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Runenschwert

Runenschwert

Titel: Runenschwert Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Low Robert
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dachte. Doch seine nächsten Worte machten alles wieder zunichte.
    » Nicht, weil ich das kleine Arschloch besonders mochte«, sagte er mürrisch, aber ich habe meinen Eid auf Odin gebrochen und vermute, das einzige Gold, das ich sehen werde, wird der Anstrich auf der Gjallarbrücke auf dem Weg nach Helheim sein. Und da ich diesen Priester umgebracht habe, werde ich vom Christengott auch nicht aufgenommen werden.«
    Ich hatte genug von ihm. Ich stand auf und wandte mich angewidert ab. » Ich werde den Jarl von hier daran erinnern, dass sie deinen Kopf auf deine Oberschenkel legen«, sagte ich, als ich schon an der Tür war. » Er wird deine Fylgja genauso wenig um sich haben wollen, wie ich von ihr verfolgt werden will, bis ich das Land verlassen habe.«
    » Verpiss dich doch, Kleiner. Ich wünschte, ich hätte dich erwischt.«
    » Du hättest eben beim Zielen dein Schielauge zumachen sollen«, sagte ich und ging. Aber der schwarze Hund folgte mir auf dem ganzen Rückweg: die dumpfe Verzweiflung darüber, dass er seinen Schwur gebrochen hatte und dass andere, die ihm helfen wollten, es ebenfalls getan hatten. Außerdem fühlte ich eine große Leere, weil Bruder Johannes nicht mehr da war.
    Jetzt waren die Eingeschworenen auseinandergebrochen und das, was von ihnen übrig war, war nicht besser als ein bemaltes Stück Holz, mit dem man Marmor vortäuscht.
    Der schwarze Hund begleitete uns auch durch das südliche Tor in der Stadtmauer von Jerusalem, welches die Bewohner das Misttor nennen, weil sie hier den Unrat der Stadt abladen. Die Ironie war uns nicht entgangen; immerhin gab es Futter für den schwarzen Hund.
    Er war noch zwei weitere Tage an unserer Seite gewesen und hatte uns auch hier herauf begleitet, bis zu dieser Ansammlung weißer Häuser mit ihrer Handvoll Mönche, die Bruder Johannes’ Leiche ehrerbietig entgegennahmen.
    Jetzt hatte Abt Dudo die Begräbniszeremonie beendet und ging still davon. Finn, Kvasir und ich hockten uns unter einen Baum. Unser einziges verbleibendes Kamel und die zwei Maultiere, die ich gekauft hatte, standen unter einem kleinen Vordach und kauten lustlos ihr trockenes Futter. Selbst die Fliegen waren faul und träge und nervten Kvasir kaum, der eine Frucht aß, die die Mönche Goldapfel nannten und deren Schale er in seinem Helm sammelte. Genau wie ich hatte er bis gestern diese Frucht nicht gekannt, doch jetzt konnte er nicht genug davon bekommen. Dudo erzählte, dass die alten Römer glaubten, die Frucht sei von der Tochter des Gottes Atlas nach Italien mitgebracht worden, als sie in einer Riesenmuschel vom Land der schwarzen Menschen über das Meer kam.
    Eine weitere Merkwürdigkeit in diesem merkwürdigen Land. Von meinem Platz aus sah ich die lange weiße Straße, die durch das grün-goldene Gelände im Süden Jerusalems bis zum Ockerbraun einer weiteren Wüste führte, in die wir, wie es aussah, würden ziehen müssen. Kvasir hatte seine Frucht fertig geschält und stopfte sich einen Teil davon in den Bart, in dem nur er wusste, wo sein Mund war.
    » Sie wollen ein Thing abhalten«, sagte Finn, und rührte mit dem Finger im Staub. » Wegen der Geschichte mit Schielauge.«
    » Wer will ein Thing abhalten?«, fragte ich mürrisch. » Etwa die, die von seinem geheimen Auftrag wussten?«
    Kvasir runzelte die Stirn, und Finn machte ein verlegenes Gesicht.
    » Es ist schließlich nicht mehr als recht«, sagte er. » Der kleine Eldgrim ist auch der Meinung. Und Thorstein Bloserk – er gehört zu uns, Orm –, er findet das auch.«
    » Thorstein Blauhemd ist ein schlappmäuliger Kohlefresser«, stellte Kvasir fest, und wir alle nickten zustimmend. Er war wirklich nicht der schärfste Sax in der Scheide, unser Thorstein. Und wenn selbst er der Meinung war, so argumentierte Finn …
    Ich seufzte, denn man konnte das Geschehene nicht ungeschehen machen. Die Eingeschworenen waren verstreut. Die, die nicht aufgefressen oder kastriert worden waren, stolperten mit Gefährten durch die Gegend, denen sie nicht mehr trauen konnten, weil sie ihren Eid gebrochen hatten und zu feige waren, es zuzugeben.
    Odin schien sich endgültig von den Eingeschworenen abgewandt zu haben, er war der ganzen Sache müde geworden und kümmerte sich jetzt darum, die frisch Gestorbenen zu ärgern oder den gefesselten Loki zu necken. Wenn ich ehrlich war, war es mir nur recht. Jetzt musste ich nur noch überleben.
    Sighvat kam herübergeschlendert. Er hatte ein langes Gespräch mit den Priestern geführt.

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