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Russen kommen

Russen kommen

Titel: Russen kommen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Rossmann
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Dienstliches und Privates immer getrennt haben. Seit den Polizeiskandalen haben wir sogar unsere gemeinsamen Essen eingestellt. So leid uns das beiden tut. Es gibt so wenige vernünftige Menschen auf der Welt.«
    »Wenn es in Russland so etwas wie ein Taufregister gibt …«, überlege ich.
    Droch sieht mich spöttisch an. »Bei dem Tempo, mit dem du unterwegs bist, wirst du sicher sofort nach Moskau fliegen, nachsehen und hast bis zur Deadline alles geklärt.«
    »Wenn ich jemand in Moskau kennen würde …«, überlege ich weiter.
    »Dann hätte der oder die eine ganze Menge bürokratischer Hürden zu überwinden, um zu so einem oder einem ähnlichen Register zu kommen. Bis dorthin ist der Fall längst geklärt. Oder verjährt.«
    »Kennst du niemanden in Moskau?« Ich sehe Droch bittend an.
    »Ich bastle das Cover, es muss in einer Stunde fertig sein, du schreibst deine Geschichte, es ist höchste Zeit. Und: keine übertriebenen Russen-Fantasien. Vergiss den ganzen Quatsch mit Geheimdienst, das da ist kein Film, sondern ein Mordfall.«
    Ich seufze und verspreche, ihm jeden fertigen Reportagenteil sofort zu schicken.
    »Fang mit den Storys rundherum an«, rät er mir.
    Ich sehe ihn an. »Okay.« Hätte ich ohnehin getan, wer weiß, ob Fran nicht noch etwas herausfindet. Vesnas neunzehnjähriger Sohn ist ein wahrer Zauberer, wenn es um Internet und Computer geht.
    Ich habe gerade den Kasten »Dolochow im Weinviertel« fertig – nicht ohne darauf hinzuweisen, dass es dort auch jetzt noch Menschen gibt, die von Russen nichts hören und sehen wollen –, als Vesna anruft.
    »Fran hat nichts gefunden«, sagt sie. »Auf deutschen Internetseiten gibt es nichts über Zwilling. Er kann leider kein Russisch. Und auch keiner von seinen Freunden. Und Übersetzungsprogramm ist idiotisch schlecht.«
    Alles kann einfach nicht gelingen, tröste ich mich und sehe auf die Uhr. Kurz vor zwölf. Ich werde eben doch spekulieren müssen. Ich werde erzählen, dass die Polizei dichthält, dass aber Experten meinen, Dolochow sei schon einige Tage tot gewesen. – Was nur einen Schluss zulässt: dass er einen Doppelgänger oder einen Zwillingsbruder gehabt hat. Ich starre auf meinen Philodendron. Oder gibt es doch noch eine andere Schlussfolgerung? Irgendetwas, das ich übersehen habe?
    Ich sehe Droch heranrollen. Was passt ihm nicht? Die bisherigen Reportagenteile sind in Ordnung, mit Sicherheit. Er hat von Anfang an etwas gegen die Russen-Geschichte gehabt. Schon damals, als von einem Mord noch nicht die Rede war. Droch macht ein ausdrucksloses Gesicht und manövriert sich durch meinen Dschungel.
    »Ich habe etwas für dich«, sagt er dann und beginnt zu lächeln. »Dolochow hatte tatsächlich einen Zwillingsbruder. Er heißt Wassili und ist eine halbe Stunde vor ihm geboren.«
    Ich starre ihn an. »Wie …«
    »Auch ein alter Trottel wie ich kann recherchieren.«
    »Aber wo …«
    Droch klopft mir beruhigend auf die Hand. »Karla Seefeld, die Russland-Expertin, sie ist eine alte Freundin von mir. Wir haben gemeinsam bei einer Zeitung begonnen, die längst nicht mehr existiert. Ist beinahe vierzig Jahre her. Sie lebt seit ewig in Moskau. Wenn sie in Wien ist, treffen wir uns hie und da. Wenn eine gute Kontakte hat, dann sie, ist mir eingefallen. Geburtenregister. Irgendwie hat sie es geschafft.«
    Ich sehe Droch bewundernd an. Ich wusste nicht, dass er mit Karla Seefeld befreundet ist, sie hat eine Menge Bücher über Russland geschrieben, ich kenne sie aus dem Fernsehen, eine hervorragende Diskutantin, klug und mit viel Temperament. Ich habe eine Idee. »Glaubst du, dass mir Karla Seefeld ein Gespräch mit diesem Wassili vermitteln kann?« Ich stutze. »Oder mit Boris – wir wissen ja nicht, welcher der Zwillingsbrüder tot ist.«
    »Ich fürchte, das schafft nicht einmal Karla Seefeld so ohne Weiteres bei einem Oligarchen. Und was Wassili angeht: Sie hat versucht herauszufinden, ob dieser Wassili Dolochow in Moskau gemeldet ist. Ist er nicht.«
    Okay, ich habe jedenfalls mehr als zu hoffen war. Und ich lege los.
    Ich merke, dass ich mehr Platz brauche, aber die Seiten rund um meine Reportage sind alle schon eingeteilt und vergeben. Ich beschließe, die Arlberg-Passage aus dem Blatt zu nehmen. Das gibt mir außerdem Zeit, weiter zu recherchieren.
    Droch bessert mir bloß zwei Rechtschreibfehler aus. Peinlich, peinlich, aber die Groß- und Kleinschreibung habe ich einfach nicht ganz so im Griff. Um halb zwei ist alles fix und fertig und

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