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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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musste; allerdings spekulierte der Verfasser noch nicht einmal über das Warum.
    Doch Gabriel wusste es.
    Der Helikopter war mit Agenten der Zitadelle besetzt gewesen, um die Artefakte zu stehlen, die bei der Ausgrabung gefunden worden waren, und alle potenziellen Zeugen zum Schweigen zu bringen.
    Das zweite Aktenbündel bewies, dass sie Mist gebaut hatten.
    Es hatte jemand überlebt.
    Das oberste Blatt war das Aufnahmeformular einer psychiatrischen Klinik am Stadtrand von Bagdad. Es war auf zwei Wochen nach dem eigentlichen Zwischenfall datiert. Der Name des Patienten war Said Aziz. Er war dem Tode nahe gewesen, als man ihn in der Wüste gefunden hatte, blind von der Sonne und mit schweren Verbrennungen an Armen und Beinen. Er hatte seinen Rettern erzählt, er habe den Angriff eines Drachen überlebt. Weitere Ermittlungen hatten ihn als einen der vermissten Arbeiter von der Ausgrabungsstätte nahe Al-Hillah identifiziert. Seine Verbrennungen passten zu dem, was man dort entdeckt hatte. Wer auch immer für dieses grausame Massaker verantwortlich war, er hatte die Leichen auf einen Haufen geworfen, sie mit Kerosin übergossen und angezündet. Aziz hatte des Weiteren noch eine Schusswunde am Arm und eine am Kopf. Der behandelnde Arzt hatte spekuliert, dass die Kopfwunde Aziz das Bewusstsein geraubt hatte, woraufhin die Angreifer ihn für tot gehalten und zu den anderen geworfen hatten. Durch den Schmerz des Feuers musste er wieder zu Bewusstsein gelangt sein, und das hatte ihm das Leben gerettet. Unglücklicherweise hatten die Wunden sich entzündet, und durch das Gift und die Tage in der Wüste hatte er schwere psychische Schäden davongetragen. Dem Dossier waren Mitschriften einer Reihe von Gesprächen beigefügt, die Polizei und Psychiater im Laufe der Jahre mit ihm geführt hatten, doch sie hatten nichts zutage gefördert, das irgendwie Licht auf die Sache geworfen hätte. Aziz war vollkommen auf seine Geschichte fixiert: Ein feuerspeiender Drache habe sich in der Nacht auf sie gestürzt, und ein Geist habe sich aus der Erde erhoben und sei in die Wüste davongeschwebt … Letzteres hatten die Psychiater als Bild für seine eigene Flucht interpretiert.
    Gabriel las die Dokumente mit wachsendem Frust. Dieser Mann hatte vielleicht gesehen, was mit seinem Vater geschehen war, doch jedes Wissen über den Angriff schien einem gebrochenen Geist zu entstammen. Auch war mit diesen Dokumenten eine mögliche Interpretation der Ereignisse aus der Welt. Gabriel hatte immer gehofft, die Akten würden bestätigen, dass die Republikanische Garde den Angriff durchgeführt hatte und dass die Artefakte in einem von Saddams vielen Palästen gelandet waren. Wäre dem nämlich so gewesen, dann hätte er vielleicht die Möglichkeit gehabt, sie wieder zurückzubekommen. Doch die Akten bestätigten nur, was er ohnehin schon wusste. Was auch immer sein Vater gefunden hatte, lag nun sicher in der Zitadelle.
    »Schau dir mal das Datum an.« Liv deutete auf die Kopfzeile des letzten Gesprächsprotokolls. »Das war vor weniger als sechs Monaten.«
    Colonel Washington nickte. »Jep. Der Kerl ist ja vielleicht durchgeknallt, aber er ist auch zäh wie Leder. Ich weiß nicht, ob ich zwölf Jahre in Saddams Psychiatrie überlebt hätte. Offensichtlich haben die anderen Patienten vor ihm Angst. Vor gut einem Jahr, kurz nach seiner Einlieferung, hat er den Patienten im Nebenzimmer bei lebendigem Leib verbrannt. Niemand weiß so recht, wie er das geschafft hat. Die anderen Patienten glauben, er habe die Kraft des Drachen. Also lassen ihn alle in Ruhe … die Krankenpfleger eingeschlossen.« Er schaute auf seine Uhr. »Ich will euch ja nicht drängen, aber was habt ihr für den Rest eures Aufenthalts in diesem wunderschönen Land geplant?«
    »Wir fahren nach Al-Hillah runter.«
    »Seid ihr verrückt? Zwei westliche Zivilisten in einem strahlend weißen Pick-up auf dem Highway 9? Sobald ihr an Mosul vorbei seid, wird man euch entweder die Kehlen durchschneiden oder euch entführen … oder beides. Nein, ich fürchte, ich muss euch bitten, mich ins Hauptquartier nach Bagdad zu begleiten. Um vierzehn Uhr holt mich ein Hubschrauber ab, und ich denke, ich sollte euch zur weiteren Befragung mitnehmen … bevor ich zu meiner Schande gestehen muss, dass ihr nicht die Leute seid, nach denen wir suchen, und ich euch daher freilassen muss. Was ihr danach macht, ist eure Sache.«
    Er gab Gabriel einen Notizblock und einen Stift.
    »Bevor ich diese Akten wieder

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