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Runenschild

Titel: Runenschild Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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einen Moment später mit
einem fragenden Blick an dessen Bruder. »Gute Neuigkeiten? Das wäre zur Abwechslung ja einmal etwas ganz anderes.«
Sean wirkte im ersten Moment ebenso irritiert wie
Gwinneth gerade, und Lancelot ertappte sich bei der Frage, worüber die drei wohl vor seiner Ankunft gesprochen
haben mochten. Dann aber grinste der Ire plötzlich breit,
griff mit der linken Hand nach einem der zahlreichen
Trinkgefäße, die vor ihm auf dem Tisch standen, und prostete ihm übertrieben zu. »Es sind Männer auf dem Weg
hierher«, verkündete er. »Treue Anhänger von Lady
Gwinneth und König Uther.«
»König Uther ist tot«, erinnerte ihn Lancelot.
»Ich weiß.« Sean trank einen Schluck Wein und fuhr
sich genießerisch mit der freien Hand über die Lippen.
»Erwartest du jetzt, dass ich Bedauern oder gar Mitleid
heuchle? Ich habe ihn nicht einmal gekannt.«
»Nein«, sagte Lancelot. »Aber nach Gwinneths Vermählung mit Artus ist er der legitime Herrscher über diese
Burg und dieses Land.«
Er sah aus den Augenwinkeln, wie Gwinneth leicht zusammenfuhr, doch Sean machte nur eine wegwerfende
Geste. »Papperlapapp. Während Ihr Euch oben in Eurem
Zimmer verkrochen und Eure Wunden geleckt habt, Sir
Lancelot , habe ich mit den guten Leuten hier gesprochen.
Und glaubt mir: Für sie spielt es keine Rolle, was irgendein König im fernen Camelot glaubt. Ihre Treue gehört
nach wie vor dem legitimen Herrscher über dieses Land
und nach seinem Tod dessen Witwe.«
»Artus’ Frau«, beharrte Lancelot.
»Was sie nicht weniger zu Uthers Witwe und Erbin
macht.« Sean wischte seine Argumente mit einer ärgerlichen Handbewegung vom Tisch. »Du magst ja ein gewaltiger Kämpfer sein, Lancelot, doch ich glaube, von Menschen verstehst du nichts.«
»Aber du?«
»Zumindest genug um zu wissen, dass diese Menschen
hier ohne zu zögern ihr Leben für Gwinneth opfern würden«, erwiderte Sean. »Im Moment ist Tintagel nichts weiter als ein großer leerer Steinhaufen. Jedoch bin ich sicher,
dass sich das ändert, bevor die Sonne das nächste Mal
untergeht.«
Lancelot sah den Iren durchdringend an. Seans Blick
machte klar, dass er Zustimmung von ihm erwartete, möglicherweise sogar Lob, aber die Worte des schwarzhaarigen Söldners erfüllten Lancelot eher mit Trauer.
Hatte er denn aus allem, was ihnen auf dem Weg hierher
widerfahren war, gar nichts gelernt? Statt auch nur mit
einer Silbe auf Seans Worte zu reagieren, drehte er sich
um und wandte sich Gwinneth zu; gleichzeitig griff er
nach ihrer Hand.
Sie entzog sich seinem Griff nicht, aber Lancelot spürte,
dass sie es gerne getan hätte, und er ließ nur einen Herzschlag verstreichen, ehe er die peinliche Situation beendete, indem er seinerseits den Arm zurückzog. Er suchte
ihren Blick, doch auch das, was er darin las, war nur dazu
angetan, den Schmerz in seiner Brust noch zu entfachen.
Es war nicht so, dass sie Angst vor ihm hatte. Trotzdem
spürte er genau, dass diese Angst da war und nur darauf
wartete, zu erwachen.
Das Geräusch schlurfender Schritte enthob ihn der Peinlichkeit, irgendetwas sagen zu müssen. Lancelot wandte
fast überhastet den Kopf und starrte zu dem grauhaarigen
Diener hinüber, der mit hängenden Schultern herbeigeschlurft kam und dann mitten im Schritt stockte, als ihm
klar wurde, dass Lancelot auf einem anderen Stuhl als
erwartet Platz genommen hatte. Wieder wirkte er für einen
Moment so hilflos, dass er ihm fast Leid tat, dann aber
beeilte er sich, Geschirr, Essbesteck und einen mit Juwelen besetzten Pokal zu ihm zu bringen.
Lancelot beobachtete ihn genau. Jedem, der nicht wie er
in einem Gasthaus aufgewachsen war, wären die Bewegungen des Alten ungeschickt und überhastet vorgekommen, aber Dulac – der wohl noch irgendwo tief in Lancelot existieren musste – erkannte dennoch, mit welch langer
Erfahrung und Selbstverständlichkeit Iven seine Arbeit tat.
Er musste Gwinneth nicht fragen, um zu wissen, welche
Aufgabe dieser Mann ein Leben lang verrichtet hatte. Zugleich aber erfüllte ihn diese Erkenntnis fast mit Trauer,
denn er sah ihn plötzlich wieder so, wie er ihn in der vergangenen Nacht erblickt hatte: In einem viel zu großen
rostigen Kettenhemd, viel mehr vor Furcht als vor Kälte
zitternd und mit nichts anderem als einem schartigen Küchenmesser bewaffnet.
Sean würde eine grausame Überraschung erleben, wenn
er tatsächlich glaubte, es mit einer Hand voll Kriegern wie
Iven mit Morgaine Le Fayes

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