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Russische Orchidee

Russische Orchidee

Titel: Russische Orchidee Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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mir sympathisch, und ich halte es für meine Pflicht, Sie zu warnen«, raunte Carrie und beugte sich über den Tisch zu ihr hinüber, »ich weiß ganz sicher, daß dieser Herr …«
    »Lisa, Sie haben etwas verloren«, ertönte hinter ihr eine bekannte Stimme.
    Sie drehte sich um und erblickte Krassawtschenko. In der Hand hielt er ihre Haarspange.

Kapitel 20
    Gräfin Irina Paurier wollte niemanden mehr empfangen, überall sah sie nur noch Spione, bestochen von den Geliebten ihres Mannes. In der Gesellschaft spöttelte man bereitsüber den Grafen, es kam in Mode, Witze über seine Ehe zu erzählen. Er wurde mürrisch und gallig.
    »Warum glaubst du mir nicht, Irina? Du weißt doch, daß ich dich liebe.«
    »Ich habe gesehen, wie du dieses Mädchen im Park angeschaut hast und wie sie zurückgeschaut hat. Du kennst sie, du hast ein Rendezvous mit ihr.«
    »Hör auf, Irina, ich habe sie nie zuvor gesehen.«
    »Wage es nicht, mich anzulügen!« Sie sprach so laut, daß die Leute auf der Straße sich umdrehten.
    »Du lieber Gott, Irène, warum sollte ich lügen? Wozu? Wegen der zweifelhaften Reize dieses schwindsüchtigen Fräuleins? Sieh sie dir doch genauer an. Sie hat eine lange Nase, einen großen Mund, eingefallene Schultern, sie ist absolut uninteressant, was sollte ich mit so einer?« flüsterte der Graf zärtlich und drückte den rundlichen Arm seiner Gattin. »Kann man sie etwa mit dir vergleichen? Schau dich nur recht oft im Spiegel an, mein Schatz, das wird das beste Heilmittel gegen deine Eifersucht sein.«
    Diese Strategie rettete den Grafen manchmal. Irina zog eine finstere Miene, aber das war nur noch Koketterie. In ihre vollen Wangen stieg die Röte mädchenhafter Verlegenheit. Der Graf fand ein fast schon krankhaftes Vergnügen an dem billigen Melodram, in das sich ihr Leben verwandelt hatte. Er redete sich selber und seiner Umwelt ein, daß das Leben eine Farce sei, die man nur mit eisiger Ironie ertragen könne.
    Irina entließ inzwischen alle Stubenmädchen, die jünger als fünfzig waren, und besuchte häufig das Ministerium, in dem der Graf seinen Dienst tat, wobei die von ihr erfundenen Vorwände so plump waren, daß sogar die Lakaien im Empfangszimmer sich ein verstohlenes Grinsen erlaubten. Die Kniffe des Grafen halfen immer weniger.
    »Sie machen sich über mich lustig, Michel!« rief sie, melodramatisch aufstöhnend, ohne seine Komplimente zu Ende anzuhören. »Ich habe alle Ihre Finten durchschaut. Wenn es so weitergeht, müssen Sie den Dienst quittieren und aufs Land übersiedeln.«
    »Führen Sie sich nicht wie ein kleines Kind auf, Madame«, sagte der Graf stirnrunzelnd, »ich bin Staatsbeamter, ich kann nicht einfach den Dienst quittieren. Ihnen würde die Landluft allerdings bestimmt guttun.«
    Die Streitereien hätten endlos so weitergehen können, doch eine komplizierte Schwangerschaft schwächte Irinas Wachsamkeit und ließ sie etwas nachsichtiger werden. Sie brachte eine kränkliche Frühgeburt zur Welt, einen Jungen. Das Kind lebte nur eine Woche. Dieser Schicksalsschlag nahm Irina so mit, daß es dem Grafen gelang, sie zu überreden, für eine Zeitlang auf ihr Gut Boljakino bei Moskau zu übersiedeln. Die Ärzte versicherten, daß die reine Landluft ihrer Gesundheit förderlich sein werde.
    Und tatsächlich, das Landleben hatte einen segensreichen Einfluß auf sie. Sie stürzte sich selbstvergessen in die komplizierte, sorgen- und intrigenreiche Welt der Hauswirtschaft. Ihr übersteigertes Mißtrauen konzentrierte sich jetzt auf den Verwalter, den Architekten, dem die Instandsetzung des Hauses anvertraut war, auf die Zimmerleute und Maler, die, wie sie argwöhnte, Farben und Nägel stahlen, auf den Viehhof, wo ihrer Meinung nach die Milch verdünnt wurde. Ihre ganze enorme Energie verwendete sie darauf, mit der Köchin, der Wäscherin, den Stubenmädchen herumzukeifen.
    Die vielfältigen Aktivitäten in Haus und Wirtschaft söhnten Irina zum Teil mit ihrem Mann aus. Der Graf wurde aus einem Feind zu einem Verbündeten. Er lebte in Moskau, in ihrem Haus an der Neglinnaja, und tat an Werktagen seinenDienst im Bildungsministerium. Nach Boljakino kam er an den Wochenenden und an Feiertagen, tat dann so, als sei er müde vom Dienst, beklagte sich über die Hektik und den Staub in der Stadt, lobte begeistert die Schönheit der Natur und die erfolgreiche Wirtschaftsführung seiner Gattin, lauschte mit wichtigem Gesichtsausdruck ihren wortreichen Erzählungen, daß alle auf dem Gut Diebe

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