Ruf der Drachen (German Edition)
mir und Maren alles schiefgelaufen war, schon nach ein paar Tagen. Vielleicht würde Max diese Erkenntnis versöhnen. Und ich könnte wenigstens mein Zimmer behalten. Schwacher Trost.
»Verdammter Scheiß!«, knurrte ich und zerrte mir die nasse Kleidung vom Körper.
Das heiße Wasser tat gut. Während ich es auf mich herunterprasseln ließ, beruhigten sich ganz langsam meine verstörten Gedanken und das Gefühl von Beklemmung, das sich wie ein Nachtmahr auf meine Brust gesetzt hatte, löste sich allmählich. Stattdessen stellte sich eine trügerisch ruhige Gewissheit ein. Was auch immer vorgefallen war, es würde sich klären lassen. Ich musste nur ein wenig Geduld haben. Abwarten. Und dann ganz in Ruhe mit Maren reden.
Ich war wirklich erschöpft von dem langen Tag, von all den neuen Eindrücken und Erkenntnissen, von der Fahrt nach Ostberlin. Ich brauchte dringend ein wenig Zeit für mich, damit sich alles ordnen konnte. Das kannte ich schon. Solange mein Nervensystem sich in einem derart überreizten Zustand befand, war mit mir nicht viel anzufangen. Aber morgen sah sicher alles wieder ganz anders aus. Und ganz sicher würde ich auch eine Möglichkeit finden, mich mit Maren auszusprechen.
»Komm endlich da raus!«
Es hämmerte an die Badezimmertür, dass ich fürchtete, die eingelassene Milchglasscheibe würde in Tausend Stücke zerspringen. Ganz offensichtlich hatte Max keine Lust auf Vernunft. Aber das hätte mich auch sehr gewundert.
Seufzend stellte ich das Wasser aus, trocknete mich flüchtig ab und schlang mir ein Handtuch um die Hüften, während Max unablässig mit der Faust gegen die Tür donnerte.
»Also gut, da bin ich! Reden wir!«
Die Tür öffnen, Max besänftigen und dann ein halbwegs zivilisiertes Gespräch führen. Das war der Plan gewesen.
Stattdessen sah ich Sterne.
***
Max’ rechter Haken war nicht zu unterschätzen. Ich musste einige Sekunden bewusstlos gewesen sein und als ich wieder zu mir kam, hatte ein dröhnendes Pochen sich in meinem Kopf festgesetzt. Max stand über mir und starrte fassungslos auf sein Werk.
»Entschuldige«, stotterte er und fuchtelte hilflos mit seinen langen Armen in der Luft herum. »Das wollte ich nicht.«
»Hmmm«, brummte ich und rappelte mich mühsam auf.
Max hielt mir die Hand hin, um mich hochzuziehen, doch ich schlug seine Hilfe aus. Stattdessen wankte ich in die Küche, mit einer Hand das Tuch um meine Hüfte krampfhaft festhaltend. Mein Kinn schwoll in Sekundenschnelle merklich an und mein einziger Gedanke galt einer Packung mit Eiswürfeln, die vielleicht Schlimmeres verhindern würde.
Max stolperte hinter mir her wie ein begossener Pudel. »Kann ich irgendetwas für dich tun?«, stieß er hervor, während ich im Eisfach herumkramte.
»Hmmm«, antwortete ich nur und richtete meine Aufmerksamkeit darauf, einige Eiswürfel in ein Geschirrtuch einzuschlagen und mir das provisorische Coolpack ans Kinn zu drücken.
»Hier, setz dich!«, drängte Max und schob mir einen Stuhl hin.
Ich ließ mich wortlos darauf fallen und starrte dann finster zu meinem Mitbewohner hinauf, der mit bedrückter Miene vor mir stehen geblieben war.
»Ich weiß gar nicht, wie das passieren konnte …«, begann er schließlich, brach aber sofort wieder ab und zuckte hilflos mit den Schultern.
»So viel zu Erleuchtung und Pazifismus«, maulte ich unter meinem Coolpack hervor. »Du bist ein echtes Vorbild, Max!«
Mein Mitbewohner verzog reumütig die Mundwinkel und ließ sich dann auf den Stuhl mir gegenüber sinken.
»Verdient hast du’s immerhin«, murmelte er.
Ich lachte heiser. »Ach ja? Und du hast ein Monopol auf Maren, oder was? Sie will nichts von dir, begreif das endlich mal! Du gehst ihr auf den Zeiger, und zwar mächtig.«
»Hat sie das gesagt?«
Max starrte mich an. Er war merkwürdig bleich geworden und ich konnte regelrecht fühlen, wie sich sein Herz schmerzlich zusammenzog.
Ich presste die Lippen aufeinander. Fast tat er mir leid. Ich hätte ihm schonender beibringen können, dass er bei Maren auch in hundert Jahren keine Chance haben würde. Aber er war ja auch nicht gerade zimperlich im Vermitteln von Botschaften.
Also nickte ich. »Ja, das hat sie. Du solltest sie in Ruhe lassen. Ehrlich. Es bringt einfach nichts.«
Max starrte einen Moment auf den Fußboden und knetete nervös seine Hände. Dann blickte er zu mir. »Sie steht also auf Freaks, ja?«
Ich unterdrückte ein Seufzen. »Möglich. Keine Ahnung.«
Sein prüfender Blick
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