihr gefolgt war, dass er so schamlos war, sich ihr gegenüberzusetzen, mit ihr zu flirten und sie zu verspotten, als hätte die letzte Nacht niemals stattgefunden. Sie wünschte, sie könnte seinem Elan etwas entgegensetzen, doch es fiel ihr schon schwer genug, die Fassung zu bewahren. Ihm in die Augen zu sehen reichte schon aus, um sie erröten zu lassen. Sein Lächeln ließ ihren Puls tanzen wie ein Betrunkener.
    Was hast du mit mir gemacht? Ihr Körper kam ihr vor wie ein ganzer Katalog fremdartiger Empfindungen, die zu undurchsichtig waren, um sie deuten zu können, und sich jedem Versuch, sie zu steuern, widersetzten. Als er seinen Hut abzog, erinnerten sich ihre Lippen daran, wie weich sein Haar war. Er schlug die Beine übereinander, und ihre Fingerspitzen zuckten bei der Erinnerung an seine Schenkel, wie hart sich seine Muskeln anfühlten. Seine Hand – nun hör schon auf! Denk nicht daran, wo sie sich befunden hat! – griff jetzt in seine Jacke und zog eine Taschenflasche hervor.
    Sie stieß einen spöttischen Laut aus. »Lord Moreland kann dich hier nicht sehen. Du könntest zumindest damit warten, bis wir in St. Pancras ankommen.« Statt einer Antwort drehte er den Verschluss ab und setzte die Flasche an seinem Mund an. Wie tief empfunden ihre Sorge um ihn war, versetzte ihr einen Schock. »Du trinkst zu viel, Sanburne.« Als er schluckte – einmal, zweimal, dreimal –, wurde sie wütend. »Hör auf! Gütiger Himmel, es ist noch nicht einmal acht Uhr morgens. Du trinkst dich noch besinnungslos!«
    »Das will ich doch hoffen.« Er wischte sich mit dem Handrücken über den Mund. Die Sonne trat jetzt hinter einer Wolke hervor, und das Licht, das durchs Fenster fiel, wärmte sein Gesicht und erhellte die kleinsten Details. Auf seinem Kinn sprossen Stoppeln; er hatte sich heute Morgen nicht rasiert. Der Alkohol hatte seine Lippen befeuchtet. Sie ertappte sich dabei, wie sie fasziniert darauf starrte. Seine Lippen stellten erstaunliche und haarsträubende Dinge an. Seine Zunge …
    Sie wandte den Blick ab. Doch ein Funkeln, das sie aus den Augenwinkeln wahrnahm, lenkte ihre Aufmerksamkeit wieder auf ihn. Er hatte den Flachmann wieder hochgehoben. »Du bist ein regelrechter Säufer«, blaffte sie ihn an.
    Er ließ die Flasche sinken und sah sie an. »Natürlich. Ein erstaunlich hingebungsvoller Säufer. Außerdem ein nutzloser Schmetterling. Hast du noch nicht gehört? Du solltest meine Schwester fragen. Sie kann dir alles darüber erzählen.«
    Am liebsten hätte sie mit der Faust auf den Sitz geschlagen. »Du willst, dass ich ehrlich zu dir bin? Na schön. Ich kann keinem Mann vertrauen, der sich selbst nicht respektiert. Wie groß ist dann die Chance, dass er mich respektiert?«
    Sanburne lachte. »Oh, großartig! Das ist das flammendste Plädoyer für Abstinenz, das ich je gehört habe.«
    Der Boden unter ihren Füßen erbebte, als der Zug abbremste. Sie fuhren jetzt in die Bahnhofshalle ein. Ein Dampfwolke quoll auf und nahm ihnen die Sicht aus dem Fenster. »Endstation«, rief der Schaffner.
    »Darf ich dir anbieten, dich nach Hause zu fahren?«, fragte Sanburne.
    »Ich glaube, eher nicht. Wir würden nur in der Themse landen.« Sie schnappte sich ihren Regenschirm, sprang auf und lief mit großen Schritten durch den Waggon. Das war doch lächerlich. Sie verstand ihre eigene Wut nicht. Er hatte recht, was seinen Charakter anging. Er konnte sie nicht enttäuschen, denn er hatte ihre eigenen Worte gebraucht, um seine Beweggründe zu erklären. Er verhielt sich nur erwartungsgemäß.
    Lydia trat

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