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Ruf der Dunkelheit

Ruf der Dunkelheit

Titel: Ruf der Dunkelheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tanja Rauch
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vergrub seufzend mein Gesicht in den Händen. Als ich wieder aufsah, verengte ich meine Augen und blickte Max fragend an. „Wer ist Sarah?“
    Ich konnte sehen, wie sich in ihm alles zusammenzog. Offenbar wusste er, wer sie war, doch er antworte mir nur zögernd, während er meinem Blick immer wieder auswich. „Sarah … war … Julians Frau.“
    „Was?! Aber …“ Meine Stimme erstarb, ein lähmendes Gefühl kroch in mir hoch, während sich meine Augen mit Tränen füllten.
    „Ein halbes Jahr vor seiner Verwandlung hat er geheiratet. Doch dann ist sie bei einem Brand ums Leben gekommen und Julian hat nur überlebt, weil Damian ihn gerettet hat.“ Max Worte drangen nur langsam zu mir vor. Ich starrte auf meine Hände, die begonnen hatten, zu beben. Beschwichtigend legte Max seine Hand auf meine zitternden Finger. „Julian hat nur einmal mit mir darüber gesprochen. Außer Damian und mir wusste niemand davon. Es hat eine Weile gedauert, bis er darüber hinweg kam. Aber das ist nun nicht mehr wichtig, denn er ist kein Mensch mehr und … er hat jetzt dich.“ Er sah kurz zu Valentina, die auf die Terrasse gegangen war und auf das Wasser blickte, in dem sich die rötliche, untergehende Sonne spiegelte. Der Wind umspielte ihr Haar und ließ es golden schimmern. Max senkte seine Stimme etwas, ehe er weitersprach. „Jeder von uns hat eine menschliche Vergangenheit – Julian, du, ich … sogar Damian hatte eine. Aber das zählt heute nichts mehr, weil die Menschen, mit denen wir unsere Zeit verbracht haben, nun mal sterblich sind.“
    Ich atmete tief durch und nickte. Max hatte recht, und außerdem war das einzig Wichtige, dass wir schnellstmöglich herausfanden, was mit Julian geschehen war. Trotzdem nagte es noch immer ein wenig an mir, dass er mir nie von seiner Frau erzählt hatte. Doch im Moment überwiegte meine Angst, Julian zu verlieren. Immer wieder dachte ich darüber nach, was er mir gestern versucht hatte zu sagen, bevor er ohnmächtig geworden war. 
    Plötzlich durchzuckte mich ein Gedanke und ich sprang auf. Max sah fragend zu mir auf, als ich ausrief: „Julian sagte etwas, das klang, als wäre er im Wald auf jemanden getroffen – wir müssen unbedingt herausfinden, wer oder was das gewesen sein könnte!“ 
    Wenige Minuten später liefen Max und ich eilig durch das Waldstück, das den See umschloss. Valentina hatte sich bereiterklärt, bei Julian zu bleiben, obwohl wir ihre Augen und Ohren bei unserer Suche eigentlich gut hätten gebrauchen können. Doch mir widerstrebte es, ihn allein zu lassen. Wir verfolgten Julians schwächer werdenden Geruch, der uns den Weg mitten ins Unterholz wies. Morsche Zweige knackten unter unseren Schritten, während wir uns aufmerksam umsahen. Bis jetzt konnten wir allerdings nichts Außergewöhnliches entdecken, zumal wir nicht wussten, nach was wir eigentlich suchten.
    „Hat Julian seine Frau wirklich nie erwähnt?“, begann Max plötzlich und durchbrach die Stille, in der wir nebeneinander her gelaufen waren. Ich biss mir auf die Lippe, bis es schmerzte. „Na ja, sicher hat er mich von seiner Vergangenheit erzählt und auch, dass es da mal eine Frau gab, die er sehr geliebt hatte – aber … mehr wollte er nicht darüber preisgeben. Scheinbar ist er immer noch nicht völlig darüber hinweg …“ Ich seufzte und ein Stechen durchzog meine Brust. Ich blickte zu Max. „Wie war das bei dir und Margaretha?“, fragte ich zögernd, denn mir fielen Julians Worte wieder ein, bevor er gestern Abend die Flucht ergriffen hatte.
    Max atmete geräuschvoll ein, ehe er antwortete: „Nun ja, genau wie Sarah, war sie meine erste große Liebe und … es hat auch bei mir lange gedauert, bis ich die Tatsache akzeptieren konnte, dass ich sie nie wieder sehen werde.“ Er schluckte hart, ehe er weitersprach. „Und ja, ich habe Julian dafür gehasst! Jahrzehntelang, doch dann … wurde mir langsam klar, dass er nur Damians Befehle ausgeführt hatte und ihm gar nicht bewusst war, wen er getötet hatte.“
    „Und … hast du noch Gefühle für … sie?“, fragte ich leise. Immerhin hatte Julian behauptet, Max wäre nie über sie hinweggekommen.
    „Ich will ehrlich sein – Margaretha wird immer einen Platz in meinem Herzen haben und zwar dort, wo ich mir die wenigen menschlichen Erinnerungen bewahrt habe. Aber den Rest, füllt Valentina aus. Sie macht mich komplett; ich liebe sie mehr, als ich ihr jemals begreiflich machen könnte und ich wäre jederzeit bereit, mein Leben

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