Sacramentum
Mutter um und hielt ihr die Spritze vors Gesicht. »Er hat dir irgendetwas injiziert. Ich muss dich zu einem Arzt bringen. Die müssen herausfinden, was das ist, und es dann neutralisieren. Halt einfach durch, okay?« Gabriel schickte sich an zu gehen, doch Kathryn packte ihn an der Hand. »Bleib«, sagte sie. »Es ist zu spät. Ich spüre bereits, wie es wirkt.«
Blanke Wut kochte in Gabriel hoch. Er wusste, dass sie recht hatte. Selbst wenn es ihm gelingen sollte, einen Arzt zu finden, war es mehr als unwahrscheinlich, dass es ihm auch gelang, ihn davon überzeugen, einen Blitztest durchzuführen, um ein Gegengift zu finden. Doch Gabriel wollte nicht so einfach aufgeben. Es musste doch einen Weg geben. Schließlich befanden sie sich in einem Krankenhaus, und da musste es doch irgendjemanden oder irgendetwas geben, was das Leben seiner Mutter retten konnte. Plötzlich hatte er eine Idee.
Gabriel drückte seiner Mutter die Waffe in die Hand. »Wenn der Cop oder Priester oder sonst jemand kommt, um dir etwas anzutun, dann schieß. Ich bin gleich wieder zurück. Versprochen.«
Und dann küsste er sie auf die Stirn und rannte aus dem Raum.
40
Gabriel wusste, dass der Erfolg einer jeden Mission von zwei Dingen abhing: Man brauchte ein konkretes Ziel und musste eine Lösung für das Problem finden.
Ersteres war klar: Er musste herausfinden, was für ein Gift durch das Blut seiner Mutter strömte, und der Einzige, der ihm das sagen konnte, war der Cop. Das Problem war nur, wie er ihn finden sollte.
Gabriel dachte nach. Er versuchte, das weitere Vorgehen des Cops zu antizipieren, um vor ihm da zu sein. Mit Sicherheit würde der Mann versuchen, größeren Menschenansammlungen aus dem Weg zu gehen, um nicht entdeckt zu werden; aber er wollte auch so schnell wie möglich aus dem Gebäude, bevor die Stromversorgung wiederhergestellt war. Die Aufzüge waren außer Betrieb, weshalb nur die Treppen übrig blieben, und die nächstgelegene Treppe war die, über die Gabriel heraufgekommen war und die in die Tiefgarage führte, der perfekte Ort für einen Hinterhalt … wenn er denn vor dem Mann dort sein konnte.
Gabriel eilte den Flur hinunter und duckte sich durch eine Tür und in ein verlassenes Hausmeisterzimmer. Vom Erdbeben aus den Regalen geworfen lagen dort alle möglichen Werkzeuge und Materialien auf dem Boden verstreut. Gabriel entdeckte ein Paar Arbeitshandschuhe. Er hob sie auf und ging zum Fenster. Es war mit einem einzelnen Brett vernagelt, das nach nur einem Tritt zersplitterte.
Die kalte Nachtluft wehte Gabriel ins Gesicht, als er auf das Gerüst hinauskletterte, das er von der Straße aus gesehen hatte. Das Ding wackelte furchtbar, als hätte das Beben die Halterungen gelöst, doch für Vorsicht war jetzt keine Zeit.
Gabriel nahm eines der Seile, die an dem Gerüst befestigt waren, und ließ es über den Rand nach unten fallen. Es war viel zu dunkel, als dass er bis zur Straße hätte sehen können, doch er hörte, wie das Seil vier Stockwerke tiefer auf dem Bürgersteig aufkam. Gabriel zog an dem Seil, um sicherzugehen, dass es auch fest war, dann schlang er es um sein rechtes Bein, über den Rücken und um den linken Arm und änderte den Knoten so, dass er ihn mit einem gezielten Ruck lösen konnte, sobald er unten war. Schließlich zog er sich Handschuhe über und ließ sich über die Seite hinab.
Das korrekte Abseilen hatte Gabriel beim Militär gelernt, egal ob von Gebäuden, aus Hubschraubern oder von Brücken. Für gewöhnlich trug man dabei einen Sicherheitsharnisch, doch Gabriel hatte das auch schon nur mit einem Seil gemacht und seinen Körper als Bremse benutzt. Das war zwar nicht sonderlich bequem, aber es war effektiv, und im Augenblick blieb ihm auch nichts anderes übrig.
Das Seil knarrte und dehnte sich, als Gabriel mit dem Abstieg begann. Es war ein grobes Nylonseil, ideal, um Zementeimer nach oben zu befördern, aber nicht gerade geeignet, um sich abzuseilen. Mit der richtigen Ausrüstung hätte Gabriel nur wenige Sekunden gebraucht, um von dem Gebäude herunterzukommen, doch wenn er das jetzt versuchen würde, hätte er trotz der Handschuhe keine Haut mehr an den Händen gehabt.
Gabriel richtete seine Gedanken wieder auf den Cop und überlegte sich, wo der Mann inzwischen wohl war. Vermutlich im Erdgeschoss. Gabriel setzte seinen Abstieg vorsichtig fort, bis er schließlich nicht mehr weit vom Bürgersteig entfernt war. Schließlich ließ er sich die letzten Meter fallen, rollte sich
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