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Sacramentum

Sacramentum

Titel: Sacramentum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simon Toyne
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bei der Landung ab wie ein Fallschirmspringer und löste das Seil mit einem Ruck, sodass er es mitnehmen konnte.
    Gabriel lief zur Tiefgarageneinfahrt und schlang das Seil um den Schrankenpfosten. Dann legte er es zwischen Schranke und Wand aus und hockte sich an die Außenwand, von wo aus er in die Garage schauen konnte. Das Ganze hatte lediglich ein paar Sekunden gedauert.
    Jetzt musste er nur noch warten.
    In der Stadt herrschte ein unheimlicher Lärm: In der Ferne waren Schreie, Rufe und alle möglichen Arten von Sirenen zu hören. Gabriel versuchte, das alles auszublenden und nur auf eins zu lauschen: panische Schritte, die rasch näher kamen.
    Er wickelte die beiden Seilenden um die Unterarme, um seinen Griff zu verstärken.
    Die Zeit verging wie in Zeitlupe. Gabriel dachte an seine Mutter, die allein im Dunkeln lag, während das Gift mit jeder Sekunde weiter durch ihren Körper wanderte. Doch sie allein zu lassen war die einzige Möglichkeit gewesen, sie zu retten. Gabriel hoffte nur, dass er die richtige Entscheidung getroffen hatte.
    Er hörte das Knallen einer Tür in der Dunkelheit der Tiefgarage, gefolgt von schnellen, schweren Schritten auf dem Betonboden, die direkt auf ihn zukamen.
    Gabriel spannte die Muskeln. Er dachte an seinen eigenen Lauf durch die Garage und versuchte, den richtigen Moment einzuschätzen. Vor seinem geistigen Auge sah er den Cop, der ein wenig langsamer wurde, als es an der Ausfahrt nach oben ging, und schätzte Länge und Zahl der Schritte bis nach oben ein.
    Drei.
    Zwei.
    Eins.
    Gabriel riss das Seil im selben Augenblick in die Höhe, als die Gestalt in Sicht kam. Die Beine des Cops verfingen sich im Seil, und er stolperte nach vorne und schlug hart auf dem Boden auf.
    Gabriel war sofort über ihm.
    Er sprang dem Mann mit den Knien voran auf den Rücken und trieb ihm so die Luft aus der Lunge. Dann krallte er sich in das Haar des Mannes, riss ihm den Kopf hoch und schlug ihn hart auf die Pflastersteine – zu hart vielleicht; dabei hatte er noch Mühe, sich zurückzuhalten. Er kochte vor Wut ob dessen, was der Mann seiner Mutter angetan hatte, doch er durfte ihn nicht töten. Zuerst brauchte er ein paar Antworten.
    Gabriel verlagerte sein Gewicht und drückte dem Cop das Knie so fest in den Rücken, dass dieser schließlich instinktiv nach hinten griff. Gabriel schlang das Seil um die Hände des Mannes und zog es fest. Dann griff er in seine Tasche und beugte sich vor, bis sein Mund dicht neben dem Ohr des Mannes war.
    »Du hast was vergessen«, knurrte er und hielt dem Kerl die Spritze vors Gesicht. »Willst du leben?« Er stach dem Cop die Nadel in den Hals und drückte den Kolben durch. »Sag mir, was das ist, und ich werde dir das Gegengift besorgen.«
    Der Cop erschlaffte. Er hatte keine Kraft mehr. Gabriel riss ihn hoch.
    »Sag mir, was das ist!«
    Der Cop starrte zu ihm hinauf, sein Gesicht eine Mischung aus Verwirrung und Angst. »Aconitin«, sagte er. »Da gibt es kein Zurück. Ich hoffe, du hast deiner Mutter Lebewohl gesagt.«
    Am liebsten hätte Gabriel den Kopf des Mannes so lange auf den Boden geschlagen, bis das Hirn herausspritzte, doch das wäre nur Zeitverschwendung gewesen. Ihm traten die Tränen in die Augen, als er zu dem Fenster im vierten Stock hinaufblickte. Er wollte zurück und seiner Mutter die Hand halten, damit sie nicht alleine war. Aber er wusste, dass er besser verschwinden sollte, bevor das Licht wieder anging und jemand den Cop fand. Das wäre das Klügste gewesen. Das sagte ihm sein Verstand. Doch stattdessen stand er auf und lief in die Tiefgarage hinunter.
    Wie in Trance rannte Gabriel in den vierten Stock hinauf. Seine Beine waren noch erschöpft vom ersten Mal, als er diese Treppen genommen hatte, und nach dem Kampf hatte ihn auch der letzte Rest Kraft verlassen. Er spürte, wie das Adrenalin durch seinen Körper strömte. Er zitterte, und ihm war übel, aber er erinnerte sich an das Letzte, was er zu seiner Mutter gesagt hatte.
    Ich bin gleich wieder zurück. Versprochen.
    Kathryn hob die Waffe, als ihr Sohn den Raum betrat, obwohl sie inzwischen so schwach war, dass sie sie kaum halten konnte.
    »Ich bin’s«, sagte Gabriel und trat auf sie zu.
    Er nahm die Waffe, hielt seiner Mutter die Hand und suchte nach den richtigen Worten, um ihr zu sagen, dass er nichts mehr tun konnte … dass er versagt hatte. Schließlich schwieg er einfach nur. Er sah ihr an, dass sie es auch so schon wusste.
    »Unter der Matratze«, flüsterte sie. »Da ist

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