Ruth
zu schmieden.
3
Cheb kam mit seinen Botschaften
in Betlehem an und ging sofort zum Hause Tobs, dem er seine Waren verkaufte.
Tob war nicht nur der nächste Verwandte von Noëmi, Machlon und Kiljon, sondern
er war auch in Juda ein wichtiger Mann. Er handelte mit den Waren der Karawanen
und lieferte die Erzeugnisse Israels an Kaufleute anderer Länder. Außerdem war
er der Vorsitzende des Ältestenrates in Juda und mußte folgerichtig der
Empfänger der Tafeln sein, die Cheb übermitteln sollte.
Tobs Haus war, der Stellung des
Besitzers entsprechend, eines der aufwendigsten Gebäude in Betlehem. Es hatte
zwei Stockwerke, war aus sonnengetrockneten Lehmblöcken gebaut und mit einem
flachen Dach versehen, auf dem Binsen zum Trocknen ausgebreitet waren. Die
israelitischen Familien verbrachten bei heißer Witterung die Abende auf den
Dächern und genossen die kühlende Brise, die nach Einbruch der Dunkelheit über
sie hinwegzog. Hier fand Cheb Tob mit seiner Sklavin Ada, einer schönen,
temperamentvollen jungen Frau, deren Haltung ihrem Herrn gegenüber
unbeschränkten Besitzanspruch ausdrückte und die in jeder Beziehung — die
rechtliche ausgenommen — die Stellung einer Ehefrau einnahm.
Boas war zwar ein naher
Verwandter Tobs, aber die beiden Männer hatten wenig füreinander übrig. Denn
während Boas versuchte, das Volk von Juda und die übrigen Stämme Israels über
die Gefahr, die ihnen von Moab drohte, aufzuklären, predigte Tob Zurückhaltung,
weil er fürchtete, daß der außerordentlich einträgliche Handel gestört werden
könnte, den er jetzt, da die Israeliten nach der langen Hungersnot wohlhabender
wurden, mit Hilfe von Chebs Karawanen mit Moab trieb.
Der Kaufmann war gerade mit
seinem reichhaltigen Nachtmahl beschäftigt, als ihm Chebs Besuch angekündigt
wurde. Als der Karawanenführer eintrat, runzelte er unwillig die Stirn und bot
ihm weder zu essen noch zu trinken an, wie es die israelitische Höflichkeit
eigentlich verlangt hätte. „Warum kommst du nicht morgen früh in meinen Laden,
Cheb?“ fragte er. „Du weißt, ich führe meine Geschäfte nicht zu Hause.“
Cheb warf einen Blick auf die
Sklavin Ada und grinste. Er kannte ihre Stellung in diesem Haushalt und den
Einfluß, den sie auf den dicken Kaufmann ausübte, genau. Gelegentlich hatte sie
ihn sogar für einen Gewinnanteil dabei unterstützt, ihren Herrn zu betrügen.
„Also los“, forderte Tob ihn
auf. „Was führt dich heute abend hierher?“
Cheb nahm die Tontafel, die ihm
Hedak gegeben hatte, aus seinem Mantel. „Ich hatte einen guten Grund, sofort zu
dir zu kommen, Tob, da ich eine Botschaft des Königs von Moab an den
Ältestenrat überbringe und du der Vorsitzende des Rates bist.“
„Eine Botschaft?“ fragte Tob
überrascht. „Was für eine Botschaft?“
„Vom König von Moab, wie ich
schon sagte. Es ist eine Einladung an Juda und Israel, einen Unterhändler nach
Heschbon zu schicken und Friedensgespräche zu führen.“
„Friedensgespräche? Du
scherzt!“
„Genau das habe ich zu Prinz
Hedak auch gesagt, aber ich bin schlecht damit angekommen. Machlon hat sie
überzeugt, daß es zwischen Moab und Juda Frieden geben kann. Und wenn wir ein
Abkommen treffen, werden die anderen Stämme folgen.“
Tob biß sich auf die Lippen.
„Das ist wahr“, gab er zu. „Juda ist der führende Stamm in Israel.“
„Machlon glaubt, wenn Boas...“
„Boas!“ rief Tob aus. „Warum
sollte gerade er gehen? Warum nicht ich?“
„Boas und Machlon sind Freunde.
Aber, wenn du gehen möchtest ..Er zuckte die Achseln. „Ich muß dich allerdings
warnen, es wird keine leichte Reise sein. Manchmal gibt es Sandstürme...“
„Ich muß darüber nachdenken“,
unterbrach ihn Tob. „Laß die Tafel hier bei mir, und ich werde die Sache morgen
im Rat zur Sprache bringen.“
„Ich habe außerdem noch eine
Tafel von Machlon an Boas, in der er ihm zusichert, daß das Angebot des Königs
in guter Absicht erfolgt.“
„Laß auch die bei mir“, sagte
Tob. „Ich werde sie morgen früh an Boas weitergeben.“
Cheb überreichte ihm die
Tafeln. Als er den Raum verließ, gelang es ihm, Ada ein Zeichen zu geben, und
sie folgte ihm einige Augenblicke später vor das Haus. „Tob darf nicht gehen“,
sagte er eindringlich. „Sie wollen Boas haben.“
„Warum?“
„Hedak sagte mir, daß er in
Heschbon etwas gegen Boas plane.“
„Du meinst, er wird nicht
zurückkommen?“ fragte Ada schnell. „Dessen bin ich
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