Ruheloses Herz
macht nichts, er wird sie noch öfter sehen. Was macht der Wallach?«
»Es scheint ihm ganz gut zu gehen. Die Schwellung ist ein bisschen abgeklungen. Das Abführmittel werde ich ihm erst nach dem Kurs einflößen. Es ist eine ziemliche Prozedur, bei der ich kein halbes Dutzend Kinder um mich haben will.«
»Du solltest damit sowieso bis zum Nachmittag warten. Zwischen der letzten Mahlzeit und der Einnahme sollten gute vierundzwanzig Stunden liegen. Wenn du keine Zeit hast, kann ich es ihm geben.«
Die spontane Ablehnung lag ihr schon auf der Zunge. Sie verkniff sie sich schnell und holte tief Atem. »Offen gestanden hatte ich gehofft, dass du später mal einen Blick auf ihn wirfst.«
»Kein Problem.« Als er aufschaute, sah er, wie ernst ihr Gesicht war. »Was ist? Machst du dir Sorgen?«
»Nein.« Sie atmete wieder tief durch, befahl sich zu entspannen. »Ich bin mir sicher, dass alles gut werden wird.« Dafür würde sie schon sorgen. So oder so. »Ich fühle mich nur besser, wenn ich die Dinge unter Kontrolle habe, das ist alles.«
Keeley arbeitete daran. Sie fühlte sich besser, wenn sie eine Lage klar erkannt und ein Ziel vor Augen hatte. Und diese Lage hier war in Wirklichkeit gar nicht so kompliziert, wie es auf den ersten Blick erschien. Sie wollte Brian. Und sie war sich ziemlich sicher, dass sie ihn liebte. Doch um wirklich Gewissheit zu bekommen, würde sie noch etwas mehr Zeit brauchen, musste sie noch einige Überlegungen anstellen.
Immerhin war das alles Neuland für sie, das sie umsichtig und gut vorbereitet betreten musste.
Aber ihre Gefühle für ihn waren stark und weitaus vielschichtiger als eine simple Anziehung.
Wenn es wirklich Liebe war, musste sie dafür sorgen, dass er sich ebenfalls in sie verliebte. Sie war wild entschlossen, alles dafür zu tun, dass sie das, was sie wollte, am Ende auch bekam.
Angenehm erschöpft nach einem langen Arbeitstag, fütterte sie ihre Pferde. Es war überhaupt keine Frage. Ihre Mutter nahm ihr durch ihre Mitarbeit eine große Last von den Schultern.
Lag es an ihrer Sturheit, dass sie so oft angebotene Hilfe ausgeschlagen hatte? Das glaubte sie nicht. Obwohl ihr Beweggrund kaum weniger töricht gewesen war. Sie wollte, dass die Menschen, die sie liebte und von denen sie geliebt wurde, stolz auf sie sein konnten. Und das hatte sie – törichterweise, wie sie sich jetzt eingestehen musste – mit dem Streben nach Perfektion gleichgesetzt.
Trotzdem zog sie es vor, es als das Übernehmen von Verantwortung zu betrachten.
Genauso wie jetzt bei Brian, überlegte sie. Wenn sie ihn liebte, war sie verantwortlich für ihre Gefühle. Und es lag in ihrer Verantwortung, zu versuchen, dieselben Gefühle in ihm zu wecken.
Doch wenn sie versagte … nein, daran würde sie jetzt nicht denken. Schon die Angst davor warf sie mindestens einen Schritt zurück.
Sie betrat die Box des Wallachs und brachte ihm sein Futter. »Heute Abend geht es dir schon besser, stimmt’s?« Behutsam untersuchte sie die Schwellung an seinem Knie. Als sie Schritte auf dem Zementboden näher kommen hörte, lächelte sie in sich hinein.
»Du fütterst ihn?« Brian kam in die Box. »Tut mir leid, aber ich habe es nicht eher geschafft.«
»Macht nichts. Er hat das Abführmittel anstandslos genommen. Und ich gebe dir mein Wort, dass es gewirkt hat.« Sie richtete sich auf und lächelte. »Außerdem kannst du daran, wie er frisst, sehen, dass er sich schon viel besser fühlt.«
»Er weiß ganz genau, dass er auf Rosen gebettet ist.« Brian untersuchte die Knieverletzung und nickte. »Bei uns drüben hat ein Hengst die Drusen, das hat mich aufgehalten.«
»Pferde sind äußerst zart besaitete Geschöpfe, nicht wahr?« Sie fuhr dem Wallach mit der Hand über den Widerrist. »Der äußere Schein trügt. Ihre Größe, ihre Kraft und Ausdauer, das alles ist sehr beeindruckend. Aber unter der Oberfläche ist Zartheit. Wenn man allein nach Äußerlichkeiten urteilt, kann man sich schwer täuschen.«
»Wohl wahr.«
»Ich bin nicht zerbrechlich, Brian. Ich bin hart im Nehmen.«
Er sah sie an. »Ich weiß, dass du stark bist, Keeley. Trotzdem hast du eine Haut, die so zart ist wie eine Rosenknospe.« Er fuhr ihr zärtlich mit dem Daumen über die Wange. »Ich habe große Hände, und sie sind kräftig, deshalb muss ich vorsichtig sein. Das bedeutet aber noch lange nicht, dass ich dich für zerbrechlich halte.«
»Gut so.«
Er drehte sich wieder zu dem Pferd um. »Hast du ihm schon einen Namen
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