Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An!

Titel: Ruf! Mich! An! - Buschheuer, E: Ruf! Mich! An! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Else Buschheuer
Vom Netzwerk:
und leistete gute Arbeit. Die Haare wollte ich mir wie Holly Golightly legen lassen, aber durch die mangelhafte cineastischeBildung meines Friseurs habe ich eher einen Haarhelm à la Eliza Doolittle. Und schon nach den ersten fünf Minuten eine Bussi-Krise.
    »Diese Scheißküsserei«, knurre ich. »Sei froh, dass wir nicht in Japan sind«, sagt Dietrich mit einem gewissen Hang zur Relativierung. »Die Japsen begrüßen sich mit einer Verbeugung. In Tokio gab es dabei in den letzten fünf Jahren 24 Tote.«
    Der Filmball ist auch nicht mehr das, was er mal war. Vor zehn Jahren, ja, da hat Eichinger noch Champagner aus dem Schuh von Hannelore Elsner getrunken, da war noch was los! Aber jetzt? Zäh wie ’n alter Kaugummi. Dietrich wirft Papierkügelchen in die runzligen Dekolletés der anwesenden Fleischersgattinnen. »Boing! Bingo! Treffer versenkt!«
    Auf diesen Partys ist es wie auf dem Dorf: Jeder kennt jeden, und man trifft auch jeden. Der Promi sucht naturgemäß Kontakt zum Promi. Prominenz verbindet, wenn auch sonst nichts verbindet.
    »Sind Sie nicht Iris Berben?«, fragt mich das ehemalige Busenwunder Jenny Elvers und küsst erst mal auf Verdacht. Ich lächle und fächere vorsichtig den ollen Joop-Gestank weg.
    »Manche sagen so, manche sagen so!«
    Wir machen die übliche codierte Konversation: Sie duften aber! (wenn jemand stinkt), Haben Sie abgenommen? (wenn jemand fett geworden ist), Gut schaun Sie aus! (wenn jemand scheiße aussieht).
    »Gestatten, Werner Bahlsen!«, sagt plötzlich jemand und schüttelt Dietrich, weil er neben mir steht, forsch die Hand. Dietrich, schon etwas angeschickert, schüttelt begeistert zurück: »Sehr erfreut! Und ich bin Onkel Dittmeyer!« Bahlsen nickt. Ich raune Dietrich zu: »Deinezweifelhafte Herkunft ist kein Freibrief für schlechtes Benehmen!« Gut, dass es hier so laut ist. Bahlsen ist seit Jahren mein Kunde. »Wie geht’s Ihnen, gnädige Frau?«, fragt er mich höflich. Ich nicke. »Gestern ging’s noch! Und selbst?« Er macht eine abwiegelnde Geste. Ich nehme sein Handgelenk und rieche daran: »Man hat Ihnen vor vier Wochen den Blinddarm entfernt!« Das stand groß und fett in BILD, aber Bahlsen staunt. »Stimmt! Na so was! Sie sind mir vielleicht eine!«
    Hier mischt sich Dietrich ein, mit champagnervernebeltem Blick: »Ein gutes Beispiel für unseren fortschreitenden Irrationalismus: Jeder zweite Deutsche glaubt an außerirdische Wesen, jeder dritte an Ufos, jeder siebte an Magie und Hexerei. Zwei von drei Bundesbürgern fürchten sich vor Erdstrahlen, über 35 Prozent halten die Zukunft für vorhersehbar, 20 Prozent glauben, es ließen sich Kontakte zum Jenseits herstellen …«
    »Interessantes Thema«, sage ich, unterdrücke ein Gähnen und werfe verstohlen einen Blick auf meine Breitling Kosmonaut. »Wird sehr viel Schindluder mit getrieben!«
    »Ich selbst schlafe seit Jahren mit den Füßen nach Mekka«, sagt Bahlsen feierlich. Was soll das sein? Der Kongress der Psychopathen? »Daraus ergeben sich drei Fragen«, sage ich. »Erstens: Warum regnet es immer gerade dann, wenn man sein Auto gewaschen hat? Zweitens: Was steht auf der Wiese, macht Muh und gibt die gute Milch dazu? Und drittens: Wieso geht Rotkäppchen vom Wege ab, obwohl sie genau weiß, dass dann der Wolf kommt?«
    Zustimmendes Gemurmel. Durcheinandergefasel, einer blöder als der andere. Dietrich steuert bei: »Jetzt, wo Gott geheiratet hat …« Wir prusten los und machen High Five.
    »Haben Sie gehört, dass Udo Walz jetzt eine Filiale aufHawaii aufmacht?«, fragt eine platinblonde Dame mit Doppelkinn und Moschino-Gürtel eine andere platinblonde Dame mit Doppelkinn und Moschino-Gürtel. »War das nicht Gerhard Meir?«, fragt die andere. »Waren das nicht die Malediven?«, mischt sich Dietrich ein und taxiert eine dunkelgelockte Ansagerin mit mondänem Blick, die alle zwei Minuten »Ente Trente« sagt, ohne dass jemand weiß, was das ist. Ich für mein Teil kenne weder Herrn Walz noch Herrn Meir. Ich weiß nicht, welchem Gewerbe die Biester nachgehen, und ich will es auch nicht wissen. Ich weiß zwar, dass Brecht darum gebeten hat, dass man nach seinem Tod ein Stilett durch sein Herz bohrt und dass man ihn in einen Zinksarg einlötet, der Würmer wegen. Ich weiß, dass Beethoven an zu viel Fisch gestorben ist, dass Einstein immer dieselben Sachen anhatte, dass Flaubert einen Epilepsieanfall vortäuschte, um nicht Anwalt werden zu müssen, und dass sich Hitler mit genau so einer Walther, wie

Weitere Kostenlose Bücher