Ruf des Blutes 2 - Engelstränen (German Edition)
mit einem Ast darin herum, bis die ersten Flammen wieder zuckend zum Leben erwachten. Im stetig wachsenden Licht des Feuerscheins warf ich einen Blick zur Quelle.
Rot!
Ich war in einer einzigen Bewegung bei dem Engel. Sein Blick traf mich vorwurfsvoll, aber gleichzeitig auch voller Verständnis.
„Jetzt sind es nur noch zwei.“
Im Tal der Könige
Schwer zu sagen, wem es peinlicher war. Den Lykantropen oder den Vampiren. Es half nichts. Wir alle hatten Dracon ein weiteres Mal entkommen lassen. Wie er es geschafft hatte, auch Domeniko, der die Wache innegehabt hatte, in den Schlaf zu schicken, blieb sein Geheimnis. Der Lykantrop sagte kein Wort dazu. Und darüber zu rätseln, brachte uns ebenso wenig weiter. Unser Hauptproblem lag nun darin, dass wir noch immer nicht wussten, wo in Ägypten sich der sechste – pardon: dritte – Engel der Ewigen Nacht befand.
Tief im Sande bei Königen Blut
Von Stein verborgen vor der Sonne Glut
Unterm Sternenzelt in seltener Pracht
Wartet der dritte Engel der Ewigen Nacht
.
Dem Reim nach wäre ich vom Tal der Könige ausgegangen. Das sagte mein Archäologenherz. Doch dort hatten die Lycaner jede einzelne Pyramide untersucht und nichts gefunden.
„Ich werde selbst nach Ägypten gehen und nach dem Engel suchen“, verkündete ich.
„Mhm“, machte Franklin nachdenklich. „Ich werde Karim sofort verständigen. Er soll dir jedes Mitglied, das er im Moment im Mutterhaus entbehren kann, zur Seite stellen.“
Saphyro war nicht ganz so überzeugt. „Melissa, du verschwendest nur das Serum, wenn du dich an der Suche beteiligst. Wir wissen ja nicht einmal im Ansatz, wo wir suchen sollen.“
„Aber in zwei Tagen ist Neumond. Uns läuft die Zeit weg“, beharrte ich.
In zwei Tagen würde meine Tochter sterben, wenn es mir gelang, ihn aufzuhalten. In zwei Tagen würde die Welt in ewiger Finsternis versinken, wenn es mir nicht gelang.
„Du brauchst mit dem Serum nicht zu sparen“, schaltete sich Pettra ein, die an Johns Seite ins Zimmer kam. Sie wirkte müde und abgespannt. Der Auftrag musste entweder kräftezehrend gewesen sein, oder er war nicht so verlaufen wie gewünscht. „Für den Fall, dass ihr weiteres Serum für die Jagd auf diesen Vampir braucht, stelle ich dir selbstverständlich noch einmal Blut zur Verfügung.“
Ich umarmte sie, froh, dass sie hier war, und erleichtert, dass ich im Fall des Falles weiterhin mit ihrer Hilfe rechnen konnte.
„Kommst du mit nach Ägypten? Oder möchtest du dich erst ein wenig ausruhen? Franklin hat sicher nichts dagegen, wenn du eine Weile hier bleibst. Dad?“
„Natürlich nicht. Sie können bleiben, solange Sie wollen, Pettra.“
„Danke, aber ich werde mit nach Ägypten gehen. Vielleicht gelingt es mir, ihn zu finden, wenn er schon dort ist. Weil ich das Serum noch immer erspüren kann.“
Mit Pettra an meiner Seite war mir leichter ums Herz. Doch die aufkeimende Hoffnung wurde just in dem Moment zerstört, als wir im Amun-Ra ankamen. Karim erwartete uns bereits. Und er war nicht allein. Ich ahnte nichts Gutes, da Athaír mich an seiner Seite begrüßte. Seine Züge waren von Sorge gezeichnet, als er meine Hände ergriff.
„Es tut mir sehr leid, Melissa. Aber er trug das Medaillon mit deiner Mutter Bild. Ich dachte, du gäbest es sicher nur demjenigen, der deines Vertrauens würdig ist.“
Das Medaillon mit Mamas Bild? Ich fasste an meinen Hals. Es war nicht mehr da. Hektisch begannen sich die Gedanken in meinem Kopf zu drehen. Zuletzt hatte ich es noch …
„… in Bangladesh.“ Das Wort kam als schwacher Hauch über meine Lippen. Pettra fing mich auf, als mir die Knie durchsackten. Dracon musste es mir abgenommen haben, als er mich aus dem Schrein des Engels nach oben brachte. Ich hatte seitdem keinen Gedanken daran verschwendet. Darum war mir nicht aufgefallen, dass es nicht mehr da war.
„Er erzählte mir, dass die Sonnenfinsternis das Werk eines der unsrigen sei und du versuchen würdest, den Abtrünnigen aufzuhalten, indem du zu allen Engeln einen Wächter sendest. Ihm sei die Aufgabe zugefallen, dies in Ägypten zu tun. Glaube mir, wäre das Medaillon nicht gewesen, ich hätte ihm den Eingang nie gezeigt.“
„Den Eingang?“ Ich verstand noch immer nicht ganz, wovon Athaír sprach.
„Zum Schrein des dritten Engels. Er befindet sich in meiner Höhle. Ich bewahrte dieses Geheimnis schon zu Lebzeiten. Aber da der Vampir davon wusste und von dir geschickt …“ Mit einer Hand auf seiner Schulter
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