Ruf des Blutes 3 - Dämonenring (German Edition)
sie auf der Welt anrichteten. Für das Leid in meiner Seele, an dem irgendjemand schuld sein musste.
Gleich, welche Verletzungen ich davontrug, Schmerz verspürte ich nicht während unseres Feldzuges. Ich trank kein Crawler-Blut, im Gegensatz zu meinen Mitstreitern. Dennoch heilten meine Wunden schneller als die der Jungvampire. Und Osira wurde stärker mit jedem Dunklen Vampir, den sie in Stücke riss. Wohin wir kamen, verbreiteten wir Schrecken. Die Geschichte vom Vampir mit dem Killerwolf eilte uns voraus, verbreitete sich in England, Schottland, Wales und Irland unter den Crawlern und auch unter den Nightflyern, die es aber schlicht ignorierten, als ginge es sie nichts an.
Die Dunklen waren noch schwächer und feiger, als ich bis dato gedachte hatte. Völlig chancenlos leisteten sie kaum Gegenwehr, weil sie uns zu sehr fürchteten und versuchten nur, die Flucht zu ergreifen, trennten sich dabei, bis es bald keine Gruppen mehr gab, sondern immer häufiger Einzelkämpfer. Dieser Krieg begann, sich zu verlaufen, während der Krieg der Menschen sich mehr und mehr zusammenballte.
Wenn der Morgen nahte, zog ich es stets vor, mir allein einen Schlafplatz zu suchen. Ich wollte die anderen nicht an meiner Seite haben. Osira und ich durchstreiften die Straßen. Das Fieber erlosch, je weiter wir uns von Blut und Tod entfernten, wich der Erkenntnis dessen, was wir getan hatten und zerriss uns beiden das Herz. Wie Schlafwandler geisterten wir umher, nahmen unsere Umwelt ebenso wenig wahr wie sie uns. Eins mit den Schatten waren wir gesichts- und namenlos für die wenigen Menschen, die unsere Wege kreuzten.
In uns beiden herrschte eine Leere, die uns zu verschlingen drohte. Mehr als einmal wünschte ich, sie würde es tun und es beenden. Ich empfand Ekel und Scham, wenn die Bilder der Kämpfe vor meinem geistigen Auge vorbeizogen. Es war, als gäbe es Osira und mich zweimal. Die beiden, die Crawler abschlachteten wie Vieh. Und die beiden, die dabei zusehen mussten, ob sie wollten oder nicht. Das Gefühl, im eigenen Körper gefangen zu sein, kehrte wieder in jedem Morgengrauen, sodass ich mich mit Bluttränen in den Schlaf weinte, der mir das Vergessen brachte, bis der Jagdruf tief in mir in der nächsten Nacht so stark wurde, dass er alle Zweifel erstickte.
In einer Nacht, als die Luft so rein war, dass man fast glauben mochte, es wäre uns endlich gelungen, das Dunkle Pack auszulöschen, erwachte ich ohne diese Stimme in mir. Ein fremdes Gefühl. Als ob die vertraute Zwillingsschwester plötzlich nicht mehr da ist. Mit ihr verlor sich auch der Blutrausch für einige Stunden ganz. In mir blieb eine beängstigende Leere zurück, ich glaubte fast, nicht mehr ich selbst zu sein. Angesichts dieses Zustandes wollte ich die anderen nicht sehen, verbarg meinen Geist vor ihnen, blendete ihre Gedanken aus, machte mich unsichtbar.
Ich sank in einer Gasse an einer kalten Hauswand hinab, Bluttränen liefen mir über das Gesicht. Osira schleppte sich müden Schrittes mit eingeklemmter Rute zu mir herüber, brach auf meinen Schoß zusammen. Sie winselte, schob ihren Kopf unter meinen Arm, als wolle sie sich verstecken vor ihren eigenen Gräueltaten. Ihr Körper bebte, ich legte meine Arme um sie in dem Versuch, ihr Ruhe und Kraft zu geben, obwohl ich selbst keine mehr besaß.
„Was haben wir getan?“, fragte sie leise.
„Rache geübt“, antwortete ich mit leerem Blick. „Und jetzt sind wir allein.“
Sie drückte sich fester an mich. „Nein. Wir haben uns.“
Ich kraulte ihr Fell, fand aber keinen Trost darin. Fühlte mich zerrissen, weil alle, die ich liebte, mir den Rücken gekehrt hatten. Armand, Franklin, Lucien. Keiner von ihnen hatte sich mir angeschlossen oder mich verstanden. Ich brauchte ihren Zuspruch so sehr. Was war das alles wert, ohne sie? Was bedeutete ein Sieg, wenn man ihn einsam feiern musste? Diese jungen Vampire zählten nicht. Mit ihnen teilte ich nichts als diesen einen Feldzug. Sonst waren sie mir fremd. In ihren Ansichten, ihren Gedanken. Ich fühlte mich inmitten von ihnen allein, die Bewunderung, die sie mir entgegenbrachten, verstärkte das noch. Bewunderung war nicht dasselbe wie Liebe. Danach sehnte ich mich. Nach irgendjemandem, der mich liebte und verstand.
Ich spürte, wie mir die Tränen die Kehle zuschnürten, meine Hände krampften sich zusammen. Gleich einer dunklen Woge überrollte mich die Erkenntnis, dass all dies im Grunde keinen Sinn ergab.
Da kam es zurück, dieses Etwas, das mich
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