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S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition)

S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition)

Titel: S3, Spuk in der Bibliothek: Eine Annäherung an das Unheimliche (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Susami
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immer wieder Kreislaufprobleme aber normalerweise hört das doch nach ein paar Sekunden auf. Jetzt bloß nicht umfallen, nicht aufgeben. Ich erteile mir den harschen Befehl, mich zusammenzunehmen, brülle mich innerlich an, strecke die Beine durch. Als ich mit den Handflächen hart gegen die Tür stoße, spüre ich, wie das Glas zittert. Sie geht auf und ich drehe mich durch den Spalt, raus aus dem Gang. Links von mir eine Reihe von Tischen. Hier saßen das Mädchen und der Mann, von denen Herr Heim erzählt hat. Aber es ist niemand da, ich bin ganz alleine.
    Obwohl ich Angst habe und mir immer wieder schwarz vor Augen wird, bin ich gedanklich völlig klar. Ich komme mir vor wie ein General, der unter Verlusten einen Schlachtplan umsetzt. Nächster Schritt: Hin zur Treppe, dann Kraftreserven mobilisieren und nach oben steigen. Nicht zu schnell, keinen Blackout riskieren. Warum verdammt hört das nicht auf? Dann zum Ausgang, raus und hinsetzen. Irgendwohin, wo andere Menschen sind. Sind um diese Zeit noch Menschen da? Durchatmen, nachdenken. Aber erst raus.
    Schritt für Schritt geht es weiter, vor mir die Treppe. Ich steige aufs Linoleum der ersten Stufe und bin froh, den Teppichboden nicht mehr zu berühren. Zumindest ihm bin ich entkommen. Jetzt die Treppe hoch, Stufe für Stufe. In meinem Kopf rotiert die Frage nach der Zahl der Stufen. Ich rechne nach und komme auf völlig wirre Ergebnisse, einmal 10.000 dann 36. Was ist los mit mir? Gerade war ich doch noch so klar. Aber während ich rechne, komme ich voran, Meter für Meter, Stufe für Stufe. Jetzt bin ich auf einer Ebene, einem Treppenabsatz. Links herum geht es zur nächsten Treppe, weiter nach oben, näher zum Ausgang. Aber ich stolpere nach rechts. Als würde ich abgedrängt. Ich kann es fast nicht beschreiben. Ich komme mir vor, wie auf einer Rutschbahn. Man gleitet einfach in die Richtung, in die sich das Plastik biegt. Dagegen kann man nichts machen, auch dann nicht, wenn vorne irgendetwas ist, irgendetwas Bedrohliches. Und rechts steht eine Tür offen, dorthin geht es. Und dahinter ist ein Korridor, fast dunkel, nur das grünliche Licht eines Notausgang-Schildes, rechts an der Wand ein Feuerlöscher. Hier war ich noch nie, normalerweise müsste das doch alles abgeschlossen sein. Und links ist eine Tür offen, schwaches Licht dringt hinaus. Ich will mich von der Wand abstoßen, treffe auf das kalte Metall des Feuerlöschers. Er verrutscht in seiner Halterung und ich komme ins Straucheln. Etwas zieht mich in diesen Raum, hin zu dem schwachen, rötlichen Licht. Ich stolpere hinein und hinter mir geht die Tür zu. Absolute Stille, ich höre nur meinen eigenen Atem. Vor mir eine Reihe von Metallschränken, an der Wand Kleiderhaken. Das Licht geht aus, ich stehe im Dunkeln.
     
    Ich kann nicht sagen, wie lange ich in dem Raum war. Ich habe mich verloren, direkt nachdem das Licht ausging. Vielleicht war ich tatsächlich bewusstlos. Dagegen spricht aber, dass ich mich nicht liegend wiederfinde, ich bin nicht umgekippt. Als ich wieder bei mir bin, da sitze ich auf dem Boden, mit dem Rücken gegen eine Wand gelehnt, die Beine angewinkelt. Als hätte ich mich einfach hingesetzt. Immer noch ist es völlig dunkel, nicht einmal Umrisse sehe ich. Plötzlich wird mir bewusst, dass ich nicht alleine bin in diesem Raum. Etwas ist in der Dunkelheit und beobachtet mich. Absolut sicher bin ich mir, irgendetwas oder irgendjemand ist da, vielleicht zwei Meter vor mir, in der Mitte des Raumes. Ich höre und sehe nichts. Aber es ist da.
    Eigentlich sollte ich Angst haben, mich davor fürchten, plötzlich eine Berührung zu spüren, plötzlich gepackt oder angefallen zu werden. Aber ich habe keine Angst, was ich empfinde ist Ekel und Hass. Ich spüre einen gewaltigen, körperlichen Ekel vor diesem Wesen, das da in der Dunkelheit kauert, mich von der Mitte des Raumes aus anglotzt. Angewidert richte ich mich auf, erhebe mich über dieses Ding. Ich fühle, dass ich genügend Kraft habe um hier rauszukommen, weg von dieser erbärmlichen Abscheulichkeit. Es ist, als trage mich mein Hass, als mache er mich größer und fester. Ich taste mich an der kalten Wand entlang, stoße nach vielleicht zwei Metern mit der Schulter gegen dünnes, hohles Metall. Das sind die Schränke, die Reihe von Schränken. Ich schlage mit der Faust gegen das Blech, mache Lärm, spüre die Stärke meines Arms. Mein Körper ist gespannt, ein einziger Muskel, ich könnte kämpfen, ich könnte herfallen über

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