Ruf der Vergangenheit
brachte Lucas Sascha zu Cruz.
„Ich könnte genauso gut selbst fahren“, stellte sie fest, nur um zu sehen, wie er reagieren würde.
Er sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Willst du mich absichtlich ärgern?“
„Es gelingt mir offensichtlich.“ Sie lächelte. „Aber ernsthaft, Mr. Alphatier, die Schwangerschaft macht mich nicht zu einer Invalidin.“
„Behandle ich dich etwa so?“
„Nein.“ Das musste sie zugeben. Da Lucas mit einer Großbaustelle beschäftigt war, musste sie sich sogar noch mehr um die Angelegenheiten des Rudels kümmern als zuvor. „Aber du machst dich kaputt – ich hätte allein zu Cruz fahren können, meinetwegen in Begleitung eines Wächters. Dann hättest du dir heute Morgen die Änderungen in den Verträgen anschauen können.“
„Das kann ich auch tun, während du mit dem Jungen beschäftigt bist.“ Er nahm ihre Hand. „Ich werde meine Meinung nicht ändern, das weißt du doch.“
„Aber ich muss es wenigstens versuchen.“
„Warum? Um mich irre zu machen?“
„Nein, weil ich dich auf die Zeit mit dem Baby vorbereiten muss.“ Er war stets überbehütend. „Ein kleiner Leopard fühlt sich unter dauernder Bewachung nicht besonders wohl.“
Er seufzte tief. „Ich bin das Alphatier des Rudels. Glaubst du, ich weiß das nicht?“
Sie hüllte ihn auf der geistigen Ebene mit ihrer Liebe ein, ein unsichtbarer Kuss.
Auf seinem Gesicht erschien ein Lächeln, das sie auch noch in tausend Jahren lieben würde. „Sascha, Schätzchen, ich weiß, ich bin schrecklich, aber sieh’s mir nach. Ich versuche ja, loszulassen – unser Kind wird bestimmt genauso wild wie Roman und Julian, das verspreche ich dir.“
Sie musste lachen, als ihr all die Sachen einfielen, die die beiden Jungen anstellten, und warf Lucas eine Kusshand zu. „Als ich gestern bei ihnen war, wollten sie kein Wort mit mir reden.“
„Rome und Jules?“ Er war vollkommen überrascht. „Das ist kaum zu glauben – wenn sie älter wären, würden sie mit mir um dich kämpfen.“
„Tammy“ – die Mutter der Zwillinge – „meinte, sie schmollten, weil sie herausbekommen hätten, dass ich schwanger bin.“
„Ach so. Die Racker sind eifersüchtig.“
Sie nickte, und ihre Lippen verzogen sich zu einem Lächeln, die beiden Jungen hatten schon vom ersten Augenblick an Freude in ihr Leben gebracht. „Ich habe sie in den Arm genommen und ihnen erklärt, ich würde immer ihre Tante Sascha bleiben. Aber sie waren wohl erst wirklich davon überzeugt, als ich ihnen sagte, dass sie ja viel älter als das Baby seien … und darauf aufpassen könnten.“
„Sehr gewitzt.“ Er grinste. „Jules wird sicher ein dominantes Männchen. Auf jemanden aufzupassen, hat einen unwiderstehlichen Reiz für ihn.“
„Und Roman? Der war mindestens genauso begeistert.“
„Man kann es natürlich nicht mit Sicherheit sagen, aber ich glaube, er wird in Tammys Fußstapfen treten. Und für Heiler gibt es nichts Größeres, als auf andere aufzupassen.“
Sascha machte große Augen, Lucas hatte Recht. Roman besaß dieselbe ruhige Kraft wie seine Mutter, allerdings noch verdeckt unter seinem überschäumenden kindlichen Temperament. „Stammen Heiler oft aus derselben Familie?“
Lucas nickte. „Tammys Familie hat mindestens in jeder zweiten Generation einen. Bei der Familie meiner Mutter treten Heiler nicht ganz so oft auf. Und von Zeit zu Zeit taucht jemand völlig überraschend auf.“
Sascha wurde nachdenklich. „Weißt du, es könnte sein, dass Heiler dieselbe genetische Veranlagung haben wie M-Mediale. Über Tammys Familie weiß ich nichts, aber du hast mediale Vorfahren.“
„Möglich.“ Er nahm die Ausfahrt und sah sie an. „Was ist mit dem Jungen, mit Cruz? Kommt er mittlerweile zurecht?“
„Mehr als das.“ Sascha konnte ihren Stolz kaum verbergen. „Er ist wahnsinnig intelligent, Lucas. Wenn ich ihm einmal etwas zeige, macht es schnapp.“ Sie schnippte mit den Fingern. „Er ist ein Naturtalent.“
„Sehr gut. Je schneller er lernt, sich zu schützen, desto besser.“
„Machst du dir Sorgen wegen des Rats?“
Lucas nickte. „Dev glaubt zwar, dass Shine die Wahrheit über einige der besonders begabten Leute verschleiern konnte, aber er bat uns um besondere Vorsicht.“
„Kann ich ihm nicht verdenken“, sagte Sascha und spürte, wie Ärger in ihr aufstieg. „Nach dem, was sie mit Noor und Jon gemacht haben.“
„Wir sind beinahe da, Schätzchen.“ Er strich mit den Knöcheln seiner
Weitere Kostenlose Bücher